Sogar im Suppenhuhn sitzt eine Seele
Wo Hunger ist, wartet ein Huhn. Arm an Fett, reich an Proteinen, günstig, schnell zubereitet. Als Poulet oder Mistkratzerli, als ganze oder geschnetzelte Brust, als Schenkel oder Flügeli, als Ei. 120 Millionen Kilogramm Hühnerfleisch gehen jährlich durch die Schweizer Mägen. 15 Kilogramm pro Person.
Ehrenrettung
Damit landen Hähne und Hühner – hinter den Schweinen mit 21 Kilogramm – auf Platz 2 der Fleischkonsumstatistik, vor den Rindern mit 11 Kilogramm, weit vor den Ziegen mit 80 Gramm. Eine Milliarde Eier wird hierzulande Jahr für Jahr produziert. 125 pro Person. Das legende und geschlachtete Federvieh ist heiss begehrt, das krähende und gackernde lässt kalt. Hier setzt die Ausstellung „Hühner – Unterschätztes Federvieh‟ im Museum zu Allerheiligen Schaffhausen ein.

aus Italien stammende Haushuhnrasse.
(Foto: Rudi Proll)
Sie verhilft dem Huhn zu Ehren, beleuchtet dessen kulturgeschichtliche und biologische Hintergründe, vermittelt einen Überblick über die Vielfalt der Haus- und Wildhühner, erklärt die komplexe Rang- und Hackordnung, erhellt die Rolle in den Religionen, Sprachen und Wertsystemen und informiert über die ökonomischen Zusammenhänge.
Drei Hühnerhöfe vor dem Museumseingang stimmen ins Lob aufs Federvieh ein. Überraschend und eindrücklich ist der Ausstellungs-Auftakt. Der Berliner Künstler Andreas Greiner gestaltete im 3D-Druckverfahren das zehnfach vergrösserte Skelett eines heutigen Masthuhns. Es sieht aus wie ein Dinosaurier und verweist damit auf die Vorfahren des Huhns. Respekt erheischend, Neugier weckend.
Die Botschaft kommt an
Die optische Ouvertüre bleibt leider ein uneingelöstes Versprechen. Der didaktische Eifer herrscht vor. Die Ausstellung ist ein begehbares Lexikon. Die Augen langweilen sich. An Vitrinen, Touchscreens und Wandtexten vorbei füllt sich der Kopf mit Wissenswertem. Das Huhn hat einen uninspirierten Auftritt.
Gleichwohl kommt die zentrale Botschaft an. Die Hühner, die mit Familiensinn leben, die Hennen, die ihre Küken bemuttern, haben mehr verdient, als in den Lebensmittelläden nackt und gekühlt auf den achtlosen Wurf in die Pfanne oder auf den Grill zu warten. Den Tieren mit ihrem Artenspektrum, mit der stolz zur Schau getragenen Federpracht und ihrem die Menschen vergnügenden Verhalten gebührt übers Kulinarische hinaus Zuwendung.
Qualen beenden
Die alten Griechen und Römer befanden die Hühner für würdig, vor kriegerischen Angriffen zu warnen, die Zukunft zu deuten und als Göttergaben dargebracht zu werden. Die Protestanten wählten den Hahn als Zierde der Kirchturmspitze. Tiere mit dieser Wichtigkeit erwarben sich bis heute den Anspruch auf einen schonungsvollen Umgang. Sogar die Suppenhühner haben eine Seele.

Der Bundesrat machte mit dem Verbot, männliche Küken zu schreddern, einen späten, aber immerhin einen Anfang. Der nächste Schritt wäre, die Folterung der Hühner in Mastbetrieben, Legebatterien und durch Antibiotika-Attacken zu beenden. Artgerechte Haltung. Nach Art der Tiere und nicht der renditemaximierenden Tierquäler. Die Ausstellung sensibilisiert für dieses Postulat. Das ist ihre gesellschaftliche Leistung.
Museum zu Allerheiligen Schaffhausen, bis 5. April 2021 www.allerheiligen.ch
Was mich immer verwundert ist : wenn Tierschützer eine Massentierhaltung ganz normal besichtigen wollen gibt es selten eine Bewilligung des Unternehmers .Wenn dann Tierschützer mit eigenen Mitteln Aufklärung betreiben und Vergehen dokumentieren werden sie wegen Hausfriedensbruch angeklagt , nicht etwa der
Tierquäler .
Bei Schweinen wird meistens der minimal vorgeschriebene Platz
in der Box gemacht , dem Bauern wäre aber freigestellt von sich
aus etwas mehr Platz einzurichten . Wenn man Bilder von Be-
hörden sieht kann man kaum glauben dass solche Machenschaften
von Politikern unterstützt werden , denn die Gesetze wurden ja von ihnen gemacht . Mit welchen " Fachleuten " werden wohl
solche Boxen konzipiert , das sind wohl Bauern , oder ? Sie
schaden damit sich nur selbst . Wer müsste es denn besser
wissen als ein Bauer wie Tiere fühlen . Bio Bauern können es !
Batteriehaltung von Hühnern ist schon seit langem verboten. Moderne Tierhaltung ist nicht tierquälerisch. Die Ideen von Tierschützern sind nicht der Massstab.
Es stimmt, dass die Batteriehaltung seit 1992 in der Schweiz verboten ist. Das heisst aber noch lange nicht, dass bei der Hühnerhaltung alles in Ordnung ist. Denn sehr viele Betriebe halten Hennen in Bodenhaltung. Auf einen Quadratmeter dürfen 7 - 17 Hennen gehalten werden. Und nur 20% des Bodens müssen eingestreut sein. Auslauf ist gesetzlich nicht vorgesehen. Es versteht sich von selbst, dass die Hennen dadurch gestresst sind und Kannibalismus die Folge sind. Artgerechte Haltung sieht anders aus, nämlich Auslauf im Freien, wo der Bewegungs- und Beschäftigungstrieb aktiviert wird. Die Hühnerhaltung oder generell die Nutztierhaltung sind in der Schweiz nach wie vor alles andere als astrein.
Eigentlich sollte es normal sein dass derart verleumderische Texte über die moderne Tierhaltung im Journal 21 nicht veröffentlicht werden. Je nachdem werden im journal 21 alle kritischen Leute als Verschwöhrungstheoretiker bezeichnet. Oder sie werden wie im vorliegenden Fall unterstützt.
Sehr positiver Bericht der mich, einmal mehr, nachdenklich stimmt und mir bewusst macht, wie pervers eingentlich der Umgang mit den Tieren in der Massenfleischproduktion ist. Ich wünsche mir das jeder der Fleisch essen will, sein "Essen" wenigstens einmal, selber jagen, töten, ausweiden usw. muss. Und damit meine ich nicht Fischen, weil die Fische ja keine Geräusche des sterbens von sich geben wenn man sie tötet. Das ist dann zb. beim Schwein ganz anders, die schreien richtig laut und in Todesangst.
Das würde viele Probleme lösen und wäre gut für Mensch, Tier und Natur. Aber ja, schlecht für die Wirtschaft. Deswegen werden wir wohl die Anstehenden Probleme nicht schnell genug lösen können, weil es geht schlussendlich immer nur um Wirtschaft und um Arbeitsplätze, Wachstum, Fortschritt... fragt sich nur wohin wir Fort schreiten.
Danke Herr Bänninger für diesen Artikel. Hühner sind Lebewesen, haben eine Seele, empfinden Schmerz und sind alles andere als nur eine Sache, wie uns das Tierschutzgesetz vor noch nicht allzu langer Zeit weismachen wollte. Die Batteriehaltung muss verboten werden. Sie ist schlicht lebensunwürdig. Ein Huhn braucht Auslauf und muss seinen artgerechten Tätigkeiten nachgehen können, bevor es in den Tellern landet. Ist doch interessant, dass die alten Römer und Griechen bezüglich Tierwohl weiter waren als wir - vielleicht hatten sie noch kein so ausgeprägtes Profitdenken wie wir.
Scheint ein spannende Sache zu sein...danke für den Hinweis.