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16. Februar 2021

Thukydides und die EU

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Thukydides und die EU

Von Reinhard Meier, 20.10.2013

Es schärft den Blick auf die griechische Wirtschaftskrise, wenn man sie dem Elend historischer griechischer Tragödien wie etwa dem Peloponnesischen Krieg gegenüberstellt.

Wer als Tourist zwei, drei Wochen auf dem Peloponnes herumreist, kann auf die Frage, ob bei der griechische Finanz- und Wirtschaftskrise das Schlimmste überstanden ist, keine verlässliche Antwort geben. Die Stimmung ist nicht optimistisch, aber auch nicht tief verzweifelt.  Nacktes Elend bekommt man kaum zu sehen. Infrastrukturen wie etwa die Autostrassen sind überraschend modern und grosszügig – wohl nicht zuletzt dank EU-Subventionen.

Als Tourist findet man aber Musse, sich etwas tiefer in bestimmte Kapitel der griechischen Geschichte einzulesen.  Anregend sind zum Beispiel Lektüre-Erfahrungen mit dem berühmten Bericht des antiken Historikers Thukydides über den Peloponnesischen Krieg zwischen Athen und Sparta, der von 431 bis 404 v. Chr. wütete, also nicht weniger als 27 Jahre.  Er beendete die Blüte von Athens klassischem Zeitalter und seiner Demokratie.  Aber auch die Geschichte der griechischen Diktaturen-Regime im 20. Jahrhundert und des grausamen Bürgerkrieges nach dem Zweiten Weltkrieg sind geeignet, die aktuelle Krise in  milderem Lichte zu sehen.

Trotz  den aktuellen wirtschaftlichen Härten scheinen derart zerstörerische Machtkämpfe,  Selbstzerfleischungen und Unterwerfungen unter fremde Eroberer, wie sie sich in der griechischen Geschichte noch und noch abspielten, heutzutage kaum mehr denkbar – vor allem dank der Einbindung in die EU-Gemeinschaft.  Der hellsichtige Thukydides, der die Gräuel im peloponnesischen Krieg selber miterlebt hat, würde  die jetzige griechische Wirtschaftskrise gewiss als vergleichsweise erträgliches Übel einstufen.

Die Meinung der Meinungsmacher mitmachen ? Mitnichten.

Gegen eine derartige Schönfärberei des hellenistischen status quo
verwahre ich mich, zusammen mit Millionen von erwerbslosen Griechen.

Sage ich schon seit 3 Jahren. Der Blick auf die Kriese 431-404 v.Chr relativiert die ganzen Hiobsbotschaften von den Wirtschaftsauguren und lässt ein Silberstreifen Hoffnung am Horizont erkennen.

Schön. Friede, Freude, Eierkuchen. Es lebe die EU-Begeisterung !

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