Kein Gespür für Tiefe
Gila Gordons verunglückte Lyrikversuche
Von Helge Schmid
"...brat ich dir Reibekuchen" - Pünktchen in den sechs Zwischentiteln deuten darauf hin, dass die Themen, mit denen sich Gila Gordon beschäftigt, aus dem Leben gegriffen sind: Darstellungen der näheren Umgebung, des Hauses, der Natur, ein bisschen Liebe und Erotik, ein wenig von den großen Dingen: Krieg; Todesstrafe "in Texas oder sonstwo", macht "Vergebung" zu einem "Fremdwort"; ein "schwarz-zernagter" Wald deutet auf Umweltverschmutzung hin - buhuhh! Auf breiten Pfaden bewegt sich dieses Themenrepertoire, auf überraschende Gedankengänge wartet man vergebens.
"Die Alten keuchen herzbeschwert" - Gila Gordon hat durchaus ein Gespür für interessante Wortneuschöpfungen, für ungewöhnliche Zusammenstellungen, dennoch wirken ihre Gedichte ungelenk. Hier und da reimt sie - was auch gelingen kann. Aber der Rhythmus gerät beständig ins Stolpern. Der angestrebte lyrische Fluss zerbricht, anstatt gebrochen zu werden:
"Mal was Schönes // Mal heut im Schönen bleiben / in heiterem Gemüt / die Unlust strikt vertreiben / beim Apfelschälen. // Mal nicht Probleme klonen / in strapaziertem Hirn / beherzt den Kreislauf schonen / nicht nutzlos quälen. // Idylle leicht genießen / Bedrängnis fest verdrängt / mit Frohsinn Blumen gießen - und bleibst beschränkt. //"
Gila Gordon will Gutes tun. Sie hat angekündigt, 200 Exemplare ihres Gedichtbandes an Bibliotheken, Schulen und Krankenhäuser zu verschenken, von jedem verkauften Buch sollen fünf Mark an ein Waisenhaus in Südindien gehen. Mein Tipp: Spenden Sie das Geld direkt.