Gouverner, c'est prévoir
«Frühfranzösisch» entwickelt sich zum Schimpfwort. Das ist in unserem viersprachigen Land verheerend, weil der Wille untergraben wird, eine Willensnation zu sein. Die Abwehr dieser Gefahr geht vor der Rücksichtnahme auf föderalistische Befindlichkeiten. Der Bundesrat handelt richtig und weitsichtig, wenn er die Kantone zum Unterricht einer zweiten Landesssprache in der Primarschule verpflichten will. Das ist kein Affront, sondern eine notwendige Erinnerung an Beschlüsse, die von den Kantonen mit dem Sprachenkonzept und dem Harmos-Konkordat vor Jahren gefasst wurden.
Die jetzt vorgebrachten Einwände sind staatspolitisch bedenklich und pädagogisch schwach. Es müsste der Schweiz leicht fallen, die Lehrerinnen und Lehrer zu befähigen, eine zweite Landessprache erfolgreich zu unterrichten. Die gegenteilige Behauptung ist eine Kapitulation der Kantone, die sonst mit geschwellter Brust auf die Bildungshoheit pochen.
Der Zusammenhalt der Schweiz verdankt sich nicht zuletzt der weisen Bereitschaft der Mehrheit, den Minderheiten die Wertschätzung zu zeigen – auch und gerade, wenn es eine Anstrengung braucht. Bevor Politikerinnen und Politiker kleinkrämerisch aufzählen, warum zweite Landessprache und Primarschule unverträglich sein sollen, wäre die Aneignung wenigstens eines französischen Satzes nützlich: Gouverner, c'est prévoir.
«Es müsste der Schweiz leicht fallen, die Lehrerinnen und Lehrer zu befähigen, eine zweite Landessprache erfolgreich zu unterrichten.» Völlig einverstanden! Mit Betonung auf Erfolgreich.
Eine zweite Landessprache in der Primarschule zu lernen, ist keine Frage der Pädagogik, sondern eine Frage der Identität dieses Landes. Wenn diese Nation noch lange Bestand haben will, braucht es gegenseitigen Respekt für die Sprache und Kultur des anderen.
Bei der Fernsehübertragung des Zürcher Sechseläutens zwischen einem Gast aus der Romandie und der Kommentatorin, hat die Kommentatorin mit dem französisch sprechenden Compatriot Englisch gesprochen! Sie konnte kein Französisch. Ich fand das nicht nur arrogant, sondern auch haarsträubend.
Wenn der Mensch lernt,dann aus Lust und nicht weil er sich anstrengt.Sprachen lernen per Dekret ist ein Witz.Was der Romandie fehlt,sind Kulturbotschafter.In meiner Jugend gab es unzählige Filmemacher und Musiker,die die Frankophonie beliebt machten.Aber hüt,Parmelin und Bersier sind für mich ein Grund besser italienisch zu lernen.Und Holland,dieser eitle Gockel - bonne nuit la france.
Französisch in der Oberstufe nach einer sorgfältigen, ab der Mittelstufe gelegten Grundlage in Englisch würde weniger Schülerinnen und Schüler überfordern als das heutige System und wäre effizient und ökonomisch.Das schreibe ich nach 14-jähriger Tätigkeit als Fachlehrer für Sprachen an der öffentlichen Schule. Es wäre höchste Zeit, den Fachleuten an der Basis und den Eltern, welche täglich mit den Kindern zu tun haben, Gehör zu schenken, als politische und andere Ideologien verwirklichen zu wollen.
Der Kommentar eines Fachlehrers für Sprachen mit 14 Jahren Berufspraxis wäre etwas glaubwürdiger, wenn er in korrektem Deutsch daherkäme.