Zu dieser Ausgabe

Vor Jahren forderte Frank Schirrmacher in einem Buchmessen-Aufmacher der F. A. Z. emphatisch eine Hauptstadtliteratur, die sich mit der Literatur anderer Metropolen der Welt messen könne. Fast fühlte man sich an das frühere Postulat nach einer deutschen Nationalliteratur erinnert und damit an Forderungen, etwas herbeizuschreiben, was - mit Ernst Bloch gesagt - noch nicht ist, aber immer noch werden kann.

Solche Artikel sind zum Gutteil larmoyante Klage über eine defizitäre Literatur, die nicht mehr in der Lage sei, Identität(en) zu stiften. Mittlerweile, so konnte man den Eindruck haben, ist die deutsche Literatur nach Berlin umgezogen, um die Forderung nach einer Hauptstadtliteratur kollektiv zu erfüllen. Die Frage, ob dabei auch Weltliteratur entstanden ist, die den Horizont der Metropole überschreitet, wird wohl erst mit größerer zeitlicher Distanz zu beantworten sein. Michael Grisko und seine Mitarbeiter haben eine Auswahl aus den zahllosen Berlin-Romanen, Berlin-Anthologien und Berlin-Führern zusammengestellt und besprochen, die uns einen Eindruck über den aktuellen Stand der Metromania zu geben vermögen. Wir danken Michael Grisko für die Durchführung und Planung des Schwerpunktes, der zu bemerkenswerten Weiterungen geführt hat - Metropolen weltweit sind ins Blickfeld geraten.

Die aktuelle Ausgabe bringt darüber hinaus Nachträge zum Celan-Schwerpunkt der Juni-Ausgabe und Rezensionen zu aktuellen Neuerscheinungen aus Belletristik und Wissenschaft. Seit etwa zwei Wochen erscheint literaturkritik.de in einem neuen Layout, das unser Webdesigner Timo Wagner entworfen und unser technischer Redakteur Christian Teichert umgesetzt hat. Wir danken beiden und hoffen, dass die Veränderungen bei unseren Leserinnen und Lesern Zustimmung finden.

Lutz Hagestedt