Franz Kafka: Der Heizer (Erzählung) |
Franz Kafka: Der Heizer |
Inhaltsangabe:Als der sechzehnjährige Karl Roßmann, der von seinen armen Eltern nach Amerika geschickt worden war, weil ihn ein Dienstmädchen verführt und ein Kind von ihm bekommen hatte, in dem schon langsam gewordenen Schiff in den Hafen von New York einfuhr, erblickt er die schon längst beobachtete Statue der Freiheitsgöttin wie in einem plötzlich stärker gewordenen Sonnenlicht. Ihr Arm mit dem Schwert ragte wie neuerdings empor, und um ihre Gestalt wehten die freien Lüfte. (Seite 5) So beginnt Franz Kafka seine Erzählung "Der Heizer". Johanna Brummer, ein etwa fünfunddreißigjähriges Dienstmädchen, hatte den verwirrten Sechzehnjährigen in ihr Zimmer gezerrt und neun Monate später einen gesunden Jungen geboren, dem sie den Namen Jakob gab. Würgend umarmte sie seinen Hals, und während sie ihn bat, sie zu entkleiden, entkleidete sie in Wirklichkeit ihn und legte ihn in ihr Bett [...] Dann legte sie sich auch zu ihm und wollte irgendwelche Geheimnisse von ihm erfahren, aber er konnte ihr keine sagen, und sie ärgerte sich im Scherz oder Ernst, schüttelte ihn, horchte sein Herz ab, bot ihre Brust zum gleichen Abhorchen hin, wozu sie Karl aber nicht bringen konnte, drückte ihren nackten Bauch an seinen Leib, suchte mit der Hand, so widerlich, dass Karl Kopf und Hals aus dem Kissen herausschüttelte, zwischen seinen Beinen, stieß dann den Bauch einige Male gegen ihn – ihm war, als sei sie ein Teil seiner selbst, und vielleicht aus diesem Grunde hatte ihn eine entsetzliche Hilfsbedürfigkeit ergriffen. Weinend kam er endlich nach vielen Wiedersehenswünschen ihrerseits in sein Bett. (Seite 24)
Wegen des Skandals und um ihn vor Alimente-Forderungen in Sicherheit zu bringen,
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Buchbesprechung:Der sechzehn Jahre alte Karl Roßmann wird von einem Dienstmädchen verführt, von seinen Eltern verstoßen und in New York von einem Onkel aufgenommen – aktiv agiert er nur, als er von sich aus Partei für den Schiffsheizer ergreift, der sich von seinem Vorgesetzten ungerecht behandelt fühlt. Karls Gerechtigkeitsempfinden ist jedoch naiv und unkritisch, denn obwohl ihm die Umstände unvertraut sind, zweifelt er keine Sekunde an der Berechtigung der Beschwerden des Heizers, den er erst seit wenigen Minuten kennt. Euphorisch glaubt er, dass er sich gegenüber dem Kapitän wirksam für den Heizer einsetzt. Wenn ihn doch seine Eltern sehen könnten, wie er in fremden Land vor angesehenen Persönlichkeiten das Gute verfocht und, wenn er es auch noch nicht zum Siege gebracht hatte, so doch zur letzten Eroberung sich vollkommen bereitstellte! (Seite 19)
Am Ende geht er mit seinem Onkel von Bord, ohne die Entscheidung des Kapitäns abzuwarten. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004
Franz Kafka (Kurzbiografie) |