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Wolfgang Hermann: Abschied ohne Ende.

VOM GARTEN GING EIN EIGENES LICHT AUS, als
leuchte jedes einzelne Blatt von innen. In den
Baumkronen und Büschen öffneten sich Zwischenräume,
die den Sommer über verborgen waren.
Über allem lag ein Zögern, eine Langsamkeit, als
wäre sich alles Leben seiner Schwäche bewusst.
Wenn das Sommerlicht einmal gebrochen war,
kehrte es nicht mehr zurück. Es erhöhte sich, stieg
mehr und mehr auf, strahlte noch einmal in aller
wie aus dem Hohen Norden kommenden Kraft,
ehe es sich von der Erde zurückzog und dem Novembergrau
Platz machte. Im Novemberlicht waren
die Dinge stumpf, verloren ihre Konturen, bereiteten
sich auf ein langes inneres Exil vor, das eine Zeitlang
noch aus der Erinnerung an das Sommerlicht
lebte.
Die Menschen hatten einen anderen Schritt, irgendwie
wissender, vorsichtiger. Als wüssten ihre
Körper mehr als sie.

Das schwindende Licht ließ auch das Leben in mir
leiser werden. In den ersten Wochen, ehe ich mich
an den heraufziehenden Winter gewöhnt hatte, er-
griff mich Ratlosigkeit, ich wusste nicht, wohin
mich wenden, was tun, um mich nicht selbst aus
den Augen zu verlieren. Doch mit den grauschwarzen
Novembertagen stieg auch etwas von der Kinderlust
an den frühdunklen Winterabenden in mir
auf.

Das war, bevor die Zeit starb. Es war wie das Fallen
eines Blattes, nur dass weder das Blatt noch die Leere,
in die es fiel, existierten.
Was in mir welkte, war mein Leben. Seit Fabius’
Tod hatte ich keinen tiefen Atemzug mehr getan.
Die Tage waren ohne Licht, auch wenn irgendwo da
draußen die Sonne scheinen mochte. Sie mochte
scheinen, aber sie war von der Erde verschluckt.

Das Leben ist wie eine Flüssigkeit. Ohne Hoffnung
stockt sie und verliert jedes Licht.
Eine große Dunkelheit legte sich um mich. Etwas
Uraltes in mir wusste, dass mein Leben vorbei war,
egal was ich auch sagte, um dieses Wissen zu entkräften.
Ich versuchte, an etwas zu denken, was nicht
Dunkelheit war. Die Freuden des Lebens. Welches
waren die Freuden des Lebens? Welchen Lebens?
Wir wussten nicht, was es bedeutet, wenn ein junger
Mensch, eine junge Liebe, eine junge Hoffnung
sterben muss. Wir ahnten den Krater nicht, den ein
solcher Tod schlägt.

(S. 9-11)

© 2012 Langen Müller / Herbig, München

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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