Die Gegenwart hat nichts zu lachen

Ein Tagungsband über Humor in der Geschichte

Von Lutz HagestedtRSS-Newsfeed neuer Artikel von Lutz Hagestedt

Besprochene Bücher / Literaturhinweise

Der Titel dieser sogenannten "Kulturgeschichte des Humors" ist irreführend, der Untertitel - "Von der Antike bis heute" - ein Witz. Denn der einzige Beitrag, der ins 20. Jahrhundert und in die Gegenwart führt, ist eine Forschungsbibliographie, mit der sich nicht viel anfangen läßt, da sie unkommentiert ist - von Vollständigkeit nicht zu reden. Einschlägige Titel von kulturgeschichtlicher Relevanz fehlen, ältere wie neuere, zum Beispiel der von Rainer Warning herausgegebene, verdienstvolle Band "Komik" aus der Reihe "Poetik und Hermeneutik". Auch die neue Studie von Petra Kiedaisch, "Ist die Kunst noch heiter", wird man hier vergeblich suchen. Ebenso unzuverlässig ist das integrierte Namens- und Sachregister. Es führt nur einen Bruchteil der im Text erwähnten Namen und Begriffe auf, erwähnt Shakespeare, nicht aber Swift, indexiert Archie Armstrong mit Seite 105, nicht aber mit Seite 103.

Von der Antike bis in die Gegenwart will dieses Buch führen, aber was ist die Antike ohne Diogenes? Was ist das Mittelalter ohne die Neulateiner, was die Neuzeit ohne Luther? Was die Gegenwart ohne Batailles Theorie des Gelächters? Freud wird zweimal kursorisch erwähnt, eine Auseinandersetzung aber findet nicht statt. Der vorgängigen Klärung des Begriffs Humor (als subjektives Vermögen: Humor "hat man") steht die Verwechslung mit dem Begriff der Komik (als habitueller Eigenschaft von Literatur und Kunst) entgegen.

Man muß berücksichtigen, was dieses Buch in der Tat ist: Ein Symposiumsband mit Teilaspekten zu Humor und Komik. Keine Frage, daß einzelne Beiträge ihren spezifischen Wert für konkrete Forschungsinteressen haben. So der Beitrag von Jacques le Goff über "Lachen im Mittelalter" oder der Aufsatz von Aaron Gurjewitsch über "Bachtin und seine Theorie des Karnevals". Aber zu einer Kulturgeschichte des Humors können sich diese Teilaspekte der Komik nicht aufwerfen. Jacques le Goff immerhin wagt einen Blick auf Umberto Eco und seinen Roman "Der Name der Rose", um dann lapidar festzustellen, daß Eco "von der Bedeutung des Lachens in der mittelalterlichen Gesellschaft und Kultur" nicht überzeugt sei. Si tacuisses, möchte man da sagen und ein fürchterliches Gelächter anstimmen.

Kein Bild

Jan Bremmer / Hermann Roodenburg: Kulturgeschichte des Humors. Nr. 14222-5.
Primus Verlag, Darmstadt 1999.
238 Seiten, 20,30 EUR.
ISBN-10: 3534142225

Weitere Rezensionen und Informationen zum Buch