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Von Grzegorz A. Nocko und Michael Knoll Der Titel des Buches klingt reißerisch, aber vielversprechend. George Friedman, Gründer des US-amerikanischen Think Tanks Stratfor, zeigt, wie die „Weltordnung der Zukunft“ aussehen wird bzw. aussehen könnte. Er tut das, indem er die wesentlichsten Entwicklungen der Vergangenheit mit den wichtigsten Tendenzen der Gegenwart in die Zukunft projiziert. Das ist manchmal wild und im zweiten Teil fokussiert er unseres Erachtens zu stark auf militärische Entwicklungen, der erste Teil aber gibt faszinierende Einblicke in außenpolitische Bestrebungen der jetzigen relevanten Akteure. Friedmans geopolitischer Ansatz wirkt auf den ersten Blick etwas leichtfertig. Leichtfertig vor allem dann, wenn man das Buch aus der deutschen oder polnischen Perspektive liest. Während im angloamerikanischen Sprachraum zahlreiche geopolitische Theorien – u.a. von Henry Kissinger oder Zbigniew Brzezinski – kursieren, wird Geopolitik in Europa fast gänzlich ignoriert. Vielleicht schafft Friedman es aber gerade mit diesem Ansatz, die Welt mit anderen Augen zu sehen. George Friedman spricht in seinem Buch daher dezidiert nur von einem Versuch, ein Gefühl für die Zukunft zu vermitteln ohne Anspruch auf Unfehlbarkeit. Man wird von einem amerikanischen Politikwissenschaftler eines renommierten Forschungsinstituts nicht erwarten, die Rolle der USA in den nächsten 100 Jahren in Frage zu stellen. So wird laut Friedman auch das 21. Jahrhundert den Vereinigten Staaten gehören. Er begründet dies sehr nachvollziehend durch die Vorherrschaft der USA auf den Weltmeeren. Wer die Ozeane der gesamten Welt kontrolliert, wird in Zukunft den Welthandel beherrschen und dieser ist nach wie vor Grundlage von Wohlstand und Sicherheit einer Nation. Den Vorsprung, den die Marine der USA in der Welt einnimmt, wird sie sich nicht nehmen lassen. Die US-Marine ist größer als die aller übrigen Nationen der Welt zusammengenommen und sie wird der USA langfristig die wirtschaftliche und militärische Macht sichern. Über die Geschichte, Gegenwart und Zukunft Europas äußert er wenig Positives. Die Versuche der kolonialen Beherrschung der Welt – die große Chance, die Europa seiner Meinung nach hatte – scheiterte nicht nur durch die zahlreichen Bruderkriege, sondern auch durch eine dauerhafte Unfähigkeit zur Selbstbeherrschung und Einigkeit im Sinne eines geeinten europäischen Imperiums. Auch heute befindet sich Europa als schizophrenes Gebilde oder gutartiges Durcheinander – wie er es bezeichnet – immer noch in einem Prozess der Neuorganisation. Ob ein dauerhafter Frieden im schlafenden oder bereits erloschenen Vulkan Europa bestehen wird, bleibt abzuwarten. Die demographische Entwicklung in den großen Staaten Europas, vor allem Deutschlands, wird das politische und ökonomische Kraftzentrum der EU lähmen. Friedman plädiert eher für ein Europa verschiedener Geschwindigkeiten und teilt den Kontinent in vier Regionen nach seinen geopolitischen Interessen auf. Neben wenig bedeutenden skandinavischen Ländern, die mit ihrem Wohlstand und geographischer Lage ein ziemlich selbstbestimmtes und ungebundenes Leben führen, stellt er ehemalige Kolonialmächte mit ihrem bedeutenden aber nicht voll genutzten Zugang zum Atlantik. Schwächelnd nimmt er Deutschland und Italien wahr, dies vor allem demographisch. Relevante Position haben in seinen Augen hier osteuropäische Länder, deren Identität sich durch das schwierige Verhältnis zu Russland definiert, die aber in Zukunft Chance haben, vereint Ihre geopolitischen Interessen zwischen der Ostsee und dem Schwarzen Meer zu artikulieren und durchzusetzen. Große Zukunft sagt er vor allem Polen, der Türkei sowie Japan zu, die in Folge eines von ihm vorhersagten Kollaps von Russland und China im Jahre 2020 profitieren werden. Friedman widerspricht damit der gängigen Auffassung von der zukünftigen Supermacht China. Er hält seine Wirtschaft für nicht stabil genug, um großen Mächten wie der USA aktiv Wiederstand zu leisten. Japan wird daher die Chance bekommen, die russischen und chinesischen Einflüsse in der Pazifikregion zu übernehmen, allerdings in der Auseinandersetzung mit den USA den kürzeren ziehen. Während dies aber erst weit in der zweiten Hälfte des 21. Jahrhunderts geschehen wird, ist von weit wichtigerem Belang, wie sich Polen und die Türkei entwickeln wird. Und wiederum hängt die Entwicklung dieser Staaten von Russland ab. Laut Friedman wird die Türkei ihre europäischen Ambitionen aufgeben und den Blick in den Nordosten richten. Aufgrund der Schwäche Russlands besteht die Chance der Türkei, ihren Einfluss weit in die Territorien des Kaukasus erweitern zu können. Davor hat Russland aber als Sargnagel für die EU in ihrer bisherigen Form gedient. Russland, so Friedman, hat es noch nicht überwunden und wird es nicht überwinden, dass ihr Einflussgebiet des 20. Jahrhunderts abhanden gekommen ist. Es wird versuchen, die baltischen Staaten wieder unter Kontrolle zu bekommen. Welche Folgen hat dies aber für den Nachbarn Polen? Polen wird wählen zwischen der Hilfe seitens der schwächlichen und binnenzentrierten Staaten Deutschland und Frankreich auf der einen Seite und auf der anderen Seite der Nation, der es zweimal im 20. Jahrhundert sein Überleben verdankte: die USA. Die Wahl ist einfach. Mit der USA im Rücken wird Polen die Führung eines osteuropäischen Bündnisses übernehmen und dadurch in Zukunft gemeinsame osteuropäische Interessen in Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten durchsetzten können. Polen wird seine Rolle als Mittelmacht, politisch wie geographisch, überwinden können und sich aus dem Schatten Russlands und Deutschlands lösen. Bei dieser Prognose legt Friedman seine Kategorien erfolgreicher Geopolitik auf den Tisch: Ein demographisch junges Volk, eine selbstbewusste und ambitionierte politische Führung, den richtigen Partner im Rücken (die USA) und Mächte im Umfeld, die entweder nicht stark genug oder zu unentschlossen sind, um adäquat zu handeln. Ähnliches gilt für die Türkei. Diese beiden Staaten, Polen und die Türkei, werden Friedmans Szenario zufolge eine dauerhafte Führungsrolle in Europa übernehmen.
Friedmans
Blick in die Zukunft lohnt sich, auch wenn er sich in vielen Aspekten irren
wird. Dafür ist der Lauf der Dinge zu unstet. Aber leicht von der Hand zu weisen
sind seine Prophezeiungen eben nicht. Wer die Zeitungen aufmerksam liest, wer
mit Entscheidungsträgern in Berlin oder Brüssel intensiv diskutiert, wird
wissen, dass der Traum Europa von vielen ausgeträumt ist. In Polen, das die
Weltwirtschaftskrise so gut überstanden hat, wird das größte
Schiefergasvorkommen Europas vermutet. Das Modell Norwegen lockt. Und dass die
Türkei bereits heute wahrlich bessere nationale Alternativen als die EU hat, ist
auch nicht mehr zu leugnen. Wer weiß, vielleicht werden wir gar nicht lange
warten müssen, bis einige von Friedmans Visionen in Erfüllung gehen.
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George
Friedman |
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