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Joesi Prokopetz: Lachenistgesundichlachmichkrank

Live-Mitschnitt vom 4. August 2002; Original Wiener Stegreifbühne vormals Tschauner, 1160 Wien
Spielzeit: 69:23 Min.
ISBN 3-7085-0029-6
Preiser Records 2002

Joesi Prokopetz zählt zu den erfolgreichsten Autoren und Textern des Landes. In den 70er Jahren schrieb er etwa die Texte zu den heute legendären Hits von Wolfgang Ambros wie "Da Hofa", "Es lebe der Zentralfriedhof" und "Blume aus dem Gemeindebau". Auch weitere Größen des Austropop, wie Stefanie Werger, Wilfried und Rainhard Fendrich, verdanken so manchen Liedtext der begnadeten Sprachbegabung und dem unnachahmlichen Wortwitz des Wieners.
Mit DÖF landete Prokopetz an der Seite des Kabarettisten Manfred Tauchen und der Berliner Sängerin Annette Humpe in den 80er Jahren den europaweiten Hit "Codo". Anfang der 90er Jahre wechselte Prokopetz als Solo-Kabarettist auf die Bretter der Kleinkunstbühnen, und mit der Kunstfigur "Alfons Rädl" - einem Stammtischtheoretiker und Personifikation österreichischer Unzulänglichkeiten - avancierte er zu den absoluten Bestsellern der österreichischen Kabarettszene. Seine Programme schöpfen stets aus der Reichhaltigkeit des Minimalismus und bieten unglaubliche und doch wahre Einblicke in österreichische Befindlichkeiten. So auch sein bei Preiser Records verlegtes Programm "Lachenistgesundichlachmichkrank".

Ob es in einem Gasthaus an der Wiener Peripherie eine Stammtischrunde ist, die einander Sprachfragmente zubellt, oder die Furcht eines Orientierungslosen vor Wegbeschreibungen wie: "Schaun'S, drahn'S um, und dann immer geradeaus, immer geradeaus auf die Hauptstraß'n. Das können Sie gar nicht verfehlen." Prokopetz erweist sich auch in diesem Programm als genauer Beobachter und origineller Interpret der Eigenarten und Absurditäten seiner Umwelt. Die große Stärke des Kabarettisten liegt zweifelsohne in seinem Gespür für die Feinheiten unserer Sprache - insbesondere sein Gespür für das Unverbindliche der Sprache, das eine Facette des österreichischen Wesens an sich zu sein scheint. Denn "daß ein Weg breit ist, wenn er lang ist, wundert heutzutage keinen mehr, und daß man endlos wartet und ewig nicht drankommt, auch daran hat man sich gewöhnt. Ja selbst, daß jemand bei einem auf einen Hupfer vorbeischaut und nur fünf Minuten bleibt, stört selbst nach zwei Stunden noch niemanden. Etwas schwieriger wird es dann, wenn man nur um ein Äuzerl danebenliegt. Kann man auch um zwei Äuzerln danebenliegen? Waren in grauer Vorzeit zehn Äuzerln ein Alz? Und wenn etwas um hundert Alz verfehlt wurde, kann man dann schon von um ein Haus reden? Und ab wann darf man mit einer wegwerfenden Handbewegung ausrufen: No, um Eckhäuser daneben, um Eckhäuser!"
Die österreichische Seele neigt aber auch dazu, alles was groß, häßlich oder ungesund ist, beschönigend zu verkleinern. Da wird ein Vollrausch zum Rauscherl oder gar zum Spitzerl, weil man ja bloß ein Schluckerl getrunken hat. "Die größte Sau ist ein Schweinderl, und wenn jemand seine Zähne ins Fleisch eines Stelzenknochens schlägt, so tut er Beindi abnagen. Ein ausufernder Hintern kann ohne weiteres ein Popscherl sein, und selbst ein ausgewachsener Furz wird als Putschi geradezu verhätschelt."

Das Highlight dieser CD ist - zumindest für den Rezensenten - das Stück "Wienerisch für Österreicher", in dem der Künstler dem höchst interessanten Aspekt der wenngleich weitschichtigen Verwandtschaft des Wienerischen zu für uns so exotischen Sprachen wie beispielsweise dem Chinesischen, wo ein und dasselbe Wort durch Aussprache in unterschiedlichen Tonhöhen andere Bedeutungen erlangt, nachgeht. Im Wienerischen sind es im Gegensatz zum Chinesischen keine richtigen Worte, sondern ein- bis maximal zweisilbige Ausrufe, die durch entsprechende emotionale Färbung in der Stimme und unterstützenden Gesten ihren jeweiligen Sinn erhalten. Eindrucksvoll demonstriert der Künstler in dieser Nummer den HörerInnen, daß mit "no, na, net, geh und kum" in Wien tatsächlich ganze Unterhaltungen geführt werden (können).

Die Themen, deren sich Joesi Prokopetz annimmt, sind keine neuen. Man hat das Gefühl, so manches schon irgendwoher zu kennen. Anleihen nimmt der Kabarettist in seinem Programm u. a. bei Ernst Jandl und Kurt Tucholsky. Mit seiner außergewöhnlich patenten Vortragskunst versteht er es jedoch, das Publikum immer aufs neue mitzureißen. Zum Beispiel wird der Kanon politisch korrekter Sprache von Prokopetz dahingehend bereichert, daß eben "politisch korrekt" ein dicker Mensch keine "blade Sau, sondern ein horizontal Herausgeforderter" und "eine Frau nicht häßlich, sondern kosmetisch verschieden" ist.
Daß die oft auch derben Kurzgeschichten nicht jedermanns Geschmack entsprechen, ändert nichts an der Qualität der ironischen, humorigen und menschlichen Schilderungen des Allzu-Österreichischen. Und wenn man sich beim Hören der zehn Satiren nicht tot-, sondern dem Titel des Programms gemäß bloß kranklacht, liegt das wohl an der Tatsache, daß der kurzweilige Genuß dieser CD leider nach nicht ganz 70 Minuten wieder vorbei ist.

Originalbeitrag

Michael Hansel
7. Juli 2003

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