01.07.2012 · Kanzlerin Merkel ist auf dem EU-Gipfel von dem Italiener Monti und dem Spanier Rajoy - mit Unterstützung des Franzosen Hollande - ziemlich brachial erpresst worden. Das wird Spuren hinterlassen. „Alphatiere“ haben ein langes Gedächtnis.
Von Günther NonnenmacherBundeskanzlerin Merkel hat es sich zu einem Gutteil selbst zuzuschreiben, dass sie bei der Abstimmung über den Rettungsschirm ESM in Bundestag und Bundesrat von der Opposition als Verliererin des EU-Gipfels vom Vortag vorgeführt werden konnte. Ihre mit dem flapsigen Nachsatz „solange ich lebe“ ausgestattete Bemerkung, es werde „keine gesamtschuldnerische Haftung“ in der Eurozone geben, hatte den Eindruck erweckt, die deutsche Position für die Brüsseler Verhandlungen sei in Stein gemeißelt. Nun ist es aber gerade das Wesen von Verhandlungen, zumal in der EU, dass alle Beteiligten von ihren Ausgangspositionen Abstriche machen, damit ein Kompromiss zustande kommen kann. Das gilt auch für Deutschland, selbst wenn es der tragende Pfeiler der Währungsunion ist.
Wer das nicht will, wer glaubt, die deutsche Auffassung müsse ungeschmälert durchgesetzt werden, der muss auch sagen, dass er die ganze EU-Veranstaltung nicht mag, dass er die europäische Integration, jedenfalls sofern sie über den Binnenmarkt hinausgeht, für eine Fehlentwicklung hält. Doch wäre es eine Illusion anzunehmen, die wirtschaftlichen Freiheiten hätten verwirklicht werden können, ohne dass es Gegenleistungen auf anderen Gebieten gegeben hätte. Es ist zwar nicht so, dass alles gut gelaufen wäre in den vergangenen Jahrzehnten - die Eurokrise zeigt das zur Genüge. Aber der Ausweg aus dieser Krise kann, ohne Auflösungserscheinungen im Ganzen zu provozieren, nur gemeinsam gefunden werden, also wiederum durch Kompromisse.
Ein anderes Kapitel sind die taktischen Kniffe, die angewandt werden, um zu Kompromissen zu kommen. Frau Merkel ist von Politikern aus dem Süden, die deutsche Grundüberzeugungen langfristig durchaus teilen, von dem Italiener Monti und dem Spanier Rajoy (mit Unterstützung des Franzosen Hollande), ziemlich brachial erpresst worden, weil diese Länder schnelle Hilfe brauchen.
Ob das neue Brüsseler Arrangement dafür taugt, wird man bald sehen. Sicher ist aber, dass diese Erpressungstaktik Spuren hinterlassen wird. Die politischen „Alphatiere“ sind auch deshalb bis an die Spitze ihrer Länder gelangt, weil sie ein langes Gedächtnis haben. Vor allem das Verhältnis zwischen Paris und Berlin ist stark angespannt. Präsident Hollande wird das bei der nächsten Gelegenheit zu spüren bekommen.
Merkel als Alphatier???
Carlos Anton (carlosanton)
- 01.07.2012, 21:33 Uhr
Ihre Tage als Alpha sind gezählt
thomas schulz (peanutbutter)
- 01.07.2012, 21:13 Uhr
Zwielichtig bleibt die Position Hollandes
Rolf Joachim Siegen (rolfS2)
- 01.07.2012, 20:51 Uhr
Von Alphatieren, Eisernen Ladies und Madame Nos...
Erwin von der Weppen (winus)
- 01.07.2012, 20:48 Uhr
Und noch zum "Alphatier Merkel" ...
Andreas Donath (adoc)
- 01.07.2012, 20:45 Uhr