„Gruppensex“ steht in wuchtigen Lettern über dem Kinoportal. Schlauer Titel, registriert Christoph. Kluger Produzent. Schließlich handelt es sich hier nicht um einen Schmuddelporno, sondern um einen Artfilm, von einem sogar international angesehenen, heimischen Regisseur. Das will was heißen. Und dort will er hin.
Das Kino ist zum Brechen voll. Es ist unerträglich heiß. Den meisten, die sich hier aneinanderdrängen, steht der Schweiß auf der Stirn. Die einen vibrieren herausgeputzt in alle Richtungen, die anderen erstarren in coolem Understatement. Alle schwitzen. Die ganze Veranstaltung ist in erster Linie ein Branchentreff. Wer ist da? Wie viele sind da? Und vor allem, wer ist mit wem da?
Christoph schiebt sich zwischen den heißen Körpern Richtung Kinosaal und findet sich plötzlich, völlig unerwartet, ganz in der Nähe des Objekts seiner Begierde wieder. Der Produzent, der weiß, wie man die Leute ins Kino bringt, lacht ihn an. Ihn? Christoph, einen unbekannten Autor? Das muss…das muss ein Irrtum sein, dreht sich Christoph beinahe geschockt um, und hinter ihm wird auch schon zurückgelächelt, ein junger, viel jüngerer Typ mit Brille, winkt dem Produzenten verschwörerisch zu. Ganz trocken. Null Angstschweiß.
Den ganzen Film über ärgert sich Christoph über die verpasste Gelegenheit. Gangbang, Orgien und Swingerparty, das ganze Drunter und Drüber auf der Leinwand lassen ihn kalt. Er muss an diesen Produzenten ran, deswegen ist er hergekommen.
(S. 65, 66)
© 2012 Milena Verlag, Wien.