Das Phänomen Trump
Es werde nicht lange dauern, unkten Leitartikler, bis diese grössenwahnsinnige Kandidatur implodiere. „Bon Voyage“, titelte New Yorks „Daily News“ nach einem von Trumps Tritten ins Fettnäpfchen. Indes berichtet das Online-Portal „Huffington Post“ über den Kandidaten noch heute lediglich unter der Rubrik „Unterhaltung“.
Kein Anzeichen von Schwäche
Einige Monate und etliche Entgleisungen später ist der schwerreiche Baulöwe alias „The Donald“ nach wie vor im Rennen und er zeigt keine Anzeichen von Schwäche. Im Gegenteil: Trump führt alle Meinungsumfragen zur Beliebtheit republikanischer Präsidentschaftskandidaten unangefochten an, und die Wahlbeobachter in den Medien visieren derzeit statt ihn seine Konkurrentin Carly Fiorina an.
Die frühere Firmenchefin von Hewlett-Packer (HP), heisst es, sei eine Serienlügnerin, die sich die Realität nach eigenem Gusto zimmere und gegen Argumente, die auf Fakten basieren, immun sei. Von den übrigen Kandidaten der GOP (Grand Old Party), einschliesslich Präsidentensohn und -bruder Jeb Bush, ist wenig zu hören. Es sei denn, es werfe einer, wie Gouverneur Scott Walker (Wisconsin), entnervt das Handtuch.
Käufliche Politiker
Neuerdings mangelt es nicht an Versuchen, das Phänomen Trump zu erklären. Allein der Umstand, dass er als Milliardär oder von Reality TV-Shows her landesweit bekannt ist, reichen als Erklärungen nicht mehr aus und die Faszination seiner barocken Frisur sowieso nicht. Donald Trump, diagnostiziert Frank Rich im Magazin „New York“, treffe in Amerika mit seinem ungehobelten Gehabe und seinen unsensiblen Sprüchen exakt den Nerv der Zeit.
Trump, so Rich, verkörpere, den Überdruss der Wähler an einer dysfunktionalen Politik, die in Washington DC zum fast völligen Betriebsstillstand geführt hat, und an käuflichen Politikern, die - von opportunistischen Lobbyisten oder verbohrten Mäzenen finanziert - lediglich Partikularinteressen statt das Gemeinwohl vertreten würden.
Hilflose Akteure
Donald Trump hingegen, unabhängig und niemandem etwas schuldig, politisiert so, wie viele verunsicherte Amerikaner sich das wünschen: aggressiv, direkt und kompromisslos. Ohne Berater, Meinungsforscher oder Spin-Doktoren – ein Selfmademan, kein Profiteur von Günstlingswirtschaft, ein dynamischer Bauchpolitiker, keine müde Marionette.
Mit seiner Verachtung für traditionelle Rituale und populäre Rollenspiele verunsichert „The Donald“ das politische Establishment beider Parteien sowie die Medien und treibt seine Gegner zur Weissglut. Auch wenn die herrschende Klasse am Ende wohl siegen und Trump zu dem stempeln wird, was er am meisten hasst: zu einem Verlierer. Doch auch diese Prognose könnte falsch sein. Auf jeden Fall zeigt Donald Trumps Kandidatur, wie fragil die Kulissen sind, vor denen Amerikas Politik über die Bühne geht, und wie hilflos deren Akteure auftreten, wenn ihnen ein cleverer Clown die Show stiehlt.
Schüchterne Frage: Wie viel Unsinn darf ein Präsidentschafts-Kandidat produzieren? Und wenn er allenfalls sogar gewählt wird: Was ändert dann am politischen System der Vereinigten Staaten?
Donald Trump ist ein Dampfbläser, keine Frage.
Aber ist B. Obama besser?
War Bush Jr. besser?
Es macht keinen Unterschied ob Demokrat oder Republikaner.
Die Fäden werden von den grosszügigen Wahlkampfspendern und Lobbyisten im Hintergrund gesponnen und die Posterboys dürfen gewählt werden.
Donald Trump ändert nichts, H. Clinton ändert auch nichts, weil sich das System nicht ändert.
Ein Systemwechsel ist nicht in Sicht, denn Money, Money regiert die Welt.
sehe ich anders. Ob Trump ein Dampfbläser ist, weiss ich nicht. Er hat sicher mehr Erfolge wirtschaftlich als alle anderen, insofern kann er nicht ganz so dumm sein. Was ganz sicher falsch ist: Trump hat keine Wahlkampfspender aus dem Establishment, die bekämpfen ihn vielmehr mit teurem Geld und viel Einfluss, siehe Fox, wo man schon versuchte, ihn einfach totzuschweigen. Clinton ändert ganz sicher nichts, einverstanden, ebensowenig Bush.
Wenn ich so lese, auf welche Weise die Grossmacht, welche sich als _die_ Weltpolizei sieht, jeweils Präsidentenwahlen veranstaltet, wird mir ganz anders...
Mir ist keine Grossmacht bekannt, das sich seine Regierung so transparent aussucht wie die USA. Oder hätten sie es lieber klandestin wie in Russland und China? Scheint so...
Ob man angesichts der enormen Geldbeträge von Transparenz sprechen kann, möchte ich bezweifeln.
Es wird mir aber auch nicht aus diesem Grund anders, sondern weil mich die Art und Weise wie der Wahlkampfe als mediale Show stattfindet anwidert.
Jedes Land bekommt die Regierung, die es verdient. Gleichgültig ob sie dem Land dient oder nicht.
Mehr vom gleichen wie bisher - Keynesianismus und Schulden bis zum bitteren Finale und Neocon-Aussenpolitik - egal ob von Dems oder Reps - nutzt dem Land ganz sicher nichts.
Die einzigen Alternativen wären Bernie Sanders mit einem apokalyptischen Linksexperiment a la Tsipras, oder der leider blasse Anarcholiberale Rand Paul.
Ja, Bernie Sanders. Wäre auch mein Kandidat. Wunder sind leider eher selten.