Hartmut Lange: Das Konzert (Novelle) |
Kritik: Die Novelle "Das Konzert" von Hartmut Lange handelt von Schuld und Vergebung im Zusammenhang mit dem Holocaust. Hartmut Lange erzählt die surreale, bestürzende Geschichte in einer bewusst unprätentiösen Weise. ![]() |
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Hartmut Lange: |
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Inhalt: Lange nach dem Zweiten Weltkrieg taucht am jour fixe von Frau Altenschul in Berlin unverhofft der hochbegabte Pianist Rudolf Lewanski auf, der wie die Gastgeberin und ihre anderen Gäste dem Holocaust zum Opfer fiel. Frau Altenschul überredet ihn zu einem Konzert im Charlottenburger Schloss und arrangiert aufgrund des großen Erfolgs ein weiteres Konzert in der Alten Philharmonie. Doch diesmal bleibt Lewanski aus: Statt vor seinen Leidensgefährten spielt er in dieser Nacht in der Neuen Reichskanzlei vor den Mördern ... ![]() |
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Hartmut Lange: Das Konzert |
Inhaltsangabe:Wer unter den Toten Berlins Rang und Namen hatte, wer es überdrüssig war, sich unter die Lebenden zu mischen, wer die Erinnerung an jene Jahre, in denen er sich in der Zeit befand, besonders hochhielt, der bemühte sich früher oder später darum, in den Salon der Frau Altenschul geladen zu werden [...] (Seite 5)
Mit diesen Worten beginnt Hartmut Lange seine Novelle "Das Konzert". "Mein Mann und ich", sagte sie und wies dabei auf eine Stelle des Tisches, die im Dunkeln lag, "mein Mann und ich", wiederholte sie, "sind voller Sorge, dass es Ihnen nicht gelingen könnte, uns zu verzeihen." (Seite 88) Lewanski setzt sich ans Klavier und spielt die E-Dur-Sonate opus 109 von Ludwig van Beethoven, doch mitten im Trillersturm bricht er ab, klappt den Klavierdeckel zu und steht auf: "Litzmannstadt ... Litzmannstadt", wiederholte er. "Ich bitte um Entschuldigung. Sie hören es selbst: Um dies spielen zu können, sollte ich erwachsen sein. Man hat mich zu früh aus dem Leben gerissen." (Seite 91)
Nach diesem Ereignis bleibt Rudolf Lewanski unauffindbar.
"Sehen Sie, es hat doch keinen Zweck, jene Unterscheidung, die wir im Leben treffen, nämlich die zwischen Gut und Böse, im Tode beizubehalten [...] |
Buchbesprechung:
In der Novelle "Das Konzert" denkt Hartmut Lange im Zusammenhang mit dem Holocaust über Schuld und Vergebung nach. Das Geschehene ist nicht wiedergutzumachen;
"Das Konzert" ist eine unglaubliche Geschichte, nicht weil sie im Fantastischen angesiedelt, sondern weil sie überhaupt gelungen ist. Hartmut Langes hohe Sprachkunst, sein philosophischer Geist und seine soziale Fantasie allein erklären das nicht. Es bedurfte auch Langes beharrlicher, und zwar rationaler Versuche, eine Brücke zu schlagen vom Rationalen zum Transzendenten. Der Blick auf das Leben aus der Gleichgültigkeit des Todes gibt dem Irrsinn plötzlich klare Konturen. Warum diese Novelle vor siebzehn Jahren, als sie erschien, wenn schon keine unüberhörbare Bewunderung, nicht einmal Empörung ausgelöst hat, lässt sich schwer verstehen, zumal sie trotz ihrer inhaltlichen und formalen Ungeheuerlichkeit sehr klar, selbstverständlich und schön erzählt ist. (Monika Maron in der Laudatio zur Verleihung des Italo-Svevo-Preises 2003 an Hartmut Lange)
Hartmut Lange erzählt die surreale Geschichte in einer unprätentiösen Weise. Durch die Konzentration auf einige wenige Grundzüge und den Verzicht auf jeden Schnörkel wirkt "Das Konzert" besonders eindringlich und bestürzend. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2007
Holocaust |