Vom Sterben in Würde

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Vom Sterben in Würde

Von Klara Obermüller, 12.11.2015

Vergangene Woche hat der deutsche Bundestag „gewerbsmässige Sterbehilfe“ unter Strafe gestellt.

Diese Entscheidung hat Folgen für die Ärzteschaft, aber auch für Sterbehilfe-Organisationen in der Schweiz.

Um es gleich vorweg zu nehmen: Ich bin nicht Mitglied bei Exit“ und habe auch nicht vor, es zu werden. Ich habe andere Vorstellungen von einem Sterben in Würde, als es von der Sterbehilfe-Organisation in ihrer aktuellen Inserate-Kampagne propagiert wird.

Gleichwohl bin ich froh wegen der liberalen Haltung der Schweiz gegenüber der Sterbehilfe, insbesondere gegenüber dem ärztlich assistierten Suizid. Wie ein Mensch sein Leben beschliessen will, ist letztlich eine persönliche Angelegenheit. Da sollte der Staat sich raushalten, finde ich. Und ich bin auch der Meinung dass jeder Arzt selbst darüber entscheiden können sollte, ob er Suizid-Beihilfe leisten will oder nicht. Auch dies ist eine Gewissensentscheidung, die ihm niemand abnehmen kann – auch nicht die Ärztekammern, die in Deutschland erst noch je nach Bundesland eine unterschiedliche Praxis verfolgen.

Aus diesen Überlegungen heraus finde ich den Beschluss des deutschen Bundestages falsch. Der Begriff „gewerbsmässige Sterbehilfe“ ist unscharf und schafft Rechtsunsicherheit. Ärzte, die weiterhin Suizid-Beihilfe leisten, werden unter Umständen kriminalisiert. Und der Druck auf schweizerische Sterbehilfe-Organisationen wird zunehmen. Schon jetzt kursiert in England der Begriff „Going to Switzerland“ als Umschreibung für die Reise Sterbewilliger in die Schweiz. Noch beschränkt der Verein „Exit“ seine Dienstleistungen auf Schweizer Bürger und in der Schweiz wohnhafte Ausländer. Noch muss eine schwere, zum Tode führende Krankheit vorliegen, damit Sterbehilfe möglich ist. Aber wie lange noch? Andere Organisationen sind da weit weniger restriktiv und leisten damit jetzt schon einem eigentlichen Sterbetourismus in die Schweiz Vorschub.

Nach der Entscheidung des deutschen Bundestages wird dieser Trend aller Wahrscheinlichkeit nach zunehmen und schweizerische Sterbehilfe-Organisationen ethisch wie juristisch in Bedrängnis bringen. Deutschland hingegen hat das aus historischen Gründen brisante Problem nicht gelöst, sondern lediglich in seine Nachbarländer Schweiz und Holland ausgelagert. Das ist stossend.

Christen ohne Meinung?
Hier bei diesem Thema hätte ich einen Sturm erwartet. Ein dafür oder dagegen! Typisch für unsere Zeit, sich ja nicht aus dem Fenster lehnen. Sich zu entfalten würde ja bedeuten seine Meinung kundzutun! Frei und individuell sich zu äussern. Genauer gesagt in vielen Bereichen des Lebens wagen wir es seit langem nicht mehr, bleiben gefaltet. Gefaltet durch Meinungsdogmen. Gesellschaftlich bedingten, von Ängsten gesteuerten und durch Medien ständig untermauerten Kampagnen : wir sagen euch was ihr zu denken habt und was ihr als gemeisselt anerkennen müsst. Also bleiben wir gefaltet. Gefaltetes aber erstickt, macht krank und ruft irgendwann wirklich nach Sterbehilfe. Nun meine eigene Ansicht! Sterbehilfe gehört in die Hand von Ärzten, Ärzte die dem Eid verpflichtet sind. OK? ..cathari

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