Zusammenarbeit? Geht doch!

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Zusammenarbeit? Geht doch!

Von Urs Meier, 03.02.2020

Ein neuer Krankheitserreger ist auf dem Weg zu globaler Verbreitung. Die Weltgemeinschaft reagiert schnell und kompetent.

Das Coronavirus 2019-nCoV löst weltweit Sorge und Beunruhigung aus. In einer solchen Situation kann es offenkundig nicht ausbleiben, dass Panikmache betrieben wird. Dass Social Media mit ihrer auf Erregung angelegten Charakteristik auch in diesem Fall bevorzugt den wildesten Verschwörungstheorien Resonanz verschaffen, überrascht nicht. Wenn aber selbst ein als seriös firmierendes Medium wie das ZDF zu dem Thema einen dubiosen Panikmacher talken lässt, muss man sich doch wundern.

Dabei rechtfertigt der bisherige Verlauf der Epidemie keinerlei Panik. 15'000 Infizierte und 300 an der Krankheit Gestorbene (Stand 2.2.2020) sind, im Weltmassstab betrachtet, fast schon unerheblich. Die Menschheit leidet unter ganz anderen Geisseln wie Malaria oder Fettleibigkeit. Anlass zu erhöhter Wachsamkeit bei 2019-nCoV gibt allein der Umstand, dass es sich um einen neuen Erreger handelt, der noch zu wenig erforscht ist und gegen den es derzeit keinen Impfstoff gibt.

Seit Menschen reisen, sind Seuchen immer wieder um die Welt gegangen. Entsprechend haben Pest, Masern, Spanische Grippe und HIV in der Geschichte ihre Verheerungen angerichtet. Mit der Schnelligkeit und Allgemeinheit heutigen Reisens hat sich allerdings das Verbreitungspotenzial von Erregern enorm erhöht. Eine Abschottung ist ohne rigorose Massnahmen nicht möglich. Wie drastisch diese sein müssen, zeigt momentan die totale Abriegelung von 17 Grossstädten in der chinesischen Provinz Hubei. 

Soweit man es im Augenblick beurteilen kann, wird die 2019-nCoV-Krise geradezu lehrbuchmässig aufgefangen. Die chinesischen Behörden haben sich nach kurzem Zögern zu transparentem und energischem Vorgehen entschieden. Peter Achten hat im Journal 21 darüber berichtet. Die Weltgesundheitsorganisation WHO gibt laufend Lagebeurteilungen heraus, koordiniert die Forschung und sorgt für Informationsaustausch mit nationalen Behörden. In europäischen Ländern sind Vorkehrungen getroffen worden für die Isolation und Behandlung von Infizierten. Und – ganz wichtig! – die Öffentlichkeit wird über die Krankheit aufgeklärt und laufend sachlich informiert.

Dies ist in der Tat das Gute an der Geschichte: Die weltweite Zusammenarbeit funktioniert. Zumindest die entwickelten Staaten und die zuständige supranationale Fachorganisation bewegen sich auf der Höhe der Anforderungen. Der Fall 2019-nCoV zeigt: Wo die Einsicht in die Notwendigkeit gemeinsamen Vorgehens und die dazu nötigen Fähigkeiten vorhanden sind, da wird effektiv kooperiert, und zwar rasch, gründlich und – wie man hoffen darf – auch erfolgreich.

Es ist löblich, dass sich die Weltgemeinschaft für einmal als solche handlungsfähig zeigt. In der Tat haben die Chinesen schnell und transparent informiert und die nötigen Massnahmen getroffen. Sie haben der Welt gezeigt, dass sie als zukünftige "Number One" der Weltgemeinschaft ihre Verantwortung wahrnehmen. Dies hat aber auch, oder insbesondere, wirtschaftliche Gründe. Die Chinesen, sowie viele andere Staaten, wollen mit aller Macht einen wirtschaftlichen Einbruch vermeiden, wobei sich dieser, je nach Dauer des Erregers, dennoch einstellen könnte. Wenn es darum geht, die wirtschaftlichen Einbussen so klein wie möglich zu halten, hat es die Weltgemeinschaft noch immer geschafft, innert nützlicher Frist zu handeln. Anders sieht es bei der Klimakrise aus: Hier müsste das Wirtschaftswachstum gedrosselt werden oder zumindest qualitativen Ansprüchen genügen. Doch wer will dies schon? Eben: Darum wird leider viel zu wenig gemacht und die Weltgemeinschaft ist ein zerstrittener Haufen.

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