Jüdisch oder demokratisch?

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Jüdisch oder demokratisch?

Von Klara Obermüller, 27.11.2014

Nationale Rechte nur für Juden – ein Gesetzesentwurf stellt das Demokratieverständnis Israels auf die Probe.

Ein Gesetzesentwurf der israelischen Regierung erregt in der Regel weniger Aufsehen als Raketenangriffe auf Gaza oder die Zerstörung arabischer Wohnhäuser in Ostjerusalem. Seine Auswirkungen können aber mindestens so gravierend sein. So zum Beispiel, wenn das von Benjamin Netanjahu geplante Grundgesetz mit dem Titel «Israel, der Nationalstaat des jüdischen Volkes» die Knesset passieren und damit Verfassungsstatus erlangen sollte. Dessen Annahme würde bedeuten, dass nationale Rechte in Zukunft nur noch für Juden, nicht aber für die arabische Minderheit im Land gelten. Willkürliche Ausweisungen, Entzug von Sozialleistungen, aber auch die Abschaffung des Arabischen als Landessprache könnten die Folgen sein.

Der Streit darum, ob Israel ein Staat der Juden oder aber ein Staat seiner Bürger sein solle, ist nicht neu. Dass er gerade jetzt, da die Friedensverhandlungen zum Erliegen gekommen sind und neue soziale Unruhen drohen, zugunsten von Nationalisten und Ultrareligiösen entschieden werden soll, ist besonders verhängnisvoll. Denn sollte der Entwurf tatsächlich vom Parlament abgesegnet werden, dann hätte Israel nicht nur den Anspruch verwirkt, die einzige Demokratie im Nahen Osten zu sein, sondern auch die so dringend notwendige Loyalität seiner arabischen Bürger aufs Spiel gesetzt – eine Gefahr, die mindesten so ernst zu nehmen ist wie die Bedrohung durch das iranische Atomprogramm oder eine dritte Intifada.

 

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Beide Seiten machens mit den Kindern, wer mehr hat braucht mehr Land, das kennt man bei den Arabern schon lange, da muss sich der Jude natürlich anpassen. Wäre Israel ein Schweizer Kanton das wäre bestimmt anders. Mich bekümmert die definition des Israelis, was ist ein richtiger Jude (ausser dem Bund), es kommt noch so weit, das die ultras entscheiden was das ist, da wäre dann schluss mit der vielfalt ...

Danke, Frau Obermüller, für diese kurze kritische Beleuchtung einer schon länger zu beobachtenden Selbstbeschädigung und Aushöhlung des israelischen Rechtsstaates - immer mehr vergiftet Gewalt diese Gesellschaft.

Damit zeigen die Juden - genauer gesagt die Zionisten - ihr wahres Gesicht: Rassisten.

Dieser Gesetzesentwurf zeigt deutlich, welche grosse Ängste in den Reihen der Regierungskoalition vorherrschen. Tatsächlich bestehen diese Ängste zu Recht; denn die Politik der Ablehnung eines unabhängigen palästinensischen Staates muss langfristig dazu führen, dass sich eine starke Bürgerrechtsbewegung in den besetzten Gebieten und in Israel bildet, welche dafür kämpft, dass nichtjüdische Menschen dieselben Rechte erhalten, wie die jüdischen. In wenigen Jahren werden nichtjüdische Menschen in Israel und den besetzten Gebieten in der Mehrheit sein. Ich habe das Gefühl, dass die Mehrheit der jüdischen Israelis nicht erkennen will, dass sich der Statusquo langfristig nicht halten lässt.

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