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Zur politischen Entdeckung des Gemeinsamen
Von Thomas Hummitzsch Wenn ein radikaler neomarxistischer Denker die politische Linke unter die Lupe nimmt, gibt es nur zwei Alternativen. Entweder er sieht in der momentanen Krise die Zeit der Linken gekommen, oder aber er hält die Linke für unfähig, unter den gegebenen Verhältnissen entscheidenden Einfluss zu nehmen. Antonio Negri ist eindeutig letzterer Ansicht. Die globale Linke ist in seinen Augen stupide und reaktionär. Sie begreift die gesellschaftlichen Brüche nicht, die sich mit dem Einzug der Postmoderne vollzogen haben und hat die Suche nach einer systemischen Alternative eingestellt. Das, was die Linke derzeit noch biete, sei auch nichts weiter, als »ein anderes Modell des Kapitalismus«. »Goodbye Mr. Socialism« lautet daher der Titel des Bandes, der 15 Gespräche Negris mit dem Philosophen und Historiker Raf Valvola Scelsi zur Lage der Linken seit dem Zusammenbruch des parteipolitischen Kommunismus umfasst.
Negri floh in den
Achtzigern als Terrorverdächtiger nach Frankreich und gilt heute weltweit als
einer der wichtigsten linken Denker. In seinem Buch steht er seinem
Gesprächspartner Scelsi Rede und Antwort und unterzieht das Gegenwartsdenken der
linken Parteien einer intelligenten Kritik. Den intensiven Dialogen liegt Negris
Weltbild zugrunde, das er gemeinsam mit dem amerikanischen
Literaturwissenschaftler Michael Hardt entworfen hat. In ihren theoretischen
Arbeiten »Empire«
und »Multitude« beschreiben
sie die neue, polyzentrische Weltordnung, das Empire, das alles
durchdringt, Grenzen auflöst und das Leben als solches zu erobern sucht.
Zugleich machen Negri und Hardt deutlich, wie das Individuum in dieser Situation
von der Empörung zur Revolte gelangt, wie sich die Kommunikationsstrategien
anpassen und die Multitude entstehen lassen. Darunter verstehen die
Autoren den kreativen Schwarm der sozialen Bewegungen, die aus der Vielfalt
heraus eine neue, nicht-hierarchische Gemeinsamkeit bilden.
Negri zufolge dehnt sich
in der postfordistischen Arbeitsgesellschaft die Mittelschicht nicht nach unten
aus, sondern das Gegenteil tritt ein. Der prekäre Lebensstil macht nicht länger
beim Industriearbeiter Halt, sondern breitet sich zunehmend unter den
Lohnempfängern der Wissenschaftsberufe und den Selbständigen aus. Ein neues,
kreatives Prekariat entsteht. Dessen Vertreter fänden in den linken Parteien
kein Gehör; in der Multitude schon. Dort kritisieren sie gemeinsam mit
dem Proletariat das kapitalistische Lohnregime, welches das Leben durchdringt,
»in
seiner Gesamtheit«
ausbeutet und zu einer Ware macht, meint der Italiener.
Toni Negri ist ein
radikaler Denker, der vor keinem linken Mythos Halt macht. Er stiftet mehr als
Verwirrung im linken Milieu, wenn er im Zusammenbruch des nationalstaatlichen
Wohlfahrtsstaats eine Chance sieht, um das
»Gemeinsame
neu aufzubauen«
oder die Verdammung des Finanzkapitals als
»idiotisch«
bezeichnet. Negri kritisiert die Linke nicht nur, er entblößt auch ihre
irrationalen Dogmen. Der gerade gegründete Thinktank der politischen Linken um die Linke Katja Kipping, den Grünen Sven Giegold und die geschasste SPDlerin Andrea Ypsilanti fände in Negris Aussagen die perfekte Momentaufnahme, um längst überfällige Diskussionen zu führen und Positionen zu schaffen. Negri kreiert darin den Entwurf einer Gesellschaft 2.0, die möglicherweise nur eine Utopie bleibt, die aber schon jetzt entscheidende Anregungen für ein linkes Umdenken bietet. Noch fehlt der Wille zur offenen und selbstkritischen Debatte. Möglicherweise kann das Institut für Solidarische Moderne diese nun zumindest anstoßen.
In ähnlicher Form
erschienen in der Süddeutschen Zeitung vom 25. Januar 2010. |
Antonio Negri & Raf Valvola Scelsi |
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