Söldnerdienste

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Söldnerdienste

Von Alex Bänninger, 06.05.2015

Zwischen der Schweiz und Kasachstan läuft eine sonderbare Entwicklungshilfe.

Schweizer Lobbyisten stehen im Solde der urdemokratischen und menschenrechtsfreundlichen Regierung Kasachstans, verfassen gemeinsam mit dieser parlamentarische Vorstösse und gewinnen für die Einreichung die designierte Nationalratspräsidentin. Die NZZ deckte diese Entwicklungshilfe und Zusammenarbeit auf.

Es gibt Vorkommnisse, die sich selber als bananenrepublikanische Sitten und Gebräuche kommentieren.

Welchen Schwur die kasachischen Parlamentarier leisten, wissen wir nicht. Es genügt, die eidgenössische Formel zu kennen: "Ich schwöre vor Gott dem Allmächtigen, die Verfassung und die Gesetze zu beachten und die Pflichten meines Amtes gewissenhaft zu erfüllen." Wie dies unsere fürs Präsidium vorgesehene Eid-Genossin versteht, lesen wir auf deren Homepage: "Liberales Engagement bedeutet für mich die Freiheit und Würde des Menschen in den Mittelpunkt meines politischen Wirkens zu stellen.“

Es gibt Bekenntnisse, die samt Kommafehler nicht der Bananenschachtel wert sind, in die sie geworfen werden müssten.

Aber jedes Vorkommnis und Bekenntnis darf in der Erinnerung behalten werden für die eidgenössischen Wahlen am 18. Oktober.

Es braucht nun endlich Gesetze zur Offenlegung der Parteifinanzen und der Verbindungen von Parteien mit den PR-Agenturen, denn ich werde das Gefühl nicht mehr los, dass gerade diese PR-Agenturen im Grunde die wahren Herren der Schweiz sind und bestimmen, was uns zu stören hat und was Parlament und Regierung zu bestimmen haben. Die Intransparenz, welche da herrscht, ist einer Demokratie unwürdig und nur wer etwas zu verstecken hat, hat Angst davor, dass die Öffentlichkeit weiss, wer mit wem arbeitet und wer wen bezahlt. Ein Rücktritt von Christa Markwalder wäre nur ein Bauernopfer, der dazu dient, genau so weiterzumachen, doch dieser Betriebsunfall im ganz normalen politischen Geschäft der Bürgerlichen zeigt, dass unser politisches System von solchen Machenschaften durchseucht ist und dringend Handlungsbedarf besteht!

wieso redet niemand über die Tragbarkeit/Demission dieser Dame. Mit Bestürzung von etwas Kenntnis nehmen, dass wohl bekannt war zeugt von wenig Rüstzeug.

Super Kommentar, merci! Ob Markwalder (wie sie jetzt vorgibt) "nichts gewusst" und "nichts bemerkt" hat, oder (was doch wohl mindestens gleich wahrscheinlich ist) sehr wohl im Bilde war, wessen Spielchen sie da mitmachte, ist einerlei: Beides ist etwa gleich peinlich und traurig. Dass die sehr schöne Enthüllung (bravo NZZ!) jetzt ausgerechnet die Berner Freisinnige in kasachischer Unterwäsche schlotternd dastehen lässt, ist auch kein Zufall: Während Jahren war die Jungfreisinnige und Nebs-Präsidentin in Bern eher idealistisch für den EU-Beitritt unterwegs. Das ist inzwischen jedoch ein totes Polit-Geisslein (nicht mal mehr 10% Zustimmung). Und so kann Markwalder auch nicht mehr auf irgendwelche EU-Jöblein in Bern oder Brüssel hoffen. Dafür ist sie jetzt eher kommerziell für die Züri-Versicherung (Neudeutsch: "Zürich Insurance Group") und für den Versicherungsverband engagiert. Versicherungen, Banken und Pharmafirmen oder ihre Verbände speisen ihre partikularen Anliegen jedoch nicht selten direkt und wörtlich vermittels Vorstössen "ihrer" Vertreter in den Parlamentsbetrieb ein. Darum war die Burgdorferin, die eigentlich das Berner Volk im Nationalrat vertreten sollte, wohl auch nicht besonders irritiert, als eine PR-Firma ihr bei der Formulierung und der Redaktion ihrer Kasachstan-Interpellation ein wenig Anschub- und Nachhilfe leistete. Und auch Kasachstan ist im Falle Markwalder kein Zufall: Die FDP-Frau ist Präsidentin des Parlamentariervereins Schweiz - USA. Die US-Regierung bezeichnet Kasachstan und das dortige Regime inzwischen jedoch als "prefered Partner in Central Asia". Das geht von Militär-Kooperation über die Benutzung von Luftwaffenbasen und gemeinsamen Manövern bis zu massiven Investitionen der US-Firma Chevron Oil in Kasachstans Ölindustrie. Die US-Regierungen haben ihre "prefered Partners" (von Pinochet bis zu den Saudis) jedoch noch nie mit Fragen nach Menschenrechten verärgert oder genervt. Warum sollte es Markwalder anders halten? Und in ihrer Anfrage an die Landesregierung zur "Weiterentwicklung der Beziehungen zu Kasachstan" die kasachischen Freunde ihrer amerikanischen Freunde mit dem lästigen Wort "Menschenrechte" irritieren. Dafür findet man in Markwalders Vorstoss die inzwischen recht ulkig anmutende Frage 3: "Wieweit und mit welchen Massnahmen unterstützt die Schweiz Kasachstan im Zusammenhang mit der Korrputionsbekämpfung?" In seiner Antwort schwurbelt der Bundesrat dann etwas von "Transparenz und Rechenschaftspflicht". Schön wär 's! Er hätte auch einfach schreiben können, er habe bei sich zu Hause schon genug zu tun mit den Umtreiben der Pharma- Banken- und Versicherungs-Lobbyisten. N. Ramseyer

Ihr Statement gefällt mir, wäre jedoch noch schöner, wenn Sie in der zitierten Formel die Komma-regeln ebenfalls einhalten würden.

Ich habe der NZZ dazu noch das zur PR-Firma geschrieben, die den Text aufmotzte:

Burson-Marsteller ist ja nicht nur eine der international renommiertesten PR-Agenturen sondern einige Kundenreferenzen könnten auch zu Diskussionen Anlass geben. Gemäss Wikipedia (E) gehörten dazu früher die faschistische Junta in Argentinien und eine Partei im Bhopal-Fall (nicht die Geschädigten).
Die Firma passt vielleicht besser zu Kasachstan als zur Schweiz. Nun ist aber Frau Markwalder nicht die einzige, über deren demokratischen Geschmack man sich in der letzten Zeit wundern konnte. Siehe http://burson-marsteller.ch/wp-content/uploads/2011/06/110617_Lobbying_S...

MfG
Werner T. Meyer

Interessant sind die in Ihrem Link einsehbaren Leute. Auch Longchamp ist für mich mit seinen Prognosen zu Wahlen und Abstimmungen eigentlich immer wieder ein regelrechter Lobbyist. Denn mit sog. Kopf-an-Kopf-Rennen oder schlechten Prognosen wird schlicht und einfach die entsprechende Seite dazu aufgerufen, vermehrt und möglichst geschlossen zur Urne zu gehen. - Letztes Beispiel einer solchen Umfrage: Grossbrittanien... Man sollte sie abschaffen. Und auch Transparenz in die Parlamente bringen: Da würde sich herausstellen, wer sog. Volksvertreter(in) ist und wer schlicht blosser Interessenvertreter, die meistens gegen das Volksinteresse agieren.

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