Leander Haußmann: Herr Lehmann mit Christian Ulmen, Katja Danowski, Detlev Buck u. a. |
Leander Haußmann: Herr Lehmann |
Inhaltsangabe:
Berlin-Kreuzberg SO 36 im Herbst 1989. Obwohl es ihm missfällt, wird Frank Lehmann (Christian Ulmen) von seinen Duzfreunden "Herr Lehmann" gerufen. Als er in seiner Stammkneipe "Markthalle" vormittags um 11 Uhr statt eines Frühstücks einen Schweinebraten verlangt, wagt der mit ihm befreundete erfolglose Künstler und Kellner Karl (Detlev Buck) es nicht, die Bestellung an die Küche weiterzugeben. Stattdessen holt er die resolute neue Köchin Katrin (Katja Danowski), damit "Herr Lehmann" selbst mit ihr reden kann. So lernen die beiden sich kennen – und schlafen bald darauf miteinander. |
Filmkritik:
Für die Verfilmung seines Kultromans "Herr Lehmann" (Eichborn Berlin Verlag, Berlin 2001) durch Leander Haußmann schrieb Sven Regener selbst das Drehbuch und wurde dafür im Mai 2004 mit dem Deutschen Filmpreis ("Lola") ausgezeichnet. Der Nachthimmel, der ganz frei von Wolken war, wies in der Ferne, über Ostberlin, schon einen hellen Schimmer auf, als Frank Lehmann, den sie neuerdings nur noch Herr Lehmann nannten, weil sich herumgesprochen hatte, dass er bald dreißig Jahre alt werden würde, quer über den Lausitzer Platz nach Hause ging. Er war müde und abgestumpft, er kam von der Arbeit im Einfall, einer Kneipe in der Wiener Straße, und es war spät geworden. Das war kein guter Abend, dachte Herr Lehmann, als er von der westlichen Seite her den Lausitzer Platz betrat, mit Erwin zu arbeiten macht keinen Spaß, dachte er, Erwin ist ein Idiot, alle Kneipenbesitzer sind Idioten, dachte Herr Lehmann, als er an der großen, den ganzen Platz beherrschenden Kirche vorbeikam. Ich hätte die Schnäpse nicht trinken sollen, dachte Herr Lehmann, Erwin hin, Erwin her, ich hätte sie nicht trinken sollen, dachte er, als sich sein Blick zerstreut in den Maschen der hohen Umzäunung des Bolzplatzes verfing. Er ging nicht schnell, die Beine waren ihm schwer von der Arbeit und vom Alkohol. Das mit dem Schnaps war Quatsch, dachte Herr Lehmann, Tequila und Fernet, morgen früh wird es mir schlecht gehen, dachte er, Arbeiten und Schnapstrinken verträgt sich nicht, alles, was über Bier hinausgeht, ist falsch, dachte er, und gerade ein Typ wie Erwin sollte seine Angestellten nicht noch zum Schnapstrinken überreden, dachte Herr Lehmann. Er kommt sich noch großzügig dabei vor, wenn er die Leute zum Schnapstrinken überredet, dachte Herr Lehmann, dabei tut er das bloß, um selbst einen Vorwand zum Saufen zu haben, aber andererseits, dachte er, ist es auch nicht richtig, die Verantwortung auf Erwin abzuwälzen, am Ende ist man immer selber schuld, wenn man Schnaps trinkt. (Sven Regener: Herr Lehmann)
Introspektionen wie dieser Romananfang lassen sich im Film nur sehr begrenzt wiedergeben, und es ist schwierig, eine an äußeren Ereignissen arme Handlung zu inszenieren. Darunter leidet der Film "Herr Lehmann", auch wenn die Adaption ansonsten verhältnismäßig eng an der literarischen Vorlage bleibt. Sven Regener und Leander Haußmann haben Episoden zu einer behäbig-melancholischen Komödie über schräge Typen aneinandergereiht, die in der Kreuzberger Kneipentristesse herumhängen und wie "Herr Lehmann" und Karl von ihren Versagensängsten gelähmt werden. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006
Leander Haußmann: Sonnenallee |