Ungedeckte Checks
Über 19'000 Überseeccontainer passen auf den zurzeit grössten Carrier, der vierhundert Meter lang und sechzig breit ist. Entgegen der Kritik aus Umweltschutz-Kreisen wird man die Elbe tiefer und breiter ausbaggern, damit solche Ungetüme den Hamburger Hafen anfahren können. Bereits werden Frachter geplant, die 24'000 Container aufnehmen werden. Trotz weltweiten Überkapazitäten geben Reedereien immer grössere Schiffe in Auftrag, um im Verdrängungswettbewerb um tiefste Frachtkosten mithalten zu können. Der ungebremste Grössenwettlauf der Carrier löst bei Betreibern von Terminals unverhältnismässige Folgekosten aus, was aber auf deren Verursacher keinen Einfluss hat. Niemand behält die Kontrolle über die gewaltigen globalen Marktkräfte.
Wenn jeder auf den eigenen Vorteil schaut, profitieren alle, so der geniale Grundgedanke der freien Marktwirtschaft. Als Adam Smith ihn formulierte, hatte er allerdings überschaubare Märkte vor Augen: Seine Beispiele waren die örtlichen Metzger, Brauer und Bäcker. Und heute? Fliessbandarbeiter bei chinesischen Apple-Zulieferern und Näherinnen in den Textilfabriken von Bangladesh sind nicht aktiv am Markt beteiligt. Folgen ökologischer Rücksichtslosigkeit und zukünftige Schäden heutigen Raubbaus kommen in den wirtschaftlichen Kalkulationen nicht vor. Und die Schuldenwirtschaft verlegt Lasten in die Zukunft, ohne sie abzusichern. Was grossspurig «globale Wirtschaft» heisst, ist in Wirklichkeit ein Bild, das viele und vieles ausblendet.
Erst wenn die heute niedergehaltenen Arbeiterinnen und Arbeiter ihre Rechte einfordern können, erst wenn verleugnete Neben- und Spätwirkungen in die Rechnungen einfliessen und von Wirtschaft und Konsumenten abgegolten werden: dann erst können wir mit Recht von globaler Ökonomie reden. Und die wird dann vielleicht tatsächlich, wie längst versprochen, zum Vorteil aller gereichen.
Endlich mal der Versuch einer "wahren" Kosten- Nutzen-Rechnung. Nur der Titel ist etwas gar optimistisch: der Check ist ja noch nicht mal ausgestellt, wie will er dann ungedeckt sein?
Erst wenn dieses Denken einsetzt und der Konsument auch bereit ist den Preis dafür zu bezahlen, erst dann kommt der Check ins Spiel. Aber der Konsument hört die Klageschrei der Arbeiter in Bangladesh und China ja nicht - ist ja auch sehr weit weg. Es gibt zwar Blut-Diamanten - wann wohl realisiert jemand die Blut-Befleckten Artikel der erwähnten Arbeiter in China und Bangladesh?
Wenn mir jemand ganz stolz sein iPhone oder so zeigt, gucke ich es mal ganz genau an und frage dann: hast Du das Blut das daran klebt abgewischt? Die Reaktion ist dann jeweils ein sehr beklommener Gesichtsausdruck, auch wenn er schnell wieder vergeht. Aber immerhin, die Message ist angekommen. Wie heisst es so treffend: steter Tropfen höhlt den Stein - und die Hoffnung stirbt zuletzt.