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Leseprobe: Ernst Krenek - "Im Atem der Zeit."

(Über Karl Kraus) Ich bemerkte, daß er wirklich unglücklich werden und über die Moral eines Kellners nachdenken konnte, der vergessen hatte, ihm eine bestimmte Zeitung an den Tisch zu bringen, oblgeich er vorbehaltlos versprochen hatte, das zu tun. Für Kraus war ein Versprechen ein Versprechen, so gut wie ein Eid [...]. Später einmal, während die japanische Invasion in China gerade Schlagzeilen machte, fand ich Kraus allein an seinem Tisch im "Parsifal" sitzen, wo er die Fahnenkorrektur für "Die Fackel" las und über ein Komma nachdachte. Er war milde gestimmt und sagte etwa: "Ich weiß, daß die Leute glauben, ich sei verrückt, weil ich in Zeiten wie diesen so etwas mache. Aber ich sage Ihnen: Wenn jeder sich seiner Sache so gewissenhaft und verantwortungsvoll annähme wie ich, würde Shangai heute abend nicht brennen." (S. 750)

Wenn ich von Österreich spreche oder daran denke, meine ich zweierlei: das gegenwärtige Staatsgebiet, wie es 1918 festgelegt wurde, und die Idee des übernationalen Reiches, die eine ganz andere, historisch bedingte, theoretische Vorstellung ist. Das wirkliche Österreich ist für mich etwas unendlich Liebenswertes, Zerbrechliches, dessen Unternehmungen und Leistungen mich jedesmal erstaunen und mit Stolz erfüllen, so wie man ein krankes Kind bewundert, wenn es seine Suppe essen kann. Zugleich macht es mich sehr böse und ungeduldig und weckt Verachtung und Wut in mir, wenn ich sehe, daß es keineswegs fein und zart ist, sondern voller Idioten und Gauner. (S. 965)

In meiner frühen Schulzeit spielte ich mit dem Gedanken, der nächste große Symphoniker nach Mahler zu werden, aber sehr schnell verlor ich dieses Programm aus den Augen, und sobald mir bewußt wurde, mit welcher Leichtigkeit ich zu komponieren vermochte, ließ ich mich von jedem wie auch immer gearteten Projekt verführen. Ich glaube, aus diesen Aufzeichnungen ist bereits deutlich geworden, daß ich mich seit jeher mit Hindemith verglichen habe. [..] Heute frißt mich offen gestanden der Neid angesichts dessen, was Hindemith in dieser Welt erreicht hat, weil er es auf genau demselben Gebiet leistete, auf dem ich nach Lorbeeren strebte. Der ungeheure praktische Erfolg Kurt Weills berührte mich nie in derselben Weise, weil er auf einem ganz anderen Teil des Schlachtfelds aktiv war. Die Tatsache, daß Jonny spielt auf in die gleich Richtung tendierte, erschien mir als reiner Zufall. (S. 967)

© 1998, Hoffmann und Campe, Hamburg.
Publikation mit freundlicher Genehmigung des Verlags.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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