Albert Ostermaier: Zephyr (Roman) |
Albert Ostermaier: Zephyr |
Inhaltsangabe:Ihr Atem wurde immer flacher. Gilles drückte Cathy das weiße Kissen auf das Gesicht. Ein sanfter Druck. Dann legte er den Kopf auf das Kissen. Er bildete sich ein, ihre Lippen durch die Federn zu spüren. Sie hatten es immer so gemacht. Einen Flügelschlag lang, wie sie es nannte. (Seite 7)
So beginnt der Roman "Zephyr" von Albert Ostermaier.
Wann wirst du lernen, Film und Wirklichkeit zu trennen? (Seite 38) Die Beziehung von Gilles und Cathy befindet sich in einer Krise. Wir sind wie zwei Magneten, wir werden uns immer finden, es wird uns immer zueinander ziehen, wo immer wir auch sind, das hatte sie ihm versprochen nach ihrer ersten Nacht. Jetzt hatte sie die Polung geändert und stieß ihn ab. (Seite 15) Cathy meinte unlängst: Du kannst unsere Geschichte nicht neu schneiden und an ihrem Ende von vorn erzählen. (Seite 72) Gilles hat den Auftrag, ein Drehbuch über Marie Trintignant und Bertrand Cantat zu schreiben, und er stellt sich die letzten Stunden im Leben der französischen Filmschauspielerin vor, die von ihrem Geliebten erschlagen wurde. Marie Trintignant war zu Dreharbeiten nach Vilnius gereist, und Bertrand Cantat hatte sie begleitet. Eifersucht verzehrte ihn. Einmal hatte er Maries Ex-Mann Samuel Benchetritt auf ihrem Handy angerufen. Bertrand hatte ihn mit Worten bespuckt, verwünscht, wollte ihn hinausschreien aus Maries Leben. (Seite 117)
Sie stritten jede Nacht. Der Engländer Gary Tuck, der im Hotel "Domina Plaza" ein Zimmer neben ihnen hatte, hörte sie. Als Lambert Wilson die letzte Szene gedreht hatte und nach Frankreich zurückfliegen wollte, verabschiedeten die Kollegen sich von ihm mit einer Party. Auch an diesem Abend quälte Bertrand Cantat Marie Trintignant mit seiner Unterstellung,
Costello hatte gemeint, Gilles solle den Film, seinen Roman, mit Bertrands Bruder beginnen, die Ohnmacht in der Ohnmacht. Als Gilles in Vilnius für das Drehbuch recherierte, lernte er eine Studentin kennen und schlief mit ihr. Obwohl er Cathy betrog, ist er so eifersüchtig wie Bertrand Cantat. Er hatte Costello durch Cathy kennen gelernt und vermutet noch immer, dass die beiden eine Liebesbeziehung gehabt hatten. Die Vorstellung quält ihn. Er beginnt, wieder zu trinken [Alkoholkrankheit]. Es wäre verwunderlich, wenn Costello nicht mit Cathy geschlafen hätte, denn Gilles kennt seinen Freund als Frauenheld. Alles war immer sehr einfach für Costello, der mehr von Sportwagen als von Frauen verstand und seine Beziehungen als Demolition-Rennen fuhr. Von einem Totalschaden blieb ihm nicht der geringste Kratzer, er stieg ungerührt aus dem Blechhaufen in den nächsten Wagen, ließ den Motor an, und weiter ging es, Vollspeed. (Seite 10)
Ein Kommissar, der im Fall des ermordeten Maklers Victor Pegala ermittelt, sucht Gilles mehrmals in dem gemieteten Haus an der Côte d'Azur auf. Einige Male fragt er nach Cathy, und Gilles erklärt ihm, sie schlafe. Es ist auf den ersten Blick ein doppelter Ritualmord. Ein junger amerikanische Jude erdolcht seine persische Geliebte und verstümmelt sich dann auf alttestamentarische Weise, hackt sich zur Strafe die Hand ab, die die Unberührbare berührt hat, sticht sich das unkeusche Auge aus, das sie gesehen, sie begehrt hat und schneidet sich schließlich den Schwanz ab, der sie gefickt hat. Auf Sex folgt Mord, auf Mord Selbstmord. (Seite 183) Im Gegensatz zu seinen Kollegen glaubt der Kommissar nicht, dass der Amerikaner seine Geliebte und sich selbst tötete, aber er kann nicht beweisen, dass eine dritte Person an der Tat beteiligt war, und seine Vorgesetzten sind über ihn verärgert, weil sich durch seine Zweifel die Aufklärungsquote verschlechtert hat.
– Bleibt Ihre Frau hier?
Als Gilles Koffer ins Auto packt, versperrt der Kommissar mit seinem Wagen die Einfahrt. Aus dem Autoradio ist ein Requiem zu hören. Man hat Costello gefunden. Ein anonymer Anruf brachte die Polizei auf die Spur. Costello scheint mit seinem Wagen über die Klippen gestürzt zu sein. In seiner Lunge stießen die Gerichtsmediziner jedoch auf Süßwasser: Vielleicht hatte man Costello in einem Swimming Pool ertränkt.
Gilles sah auf das weiße Laken, das Cathys Körper verdeckte [...] Ihr Atem unter ihm wurde flacher. Wie sie lachen konnte, früher. Da lagen sie, wie in die Tiefe der Jahre getaucht und gleichzeitig so weit voneinander entfernt, so viel hatte sich zwischen sie geschoben, als lägen Tage zwischen ihnen, und sie würden die verlorenen Stunden nicht wiederfinden können, noch einen Platz, der sie vereinte, außerhalb dieses Lebens und der Zeit. |
Buchbesprechung:
Nach Gedichten, Theaterstücken und Libretti schrieb Albert Ostermaier (* 1967) einen ersten Roman: "Zephyr". Es gibt keine Wahrheit, nur eine Geschichte, die man erzählt. (Seite 61)
Bertrand Cantat lag eine Nacht lang neben der sterbenden Marie Trintignant im Bett und glaubte, sie schliefe. Cathy liegt ebenfalls im Bett. Wie ein Leitmotiv kommt Albert Ostermaier immer wieder auf die Szene zurück, und wir wissen nicht, ob sie schläft oder von Gilles mit dem Kopfkissen erstickt wurde. Das widersprüchliche Verhältnis von Gilles und Cathy spiegelt die tragisch endende Liebesaffäre von Marie Trintignant und Bertrand Cantat. Eine weitere Facette fügt der Kommissar mit seinem Bericht über einen unaufgeklärten Doppelmord hinzu. |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2008
Marie Trintignant (Kurzbiografie) |