Der starke Wind von rechts

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Der starke Wind von rechts

Von Daniel Woker, 22.04.2016

Seit rund 25 Jahren bewegt sich die Schweiz politisch unter der Führung der SVP immer weiter nach rechts, was auch international auffällt.

Die drei neuen Präsidenten der bürgerlichen Parteien sind jüngster Beweis für diesen Rechtsruck. Eine Präsidentin Petra Gössi wäre zu Zeiten, als Franz Steinegger (FDP-Präsident 1989 – 2001) die freisinnigen Parteifäden zog, undenkbar gewesen. Ebenso ein Präsident Gerhard Pfister, als Iwan Rickenbacher(CVP-Generalsekretär 1988- 1992) starker Mann der CVP war.

Radikalisierung der SVP

Ähnliches gilt für den Berner Oberländer Adolf Rösti; früher konnte sich innerhalb der SVP der staatstragende Berner Flügel gegen den millionenschweren Konservatismus und galoppierenden Nationalismus der Zürcher SVP noch durchsetzen, so mit der Wahl in den Bundesrat von Adolf Ogi (1988 – 2000) und noch knapp jener von Samuel Schmid als Nachfolger. Heute fahren der neue Berner Parteipräsident und die beiden SVP-Bundesräte auf einer strikt vorgeblochten, und publizistisch verklöppelten Herrliberger Linie.

Was speziell frappiert: Den beiden anderen bürgerlichen Parteien erscheint das als normal und angebracht. Gössi und Pfister setzen sich mit Rösti zusammen, um „bürgerliche Politik“ in den Räten zu planen und damit letztlich ihre SVP-Politik zur offiziellen schweizerischen Politik zu machen. Das wäre die Erfüllung des Lebenstraumes von Blocher, nachdem er dies mit der Brechstange - als Bundesrat, als Parteienfinancier und als Medienaufkäufer - nicht hat erreichen können.

Stillhaltepolitik

Die FDP und CVP halten gegenüber einer SVP, welche die Schweiz international mit ihrer Masseneinwanderungsinitiative in die Isolierung geführt hat, still. Zusätzlich wird die nationale Wohlfahrt immer wieder aufs Spiel gesetzt. Das geschah zum Beispiel mit der von Blocher angezettelten Intrige zum Sturz von SNB-Präsident Hildebrand, was zur Aufhebung des Mindestkurses und der für KMU und Mittelstand verheerenden Frankenstärke geführt hat.

Jener Mittelstand und jene KMU, deren Förderung sich die CVP auf die Fahne geschrieben hat, wird heute durch einen Präsidenten aus dem klassischen Briefkastenfirma- und Steuersparkanton Zug vertreten. „Zug“ ist im Sprachgebrauch der internationalen Wirtschaftsmedien zum Inbegriff für weltweit tätigen Unternehmen geworden. Das gilt für die Rohstoffbranche aber auch für andere Sparten, bei denen Steuerersparnis zu den wichtigsten Geschäftsprinzipien gehören.

Gegen Brüssel

Die FDP hatte sich noch 1995 den EU-Beitritt in das Parteiprogramm geschrieben, weil sie richtig sah, dass die europäische Mittelmacht Schweiz im 21. und asiatischen Jahrhundert nur im Verbund mit gleichgesinnten europäischen Partnern würde bestehen können. Diese FDP hat sich heute unter dem Eindruck der wohlfinanzierten Schmierenkomödie „Die Nation Schweiz gegen die Brüsseler Vögte“ des Autorenkollektivs SVP/AUNS/weitere Klone aus der Diskussion über die Zukunft der Schweiz verabschiedet.

Der ideologische Niedergang der FDP hatte schon mit der Kampagne für die Parlamentswahlen von 1979 begonnen, die unter den idiotischen Slogan „Mehr Freiheit – weniger Staat“ geführt wurde. Dies von einer Partei, welche an der Wurzel der modernen Schweiz stand und deren Gründer wussten, dass nur ein starker Staat - auf allen drei Ebenen unseres Bundesstaates - die Freiheit aller garantieren kann. Die Freiheit aller, ein Leben in Frieden, sozialer Würde und individueller Selbstverwirklichung zu führen.

Falsche Normalität

Das internationale Problem der Schweiz mit ihrer SVP besteht nicht bloss darin, dass es sie gibt. Rechtsextreme und nationalistische Parteien haben sich im Zuge der Verunsicherung des Mittelstandes durch Globalisierung und Digitalisierung in praktisch allen europäischen Ländern bemerkbar machen können. Unter den der Schweiz vergleichbaren Ländern in unserer europäischen Nachbarschaft sind wir indes im Hinblick auf die Grösse und die generelle Akzeptanz einer rechtsextremen Partei einzigartig. Denn die SVP wird in Europa als rechtsextrem angesehen. Anderenorts werden solche politischen Strömungen von der politischen Mitwirkung ausgeschlossen. So die AfD in der Deutschland, die FN in Frankreich und die Neofaschisten in Italien. In Österreich führte ein kurzer Flirt der staatstragenden ÖVP mit Haiders FPÖ zu heftigen Reaktionen anderer EU-Mitglieder.

Nicht so in der Schweiz, wo sehr weite Kreise die SVP als „normale“ an Regierungspolitik beteiligte Partei akzeptiert haben. Das ist sie aber nicht, wie sie mit ihren bedenklichen Plakaten, ihrer jede finanzielle Grenze sprengenden Abstimmungspropaganda und ihrem den Staat zerstörenden Einsatz der Instrumente der direkten Demokratie immer wieder beweist.

Daniel Woker beklagt den Rechtsruck in der Schweiz und nennt als jüngstes Beispiel die neuen bürgerlichen Parteipräsidenten. Er unterlässt es aber, den Gründen dafür nachzugehen.
Wer den Wahlkampf 2015 verfolgte, musste sich vor allem ob dem SP-Präsidenten die Augen reiben. Er unterliess es, auf die Wahlkampfthemen wie Asyl, Ausländer, Europa einzugehen. Stattdessen warnte er wortgewaltig vom drohenden Rechtsrutsch. Wer dermassen die Sorgen und Bedürfnisse der Bevölkerung ignoriert, muss nicht erstaunt sein wenn die Strategie "Achtung Gefahr Rechtsrutsch" nicht verfängt. Levrat hat dem Wind von Rechts viel Kraft verliehen und mit seiner jüngsten Idee, EWR 2.0, verliert die SP auch noch ihr bisher klares EU-Profil.

Der starke Wind von rechts weht wohl Waffen in Kriegsgebiete wie Saudi-Arabien? Aber das macht auch Deutschland.

Lieber Daniel Woker, Ihre klaren Formulierungen kann ich voll unterschreiben.
Es ist beängstigend, wie viele Leute der SVP auf den Leim gehen weil sie meinen, diese Partei meine es gut mit ihnen. Sie merken nicht, dass hier Kräfte am Werk sind, die alles umkrempeln wollen nach den Ideen von Blocher und Co, die praktisch unbeschränkte Geldmittel für ihre Absichten einsetzen können. Ich kann deren Schlagworte schon gar nicht mehr hören und mit den neuen Parteipräsidenten der bürgerlichen Parteien wird es sicher nicht besser.
Nicht dass ich alles gutheissen würde was aus der anderen Richtung kommt, aber zum Glück gibt es einige extreme Linke, die andere Akzente setzen. Sie müssen unterstützt werden, damit es in unserem Land lebenswert bleibt und nicht alles geschluckt wird, was vom Herrliberg kommt.

Liebe Hedi Schwarz, ich befürchte dass Sie recht haben. Liebe Grüsse, Herbert Fischer, Luzern

Lieber Herr Woker,
Sie können sich einfach nicht damit abfinden, dass die Schweizer StimmbürgerInnen der SVP ihre Stimme geben. Werden Sie demokratisch und beginnen Sie eine Gegenbewegung!
Steigen Sie herab von Ihrem elitären Podest und überzeugen Sie die Stimmbürger, dass der Abgang von Herrn Hildebrand verantwortlich ist für die Aufhebung des Mindestkurses. Niemand wird Ihnen diese Mähr glauben.
Verantwortlich dafür ist die gefährliche Politik der Europäischen Zentralbank, die die Märkte mit nicht verdaubarer Liquidität flutet.
Als HSG Ökonom sollte Ihnen dies auch bekannt sein.
Als ehemaliger Arbeitnehmer empfinde ich den Inländervorrang als eine gute Idee. Die Vereinigten Staaten machen genau das gleiche.
Nachdem die EU unser Bankkundengeheimnis mit fraglichen Mitteln zerquetscht hat, finde ich es nur normal, dass sich die Schweizerischen Arbeitnehmer, vertreten durch die SVP, dagegen mit dem Inländervorrang wehren. Unsere Firmen brauchen nicht hunderte von ausländischen Chefs um zu prosperieren.
Noch weniger brauchen wir fremde Professoren die uns Ethik beibringen wollen.
Der Erfolg der SVP ist eigentlich eine Antwort auf diese Faktoren die der arbeitenden Bevölkerung in unserem Land sauer aufliegen.
Um dies zu erkennen müsste man von Zeit zu Zeit den Elfenbeinturm verlassen und mit normalen Bürgern sprechen, die in den betroffenen Betrieben arbeiten müssen.
Noch ist Zeit dies nachzuholen und der SP Schweiz Nachhilfestunden zu erteilen in der Kunst der Arbeitnehmervertretung. Die könnten viel von der SVP lernen.

Dieser Rechtsrutsch hat auch sein Gutes: Denn wenn die Rechte keinen ernsthaften Widerstand von Links (oder gar der Mitte) verspürt, wenn sie sich ihrer Sache sicher ist, dann wird sie auch überborden, jede bisherige Grenze überschreiten. Und so natürlich ihr wahres Gesicht zeigen, ihre wahren Absichten hemmungslos durchsetzen. Und somit werden sie in vier Jahren angreifbar werden.

Ja, Herr Woker, Ihre Sicht/Meinung/ Wertung deckt sich in weiten Teilen mit jener unserer Linkspopulisten. Dies grollen ob dem allmählichen Verlust ihrer seit 1968 postulierten Deutungshoheit. Actio gleich Reaction, normales Demokratieverhaltensmuster.

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