Gert Hofmann: Casanova und die Figurantin (Novelle) |
Gert Hofmann: Casanova und die Figurantinin: Gespräch über Balzacs Pferd. Vier Novellen bzw. Die Fistelstimme |
Inhaltsangabe:
Karl Joseph Fürst von Ligne (1735 - 1814) erzählt dem portugiesischen Gesandten Da Silva in einem Brief von Giacomo Girolamo Casanova und berichtet von einer unheimlichen Begegnung, die dieser gehabt haben soll. Was wir aber gar nicht erzählen wollten, zumal die unheimliche Begegnung ja gar nicht in Genf gewesen ist. (Seite 44) In Straßburg ergeht es Casanova bei dem Advokaten Foscarini nicht sehr viel besser: Der Advokat lässt dem Herrn Casanoa sagen, er ist nicht zu Hause, sagt der Lakai. (Seite 44) Obwohl es mitten in der Nacht ist, bleibt Casanova nichts anderes übrig, als weiterzureisen. Aber nun endlich zur Sache! Die Begegnung, von der hier erzählt werden soll, fand also nicht in Straßburg statt. (Seite 45)
In der Küche des Apothekers Belli fordert Casanova die Köchin Angela Caldi auf, ihre Bluse zu öffnen und ihm ihre Brüste zu zeigen. Weil sie jedoch die Nächte mit dem Koch verbringt und kein Verlangen nach weiteren Liebkosungen hat, schiebt sie Casanova zurück, als dieser sich ihr mit offener Hose zu nähern versucht.
Schade, dass mein Alter und meine Erscheinung es nicht gestatten … Als Casanova im Eifer dieses Gesprächs unachtsam von seinem Sessel aufspringt, knickt er mit dem Fuß um und muss zu seiner Kutsche getragen werden. Doch lassen wir das, und sagen wir nur so viel, dass dies die Begegnung gleichfalls nicht gewesen ist. (Seite 53)
Von Paris reist Casanova über Padua und Ferrara nach Rom. Dort überreicht er dem ebenfalls aus Venedig stammenden Papst Clemens XIII. eine Bittschrift: Man möge seine Verbannung aufheben und ihn in seine Vaterstadt zurückkehren lassen. Aber der Papst schläft während der Audienz ein. Ich weiß, wie alt du bist, sagt die Mutter. Leider siehst du aber noch älter aus, viel älter. (Seite 69) Wegen seiner Zähne, von denen viele nur noch Stummel sind oder ganz fehlen, sind seine Wangen eingefallen. Schon vor zwei Jahren, in Wien, als ich dich sah, habe ich mir gedacht, dass du Schwierigkeiten hast mit dem Gebiss. (Seite 72) Casanova ist überrascht, dass sie ihn vor zwei Jahren in Wien sah. Sie sei damals bei Fürst Kaunitz zum Souper eingeladen gewesen, erzählt sie.
Sag mir das Große, Giacomo, sagt die Mutter und zieht mit ihrer freien Hand einen weiten Kreis, für die Kleinigkeiten habe ich keine Zeit. Sag mir, was du mit deinem Leben im Großen gemacht hast, und ob du glücklich bist. Casanova beruft sich darauf, ständig auf der Flucht gewesen zu sein, aber das lässt seine Mutter nicht gelten. Da versucht er ihr zu erklären, er sei ein Dichter, müsse jedoch nicht, wie Voltaire, etwas auf die Bühne bringen. Für ihn (Casanova) habe es, um ein Dichter zu sein, bis jetzt immer genügt, in jedem Augenblick die Unwirklichkeit seiner Existenz ganz zu empfinden. Er sei, figürlich natürlich, das Kunstwerk immer selber gewesen, aber das verstehe sie wohl nicht. (Seite 78)
Er sei ein lebendes Kunstwerk, kein Schauspieler, und habe seine Fantasie nicht aufs Papiers gegossen, sondern mit ins Leben hineingenommen. Jetzt bin ich nur noch Figurantin, sagt die Mutter, aber früher war ich einmal Schauspielerin. Sogar Tänzerin bin ich einmal gewesen. (Seite 82) Und sie hebt die Röcke an, damit er ihre Beine sehen kann. Zum Beweis, dass sie auch Sängerin war, breitet sie die Arme aus, und singt mit weit geöffnetem Mund. Sodass er bei der Mutter nun nicht nur das unterm Rock, sondern auch das im Rachen kennt. (Seite 83)
Im Morgengrauen, sagt sie, habe sie von ihrem Fenster aus beobachtet, wie er mit einer jungen Frau in seiner Kutsche im Bett lag. Casanova fühlt sich dadurch peinlich berührt, denn die Pocchini kam erst nach langem Zureden und gegen hohe Bezahlung mit, und auch das nur, weil er ihr eingeredet hatte, er brauche zur Linderung starker Schmerzen einen warmen nackten Körper an seiner linken Seite. Und ihre vier Männer seien längst begraben, und ihr einziger Sohn sei so einer wie er, der sich nicht um sie kümmert, sondern vielleicht in die Geschichte eingeht als das größte Ferkel von Europa. (Seite 90) Während Casanova beabsichtigt, mit einem Empfehlungsschreiben des Grafen Scarpi nach Neapel zu fahren, hat seine Mutter in drei Tagen eine Vorstellung in Cremona. |
Buchbesprechung:
"Casanova und die Figurantin" ist eine der vier Novellen, die Gert Hofmann 1981 in dem Band "Gespräch über Balzacs Pferd" veröffentlichte. Bei den anderen drei Novellen
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Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2005
Giacomo Girolamo Casanova (Kurzbiografie) |