Leseprobe
„Ich meine, es klingt tatsächlich blöd, wenn einer sagt: Ich will erwachsen werden. Oder: Ich glaube, jetzt bin ich erwachsen. (…) Meine Meinung ist, man lernt die Welt immer besser kennen, trotzdem wird das Staunen größer, nicht kleiner. Und auch die Ungewissheit wird größer, nicht kleiner. Je mehr Ungewissheit, desto älter fühle ich mich. Kinder können mit Ungewissheit nichts anfangen, sie sind herrisch und rechthaberisch. Ich glaube, wenn Erwachsene darüber reden, dass sie sich das Kindliche bewahren wollen, den Kinderblick, dann deshalb, weil sie gerne herrisch und rechthaberisch sind, gegen alle Ungewissheit. Die Großartigkeit des Kinderblicks ...? Pff! Das Kind entdeckt eine Schwachstelle und sagt: Du fettes Schwein! Dann ist es zufrieden. (…) Das rätselhafte Leben würde noch rätselhafter, wenn der Höhepunkt ausgerechnet am Anfang gewesen sein soll. Für mich eine Horrorvorstellung. Ganz so absurd scheint das Leben aber nicht eingerichtet zu sein. Deshalb wollte ich rasch erwachsen werden.“ (52 ff.)
© 2015 Hanser Verlag, München.