Blogs, Twitter und Humor

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Blogs, Twitter und Humor

Von Ulrich Meister, 18.12.2014

Die totale Kommunikation zerstört die Kommunikation und die Erinnerung.

Ich rege mich alle paar Monate über Blogs, Twitter und Konsorten auf - diese inkontinenten Gefässe der modernen Medienlandschaft. Vor allem wenn ich einen anderthalbseitigen Artikel ausdrucke und zwanzig Seiten Kommentare mitgeliefert bekomme. Und wenn ich zwanzig Seiten Leserkommentare, Blogs und Twitter lese, die sich widersprechen oder gegenseitig bewundern oder sich sprachsexuell respektive anarchistisch-invektiv aufladen bis zur (intellektuellen) Erschlaffung.

Man erklärt mir, das sei Demokratisierung. Es ist eher ermüdend. Demokratie ist sicher nicht nur ein Stimm- oder Wahlzettel von Zeit zu Zeit. Und der Stammtisch ist längst auf den Bildschirm und zur PR abgewandert. Aber sich seine Psychoanalyse jetzt selbst auf dem Internet zu machen, kommt natürlich billiger und stösst zudem auf Interesse. Nur haben alle diese egolastigen, oft anonymen Meinungen, Falschmeldungen, Halbwahrheiten, Banalitäten, Rufmorde in dieser globalen Cyber-Bedürfnisanstalt  auch etwas Deprimierendes, Antipolitisches, obwohl sich da auch  viele Politiker profilieren wollen.  Ein getwittertes "Oooooh..." oder "Danke!" mit einem prominenten Namen wird  zu einem Medienereignis. Denn Dampfablassen ist sozialpsychologisch immer empfehlenswert.

Im Wettstreit um mehr Dummheit - nicht der Fehler allein des Internet - halte man sich aber besser  an seriöse, ja todernste Kommentare, wie an denjenigen der "Weltwoche". Da liest man: "Die linksfreisinnige Journalisten-Wohngemeinschaft hat ... das Kommando an der Falkenstrasse übernommen." Bei der NZZ also. Lustiger geht es nicht mehr. Trauriger auch nicht. Denn einst war auch die "Weltwoche" liberal.

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Herr Meister, zwei Anschlussfragen: (1) Warum publizieren Sie überhaupt auf Journal21, das ja auch ein Teil dieser "globalen Cyber-Bedürfnisanstalt" ist? (2) Ihnen ist aber bekannt, dass Sie auch nur ausgewählte Bereiche einer Webseite ausdrucken können, ohne Kommentare z.B.?

Aber ich verstehe Ihren Kommentar so, dass Sie eigentlich nur in Richtung "Weltwoche" zielen wollten (zu Recht übrigens), aber der eine Absatz am Schluss leider nicht ausreichte für einen Kommentar und Sie daher noch zu einer kurzen Tirade eines alten Mannes, der den Anschluss an die Gegenwart verloren hat (Internet-Ausdrucker), ansetzten.

Herr Gisiger sollte doch als Libertärer wissen, dass auch er von seinem Recht Gebrauch macht, in einem System zu agieren, das er selber nicht unterstützt. Daher ist die Anschlussfrage (1) überflüssig.

Dass Herr Gisiger sich für ein ehemals - in Bezug auf die Meinungsfreiheit - liberales Blatt wehrt, das nun zur inhaltsleeren Streitpostille mutiert ist, die von uns Konsumenten via vom Geldadel umverteilten Werbegeldern ausgehalten wird, zeigt, dass es ihm nicht um Anarchie, sondern um Marktmacht geht. Von den Tiraden der bezahlten Schreibwerkstätten der Rechtsfreisinnigen in den Gratiszeitungen werden wir schon genug manipuliert.

Internet-Ausdrucker - lach, dieser Aus-Druck gefällt mir.

Womit auch dieser Absatz wegfällt. Aber, verstehen wir sie doch, für Internet-Ausdrucker, ist das Leben mit all den "Tiraden" schwer genug.

Schön dass Sie mal Dampf abgelassen haben!

Meinungsfreiheit basiert auf Möglichkeit.
„Hand am Ofen, ja ich halte meine Hand am Ofen“ meinte der Redaktor zu einem seiner Journalisten. „Als Kind musste ich erfahren, da sprach unser Lehrer von nützen und unnützen Tieren und mit meinem Widerspruch landete ich in der Ecke. In der heutigen Zeit möchte ich jedoch das Gefühl durch Reflexion, das Entgegenhalten und einem offenen Austausch nicht mehr vermissen, auch nicht mehr unterdrückt wissen wie die damals, als bestimmte Menschenrassen das alleinige „SAGEN“ hatten. Lieber so, mit manchem Ärger halt, als jene schlafende Unberechenbarkeit. Meinen sie nicht auch Herr Journalist?“ Dieser nickte und schien einverstanden zu sein…..cathari

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