Bitte, schön lächeln

Schwierige Balance
Eine Gruppenaufnahme stellt fotografisch höchste Ansprüche. Ohne Inszenierung geht es nicht. Doch die Wirkung soll eine natürliche sein. Die Balance kann nur einer hervorragenden Regie gelingen. Sie verlangt Proben und Interventionen bis in die Details des Hintergrundes, der Kleidung, der Farben, der Hand- und Fussstellungen, der Blickrichtungen, des Lichts.
Ziel des regieführenden Fotografen muss ein Bild sein, das Fachleute als gut beurteilen. Dann überzeugt es auch die Öffentlichkeit. Will die Aufnahme indessen den Fotografierten gefällig sein, schreitet das Unglück voran und endet bei Häme und Spott.
Weitab der Wirklichkeit
Ein Gruppenbild setzt definitionsgemäss eine Gruppe voraus. Das ist die Landesregierung genau genommen nicht. Sie nennt sich zwar Kollegialbehörde und Siebner-Kollegium, besteht aber aus gleichberechtigten Einzelkämpfern. Ihre Dauerbeschäftigung ist das Ringen von Mehrheiten gegen Minderheiten und das mühselige Zusammenraufen für den Kompromiss.
Die bundesrätliche Selbstdarstellung als harmonisch funktionierendes Team liegt weitab der Wirklichkeit. Das wird auch aus dem Gruppenbild deutlich. Es zeigt Anstrengung, Unbehagen und Verklemmtheit.
Unwahre Geschichte
Damit fehlt der Aufnahme das Wichtigste, nämlich die Glaubwürdigkeit. Es erzählt die unwahre Geschichte von solistischen Stars, die volkstümlich behaupten, ein lammfrommes Chörli zu bilden. Wer es glaubt, darf die Fotografie einrahmen und über dem Sofa aufhängen.
Das Gelingen des offiziellen Konterfeis ist keine Frage der Fotokunst, sondern der Regierungskunst. Schafft sie im Gremium der Landesmütter und Landesväter mehr Eintracht als Zerwürfnis und mehr Zug am gleichen Strick in die gleiche Richtung, machen wir uns vom Bundesrat noch so gerne ein Bildnis. Darauf warten wir hoffnungsfroh und gespannt.
der Einzige, der für mich einmal mehr "herausfällt" (nicht heraus-sticht), ist der neue Bundeskanzler, der nun schon zum wiederholten Mal offenbar seine burschikose Art demonstrieren muss. Klein, aber OHO - erfolgreich sein auf der Karriereleiter bis oben genügt offenbar nicht. Wohl sein wird uns bei dieser demonstrativen EIGEN-Art erst sein, wenn er den "BR unter Konformitätsdruck" profilieren kann. Hoffentlich versucht er nicht, BR Maurer zu toppen mit seinen Mätzchen.
A.Imhasly
Dieses Foto ist einfach nur peinlich. Den Damen sei geraten für das Gruppenfoto 2016 vorher einen Style-Experten zu konsultieren.
Style-Manipulatoren für unser Steuergeld? Genau das will hier zum Glück niemand. Die Regierung soll genau so bieder und bünzlig auf dem Bildchen dastehen, wie sie wirklich ist. Wie "Style-Experten" die Wirklichkeit verbiegen und dem Volk etwas vorgaukeln zeigen zwei Beispiele: Schon Stalins Style-Experten haben mit der Schere aus Schwarz-Weiss-Fotos den zwischen ihm und Lenin stehenden Trotzki später mühsam herausgeschnipselt, was dann aber den Häusern im Hintergrund eine eher komische Architektur verpasste. In jüngerer Zeit hat dann der gleichermassen erfolglose, wie kleinwüchsige "Président" Nicolas Sarkozy seine "Style-Experten" bei öffentlichen Auftritten "im Volk" jeweils vorausgeschickt um aus der Masse systematisch kleinwüchsige Français und Française zusammenzuziehen, die den petit président dann umringen und ihn umso grösser erscheinen zu lassen mussten. Grössere Menschen wurden aussortiert und weggeschickt. Wenn er sich mit Fussballern zeigen wollte, ging das dann leider nicht so gut... So oder so brauchen wir weder solchen Style-Unfug noch irgendwelche Regisseure oder Inszenierungen. Nur einfach ein Gruppenbild. N. Ramseyer
Das "offizielle Bundesratsfoto", das erst vor gut 20 Jahren erfunden wurde, ist inzwischen in unserm Land mit seinem besonderen politischen System zu einer soliden Tradition geworden. Wie auch die stets postwendend zur Veröffentlichung folgenden bissigen, satirischen oder sarkastischen Kommentare dazu. Es hat auch schon karikierende Kopien gegeben ("Le président" Couchepin als Sonnenkönig 2003; oder ein "Volk" aus lauter Blochern, als ein besonders origineller Fotograf die sieben MagistratInnen und den Kanzler in einer handverlesenen Menschenmenge ablichtete 2008). Die scharfen Kritiken (wie auch diese hier) beruhen meist jedoch auf Überinterpretationen. Es geht nämlich auch um die Rückseite des Bildes, auf der die acht Führungspersönlichkeiten einzeln mit ihren Funktionen (Departementen) und Parteizugehörigkeiten gezeigt werden – oft auch noch mit ihrer Unterschrift. Das Foto, das dieses Jahr recht gut und schön gelungen ist, will stets nur zeigen, wer genau derzeit die oberste Exekutivmacht in unserm Lande hat – mehr nicht. Wie nötig das ist, zeigte sich vor ein paar Jahren, als ein horrend überbezahlter Grossbankboss nur die Vorderseite des Bundesratsfotos angeschaut – und dann behauptet hatte, die Schweiz habe acht Bundesräte. Der Mann entlarvte sich damit selber als arroganter vaterlandsloser Geselle (neudeutsch "Expat") als schlecht integrierter Schmarotzer. Niklaus Ramseyer
Die Einzelkämpfer zum lammfrommen Chörli vereint, das ist nicht nur eine unwahre Geschichte, wie Alex Bänninger meint. Die Unwahrheit ist auch in der Fotografie selbst enthalten (die ich für äusserst schlecht halte): Die Bundesratsangehörigen erhalten durch den Weitwinkel, zudem noch von oben (damit die Maschinen ins Bild kommen) völlig zugedrehte Proportionen. Ein guter Fotograf hätte da eine andere Lösung gefunden - vielleicht hat man die Nichte eines Bundesrats aufgefordert, schnell einen Schnappschuss zu machen ...
"Werkplatz Schweiz" soll das Bild symbolisieren. Hab ich gelesen.
Zu viel Symbolik. Das Bild ist überfrachtet. Und was sollen die "Büezer" im Hintergrund? Das Unbehagen der Protagonisten quillt aus allen Poren. Man achte bloss auf die verkrampfte Handstellung des Herrn Bundespräsidenten. Übrigens; es gibt Art Directors und Regisseure in diesem Land, die so was exzellent umsetzen würden.
Wenn es denn schon sein muss…!