Deborah Levy: Heim schwimmen (Roman) |
Deborah Levy: Heim schwimmen |
Inhaltsangabe:
Im Juli 1994 machen Joe und Isabel Jacobs mit ihrer 14-jährigen Tochter Nina Ferien in den Französischen Seealpen. In dem großen Haus, das sie gemietet haben, wohnen in diesem Sommer auch Isabels Freundin Laura und deren Ehemann Mitchell.
Sie waren an die Côte d'Azur gekommen, um der Sinnlosigkeit zu entfliehen, ständig zerbrochenes Glas austauschen zu müssen.
Laura studiert afrikanische Sprachen. Mitchell ist ein Waffennarr. Er hat sogar im Urlaub Pistolen dabei. Außerdem kocht und isst er gern. Joe hält ihn für zu konventionell und kann ihn nicht leiden. Die Abneigung beruht auf Gegenseitigkeit. Wie war es ihr gelungen, sich so viel Schönheit unter den Nagel zu reißen? Sie gibt sich als Botanikerin aus und behauptet, es habe wohl ein Missverständnis bei den Mietzeiten gegeben. Jürgen, ein vegetarischer Hippie aus Deutschland, der hier als Hausmeister tätig ist, erhält den Auftrag, im Dorf ein Hotelzimmer für Kitty zu finden. Aber bis Donnerstag ist alles ausgebucht. Isabel bietet der Fremden daraufhin ein unbenutztes Zimmer im Haus an, macht sich jedoch nicht die Mühe, ihr Bettwäsche oder wenigstens Kleiderbügel zu bringen. Diese junge Frau war ein Fenster, das nur darauf wartete, dass jemand einstieg. Ein Fenster, das allem Anschein nach ohnehin einen Sprung hatte.
Die misanthropische Nachbarin Madeleine Sheridan, eine ehemalige Ärztin, die in sechs Tagen 80 Jahre alt wird, beobachtet das alles vom Balkon ihres Maison Rose aus. "Mehr als alles andere sind Joes Gedichte für mich ein Zwiegespräch mit mir. Er schreibt über Dinge, über die ich oft nachdenke. Wir stehen in Nervenkontakt."
Joe fällt auf, dass Kittys Hände zittern, und als er sie darauf anspricht, erklärt sie, dass sie das Antidepressivum Seroxat abgesetzt habe. Er war in ihr. Er war per Telepathie in ihren Kopf eingedrungen. Sie nahm seine Gedanken, Gefühle und Absichten wahr.
Jürgen schleift eine Gummipuppe, die einen Außerirdischen darstellen soll, in das einzige Café des Dorfes, das von Claude, dem 23-jährigen Sohn der Besitzerin des Lebensmittelladens, betrieben wird. Er erzählt Claude von dem Film "E. T." und beschreibt, wie der Alien mit dem zehnjährigen Elliott geistig verbunden ist. Mitchell betrachtete die Vierzehnjährige liebevoll. Er begriff, dass sie eifersüchtig war, weil ihr Vater Kitty so viel Aufmerksamkeit schenkte. Wahrscheinlich wünschte sie sich, dass das Mädchen ertrank.
Während eines Ausritts auf Ponys kommen Kitty und die englischen Touristen zu einem Café am See. Auf der Terrasse sitzt Madeleine Sheridan. Kitty führt ihr Pony die drei Betonstufen hinauf und stellt sich vor den Tisch der ehemaligen Ärztin. Während das Pony an Würstchen leckt, nimmt Kitty einen Schluck aus der Kaffeetasse. Sie wirft Madeleine Sheridan vor, sie Katherine zu nennen und beschuldigt sie, dafür gesorgt zu haben, dass sie eingesperrt und dreimal mit Stromschlägen behandelt wurde. Aufgebracht nimmt sie ein Messer vom Tisch und fuchtelt Madeleine Sheridan damit vor dem Hals herum. Es war ein unmöglicher Flirt mit der Katastrophe.
Er küsst Kitty. Dann geht er mit ihr zur Rezeption und lässt sich ein Zimmer geben. Isabel Jacobs mochte Kitty Finch in die Arme ihres lächerlichen Mannes getrieben haben, aber das war ein waghalsiges Manöver, das sie ihre Tochter kosten würde. Ja. Wenn ihr Mann das kranke Mädchen verführte, würde es unmöglich sein, zu ihrem vorherigen Leben zurückzukehren. Isabel müsste ihren Mann dann auffordern, das gemeinsame Haus zu verlassen. Wie eine Attentäterin müsste Nina Jacobs sich entscheiden, welchen Elternteil sie entbehren könnte. War Isabel nicht klar, dass Nina sich bereits an ein Leben ohne ihre Mutter gewöhnt hatte?
Nach der Kopulation stottert Kitty wieder wie zu Beginn, als sie aus dem Pool auftauchte. Weil sie Hunger hat, lädt Joe sie in eine Pizzeria ein. Die Schrift auf seinem Handrücken empfindet er wie ein Brandzeichen.
"Es wäre besser für Isabel, wenn sie nichts davon erführe, was heute Nacht geschehen ist." Joe gibt zu, Kittys Gedicht "heim schwimmen" gelesen zu haben. Sie sei eine unglaublich wortgewaltige Autorin, sagt er.
Mit Kitty Finch so intim zu sein war eine Lust, eine Qual, ein Schock und ein Experiment gewesen, vor allem jedoch ein Fehler. Er bat sie noch einmal, ihn bitte, bitte, wohlbehalten nach Hause zu seiner Frau und seiner Tochter zu bringen.
Wenn Sie noch nicht erfahren möchten, wie es weitergeht,
Als Nina am Samstagmorgen aufwacht, weiß sie sofort, dass nichts mehr so ist, wie es war. Ein gelber Zettel liegt auf dem Kissen. Sie geht zum Pool. Im Wasser treibt nahezu senkrecht ein Mensch. Zunächst glaubt Nina, es handele sich um Kitty, aber dann begreift sie, dass es ihr Vater ist. Sie schreit. Mitchell und Isabel springen in den Pool und holen den Leblosen heraus. Mitchell beginnt mit Wiederbelebungsversuchen, Herzmassage und Mund-zu-Mund-Beatmung. Madeleine Sheridan erteilt Anweisungen. Isabel sucht den Zettel mit den Notrufnummern. Laura hat das gelbe Blatt in der Hand. Mit den Rettungskräften trifft auch die Polizei ein. Als Joe auf der Trage liegt, fällt Isabels Blick auf seinen Handrücken und sie wundert sich, warum er sich ES REGNET in die Haut tätowiert hat. |
Buchbesprechung:
Laura und Mitchell sind überschuldet und ihre Ehe ist ebenso am Ende wie die von Joe und Isabel, mit denen sie sich im Sommerurlaub 1994 ein Haus in den Französischen Seealpen teilen. Die Kriegsberichterstatterin Isabel will sich von ihrem notorisch untreuen Ehemann scheiden lassen, und als während der Ferien die junge Stalkerin Kitty auftaucht, lädt sie diese zum Bleiben ein, wohl wissend, dass Joe der Versuchung nicht widerstehen kann. Isabel versucht, die Fäden zu ziehen, aber am Ende verliert sie die Kontrolle über die Ereignisse. Ein Swimmingpool war nichts weiter als ein Loch in der Erde. Ein mit Wasser gefülltes Grab.
Die Figuren in "Heim schwimmen" kommen nicht von ihrer Vergangenheit los. Eklatant ist das bei Joe. Deborah Levy versetzt sich abwechselnd in die verschiedenen Charaktere, lässt uns ihre Gedanken, Erinnerungen, Träume und Imaginationen miterleben. In kurzen, rasch skizzierten Szenen treibt Deborah Levy die Handlung voran. Claude hörte die Stimme von Rita Dwighter aus dem Hörer tropfen und in einer Wolke aus Haschischrauch verschwinden. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2013 |