Waldtraut Lewin: Federico Ein Roman über Friedrich II. und seine Zeit |
Waldtraut Lewin: Federico.
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Inhaltsangabe:1197 stirbt Friedrichs Vater, der Stauferkaiser Heinrich VI. Die Königin Konstanze hat erfahren, dass ihr Gemahl, Heinrich VI. von Hohenstaufen, gestorben ist, der Sohn des Barbarossa, des Barbaren, des Deutschen, des Insurgenten, des Erbfeindes, elendiglich verreckt an Malaria und Ruhr, verkrümmt inmitten von Erbrochenem und Gestank zwischen den Decken seiner Schiffskajüte, da er ins Heilige Land wollte, zum Kreuzzug gegen die Ungläubigen. (Seite 49) Nach dem Tod ihres verhassten Ehemanns übernimmt Konstanze die Regentschaft für ihren dreijährigen Sohn, um den sie sich bisher wenig gekümmert hat. Sie lässt ihn aus Foligno holen und am Pfingstsonntag 1198 in der Kathedrale von Palermo zum sizilianischen König krönen. Einen Monat vor seinem vierten Geburtstag verliert Federico auch seine Mutter. Papst Innozenz III. übernimmt die Vormund- und Regentschaft – aber gegen die Anarchie in Sizilien kann er wenig ausrichten, und der Waisenknabe bleibt sich zumeist selbst überlassen. Niemand sagt einem, dass das Feuer heiß ist. Wenn man sich verbrannt hat, dann hat man begriffen. (Seite 47) Waldtraut Lewin schildert, wie er einmal aus dem Fenster springt, um es einem Vogel nachzumachen und zu fliegen. Glücklicherweise bremst ein Gestrüpp seinen Sturz ab und er verletzt sich nicht ernsthaft. Der gekrönte Herrscher Siziliens riecht mal nach Fisch, weil er beim Entladen der Boote geholfen hat, und mal nach Ziege, weil er einem Hirten die Herde mit ausgetrieben hat, mal sind seine Hosen voller Teerflecke, weil er bei griechischen Seeleuten das Dichtmachen eines Schiffs nebst einer Handvoll neuer Flüche erlernt hat, und mal hat er die sowieso stets dreckigen Finger voll Splitter, weil er einem Schreiner zur Hand gegangen ist – alles gegen ein Abendessen oder einen Ziegenkäse oder einen Fetzen gebratenes Fleisch, versteht sich. (Seite 104)
Die vermögenden Bürger von Palermo beschließen, dem rex Sicaniae, dux Apuliae und princeps Capuensis reihum Kost und Logis zu bieten, aber die Christen machen sich Sorgen, weil er sich mit arabischen Kindern herumtreibt, regelmäßig beim Betreten oder Verlassen der Kasbah gesehen wird und sich häufig mit Ridwân ibn Shurai trifft,
Konstanze begreift: Die körperliche Vereinigung ist bei ihm ein Vergnügen unter vielen, etwas wie Essen, Jagen, Lesen, Singen, aber kein Weg zu menschlicher Nähe. (Seite 153)
Bald schätzt Federico den klugen Rat seiner Frau auch in politischen Angelegenheiten, und er holt sie wie Imam Shurai und Berardo von Castacca, den Bischof von Bari und Palermo, in den Kronrat. Sie sind vom Hafen her durch die Palmengärten des Parks Gennoard gekommen, vorbei an der lärmerfüllten Vucciria, wo Händler fast alles feilhalten, was es auf Erden gibt, durch die Straßenschluchten, wo an den Ecken Schlangenbeschwörer und Geschichtenerzähler hocken, vorbei an tief verschleierten Frauen und wild gestikulierenden, von Kopf bis Fuß mit Amuletten behangenen Maultiertreibern, an Kirchen, die mit blassroten, bienenkorbähnlichen Kuppeln gekrönt sind, verschreckt vom plötzlich aufgellenden Ruf des Muezzins vom Turm einer Moschee [...] (Seite 242)
Im Palazzo dei Normanni treffen die Gesandten auf prachtvoll gekleidete Sarazenen und christliche Kirchenfürsten. In den folgenden Wochen erfahren die Germanienreisenden auf mannigfaltige Weise, dass Gefahren zwar umsonst sind, dass aber, als künftiger Kaiser der Römer unterwegs zu sein, Unsummen verschlingt. Das genuesische Schiff, das im Hafen von Ostia gechartert wird, nimmt die illustre Gesellschaft gern an Bord, doch erst die Bürgschaft des Alaman da Costa, als eines Landsmannes und der Seefahrt Kundigen, bringt den Capitano dazu, auf sofortige Bezahlung seiner Dienste zu verzichten. In der Tat werden die Kosten für diese Überfahrt dann von den freundlichen Bürgern Pavias übernommen. (Seite 260f)
Am 25. Juli 1215 wird Friedrich II. in Aachen feierlich gekrönt. Als Konstanze im Herbst des folgenden Jahres mit dem fünfjährigen Sohn Heinrich nachkommt, trifft sie auf Alayta, die Mätresse ihres Mannes, die ihm inzwischen bereits zwei Kinder geboren hat: Caterina und Enzio. Konstanze ist klug genug, sich vor Eifersuchtsszenen zu hüten.
"Heinrich, weißt du, wo du bist?" In diesen Jahren ist Bianca Lancia die große Liebe des Kaisers. Auch sie muss damit leben, dass Federico trotz seiner starken Gefühle für sie auch mit seinen anderen Geliebten verkehrt und sich dabei auch gar nichts denkt. Sogar mit ihren Schwestern Giuditta und Isotta ertappt sie ihn. Als sie sich ihm zu entziehen versucht, vergewaltigt er sie.
In der Tat war sie häufig noch länger wach als er, und, aufgestützt auf den Ellenbogen, besah sie im blauen Licht der Nachtlampe ihren Geliebten, die Falten um Augen, Mund und Stirn, das von ersten weißen Fäden durchzogene Haar, schon ein bisschen schütter, den starken Hals, den muskulösen Körper. Sein schönes blondes Geschlecht erschien ihr, wenn es schlief, wie eine Blume, und mit der zärtlichen Heiterkeit einer Mutter, die ihr Kind wiegt, murmelte sie Federico zu: "Schlaf, mein normannischer Leopard, so ist's recht, wach nur nicht auf …"
Bianca bringt einen Sohn Federicos und zwei Töchter zur Welt: Manfred, Konstanze und Violanta.
[Petrus de Vinea:] "Es bedurfte großer Geduld und schrittweisen Vorgehens, um den Imperator mit seiner neuen Rolle vertraut zu machen. Erhabenes, Getragenes lagen diesem blitzschnell Zufahrenden, geistig und leiblich Agilen, Unbeherrschten und Spöttischen sehr wenig. Zum Glück war er von seiner eigenen Größe so überzeugt, dass er sich schließlich auch einreden ließ, dies sei das gebührende Gewand dafür."
Bei einem Jagdausflug Ende November 1250 erkrankt der Kaiser an Ruhr und wird in das nächstgelegene Castel Fiorentino bei Lucera gebracht. Anfang Dezember bessert sich sein Befinden, aber am 13. Dezember – knapp zwei Wochen vor seinem sechsundfünfzigsten Geburtstag – stirbt er in der Kutte des Zisterzienser-Ordens. |
Buchbesprechung:
"Federico" ist "ein Roman über Friedrich II. und seine Zeit" (so der Untertitel). Eine rothaarige Frau namens Truda, die Federico 1212 bei seinem Zug von Palermo nach Aachen über die Alpen führte und als Botin in seine Dienste trat, steigt nach dem Tod des letzten Stauferkaisers in die Unterwelt hinab und lässt sich von Ridwân ibn Shurai, Petrus de Vinea, König Heinrich, Bianca la Bruna und Violante von Caserta aus dem Leben Friedrichs II. berichten, bevor sie ihm zum Schluss noch einmal selbst begegnet. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2006
Kaiser Friedrich II. (Kurzbiografie) |