Patrick Modiano: Ein so junger Hund (Roman) |
Patrick Modiano: Ein so junger Hund |
Inhaltsangabe:
Der Ich-Erzähler, ein Schriftsteller, dessen Namen wir nicht erfahren, erinnert sich im April 1992 an seine Begegnung mit dem Fotografen Francis Jansen im Frühjahr 1964 in Paris. Als er damals, als 19-Jähriger, mit seiner Freundin in einem Café saß, wurden sie von dem Künstler fotografiert, der ohne besonderen Eifer für eine amerikanische Illustrierte arbeitete, die eine Reportage über die Jugend von Paris plante. So lernten sich die beiden Männer kennen. Seinen Vater hat er kaum gekannt. Seine Mutter und er besaßen die italienische Staatsbürgerschaft. Nach einigen Studienjahren in Brüssel verließ er 1938 Belgien und ging nach Paris. Dort arbeitete er als Assistent einiger Fotografen, und er machte die Bekanntschaft von Robert Capa. Der nahm ihn im Januar 1939 mit nach Barcelona und Figueras, von wo aus sie den Exodus der Spanienflüchtlinge zur französischen Grenze mitmachten. Im Juli des gleichen Jahres folgte er mit Capa der Tour de France. Als der Krieg erklärt wurde, schlug Capa ihm vor, in die USA zu gehen, und besorgte zwei Visa.
Trotz seiner jüdischen Herkunft entschloss Jansen sich 1939, in Frankreich zu bleiben, statt mit Robert Capa nach Amerika zu emigrieren. Er wurde im Durchgangslager Drancy interniert, bis es dem italienischen Konsulat gelang, ihn freizubekommen. Daraufhin lebte Jansen einige Jahre in den Savoyer Alpen. Nach dem Zweiten Weltkrieg kehrte er nach Paris zurück, traf sich erneut mit Robert Capa und fotografierte im August 1945 mit ihm in Berlin. "Die Kleine ist ja sehr nett", sagte er zu mir, "aber ich könnte ihr Vater sein …" Colette war Mitte 20. Sie kannte Francis Jansen seit einem halben Jahr. Als der Erzähler Licht machen wollte, hielt sie ihn davon ab: "Ich lebe mit einem Mann zusammen, der sehr eifersüchtig ist, und es besteht die Gefahr, dass er hier klingelt, wenn er Licht sieht …"
Nicole war mit einem zehn Jahre älteren, gewalttätigen Pantomimen verheiratet. Wie immer habe ich die Tür mit meinem Schlüssel geöffnet. Die drei Koffer waren ebenso verschwunden wie das Foto von Colette Laurent und das von Jansen und Robert Capa, die an der Wand gehangen hatten. Der Erzähler vermutet, dass Jansen nach Mexiko auswanderte, aber er hat nie wieder etwas von ihm gehört. Vor etwa 15 Jahren stieß er durch Zufall auf eine alte Visitenkarte von Henri de Meyendorff. In der Hoffnung, doch noch etwas über den Verbleib Francis Jansens zu erfahren, ging er zu der angegebenen Adresse in Paris, aber den Namen Meyendorff kannte dort niemand mehr. Und das Landhaus "Le Moulin" in Fossombrone, das der Erzähler dann aufsuchte, war seit Jahren unbewohnt. Eine Nachbarin vermutete, dass die Besitzer in den USA lebten. Genau hier hatte Jansen das Foto von Colette Laurent und den Meyendorffs gemacht. Ich hatte die Platanen wiedererkannt und rechter Hand den steinernen, efeubekränzten Brunnen. In das rote Heft hatte ich notiert: "Foto mit den Meyendorffs und Colette Laurent in Fossombrone." |
Buchbesprechung:
Ein namensloser Ich-Erzähler blickt in dem melancholischen, elegant geschriebenen Roman "Ein so junger Hund" nach 28 Jahren auf seine Begegnung mit dem Fotografen Francis Jansen im Frühjahr 1964 in Paris zurück. Er ist genauso alt wie Patrick Modiano, und wir erfahren, dass er drei Jahre später einen Verlag für sein erstes Buch fand. (Patrick Modianos Debütroman "Place de l'Étoile" erschien 1968.)
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2015
Patrick Modiano (Kurzbiografie / Bibliografie) |