Friedrich von Schiller: Kabale und Liebe (Trauerspiel) |
Friedrich von Schiller: Kabale und Liebe |
Inhaltsangabe:Als von Walter, der am Hof eines (ungenannten) deutschen Fürsten den Titel eines Präsidenten trägt, von seinem Sekretär Wurm erfährt, dass sein Sohn Ferdinand ein Verhältnis mit Luise Miller hat, der sechzehnjährigen Tochter eines Stadtpfeifers, hält er das zunächst für ein unbedeutendes Abenteuer, denn er kann sich nicht vorstellen, dass Ferdinand echte Gefühle für eine Bürgerliche haben könnte und er argwöhnt, dass ihn Wurm – der selbst in Luise verliebt ist – durch eine Kabale gegen den Nebenbuhler aufhetzen möchte. Dass er der Bürgerkanaille den Hof macht – Flatterien sagt – auch meinetwegen Empfindungen vorplaudert – Das sind lauter Sachen, die ich möglich finde – verzeihlich finde – aber – und noch gar die Tochter eines Musikus, sagt Er? (1. Akt, 5. Szene) Der Präsident plant, seinen dreißigjährigen Sohn mit Lady Milford, der Mätresse des Herzogs, zu verheiraten und dadurch seinen Einfluss bei Hof zu vergrößern. Doch als er ihn mit diesem Vorhaben konfrontiert, sucht Ferdinand nach Ausflüchten. Der Vater redet ihm ins Gewissen: Ferdinand habe ihm und seinem Einfluss auf den Fürsten zu verdanken, dass er mit zwölf Jahren Fähnrich und acht Jahre später Major wurde. "Wem zulieb hab ich die gefährliche Bahn zum Herzen des Fürsten betreten? Wem zulieb bin ich auf ewig mit meinem Gewissen und dem Himmel zerfallen? [...] Wem hab ich durch die Hinwegräumung meines Vorgängers Platz gemacht – eine Geschichte, die desto blutiger in mein Inwendiges schneidet, je sorgfältiger ich das Messer der Welt verberge." (1. Akt, 7. Szene) Ferdinand will jedoch nichts mit den Kabalen und Schändlichkeiten zu tun haben; lieber verzichtet er auf die Erbschaft. Über den Herzog sagt er bei einer anderen Gelegenheit: "Er selbst ist nicht über die Ehre erhaben, aber er kann ihren Mund mit seinem Golde verstopfen. Er kann den Hermelin über seine Schande herwerfen." (2. Akt, 3. Szene) Währenddessen gesteht die aus England stammende Lady Milford ihrer Kammerjungfer Sophie, dass sie sich in dem deutschen Fürstentum nicht wohlfühlt und durch die Eheschließung mit Ferdinand von Walter, ihrer großen Liebe, ihre Rolle als Mätresse beenden möchte. Soll ich meine Zimmer mit diesem Volk tapezieren? – Das sind schlechte, erbärmliche Menschen, die sich entsetzen, wenn mir ein warmes, herzliches Wort entwischt, Mund und Nasen aufreißen, als sähen sie einen Geist – Sklaven eines einzigen Marionettendrahts, den ich leichter als mein Filet [Stickerei] regiere. – Was fang ich mit Leuten an, deren Seelen so gleich als ihre Sackuhren [Taschenuhren] gehen? Kann ich eine Freude dran finden, sie was zu fragen, wenn ich voraus weiß, was sie mir antworten werden? Oder Worte mit ihnen wechseln, wenn sie das Herz nicht haben, andrer Meinung als ich zu sein? (2. Akt, 1. Szene)
Als der Herzog ihr einen wertvollen Brillanten schickt und sie erfährt, dass er Geld und Juwelen als Bezahlung für siebentausend Landsleute erhielt, die er als Söldner nach Amerika verkaufte, lässt sie den Brillanten unverzüglich verkaufen und den Erlös an vierhundert durch ein Feuer in ihrer Stadt verarmten Familien verteilen. "Die Grundsätze, die er aus Akademien hieher brachte, wollten mir gleich nicht recht einleuchten. Was sollten auch die phantastischen Träumereien von Seelengröße und persönlichem Adel an einem Hof, wo die größte Weisheit diejenige ist, im rechten Tempo, auf eine geschickte Art, groß und klein zu sein. Er ist zu jung und zu feurig, um Geschmack am langsamen, krummen Gegang der Kabale zu finden, und nichts wird seine Ambition in Bewegung setzen, als was groß ist und abenteuerlich." (3. Akt, 1. Szene)
Wurm rät dem Präsidenten, Luise Miller verdächtig aussehen zu lassen. Sein Plan sieht vor, ihr ein Billet doux an einen anderen Mann zu diktieren und dieses dem Major zuzuspielen. Um sie unter Druck zu setzen, schlägt er vor, ihre Eltern verhaften zu lassen. Der Präsident willigt in die Kabale ein und bringt kurz darauf Hofmarschall von Kalb dazu, sich als Empfänger des Liebesbriefchens zur Verfügung zu stellen, indem er ihm ausmalt, was geschähe, wenn durch Ferdinand herauskäme, durch welche Intrigen und Verbrechen sie ihre Positionen erschlichen. Um Ferdinand davon abzuhalten, müsse ihm seine Liebe zu Luise Miller verdorben werden. Dann gebe es keinen Grund mehr für ihn, etwas zu verraten. – Wurm sucht Luise auf, teilt ihr mit, dass der Vater im Turm und die Mutter im Spinnhaus eingesperrt sind und Miller mit einer Anklage wegen Beleidigung des Präsidenten rechnen müsse. Sie könne es allerdings verhindern, wenn sie der skandalösen Liebe zu Ferdinand entsage. Weil der sich jedoch nicht freiwillig von ihr trennen würde, müsse sie einen Liebesbrief an Hofmarschall von Kalb schreiben und später beteuern, ihn freiwillig verfasst zu haben.
Ferdinand: Wie weit kamst du mit ihr? Ich drücke ab, oder bekenne! Lady Milford lässt Luise rufen. Weil Sophie demnächst heiraten wird, bietet sie dem Mädchen deren Position als Kammerjungfer an, aber Luise lehnt das Angebot ab. Lady Milford durchschaut, dass Eifersucht auf Ferdinand der Grund ist und schreit erbost: Aber wag es, Unglückliche – wag es, ihn jetzt noch zu lieben, oder von ihm geliebt zu werden – Was sage ich? – Wag es, an ihn zu denken, oder einer von seinen Gedanken zu sein – Ich bin mächtig, Unglückliche – fürchterlich – So wahr Gott lebt! Du bist verloren! (4. Akt, 7. Szene)
Gleich darauf bereut sie es, sich ereifert zu haben und versucht, Luise zu besänftigen. In einem Brief sagt sie sich vom Herzog los, nimmt wieder ihren einfachen Namen Johanna Norfolk an, hinterlässt ihren Besitz der Dienerschaft und reist zurück nach England. |
Besprechung:
"Kabale und Liebe" ist sowohl ein soziales Drama, als auch ein politisches Tendenzstück und eine Liebestragödie. Es handelt sich um ein "bürgerliches Trauerspiel", wie es im Untertitel heißt, weil in den Hauptrollen neben Aristokraten auch Bürgerliche auftreten und der Gegensatz zwischen dem skrupellosen Despotentum der Höflinge und dem rechtschaffenen Bürgertum im Mittelpunkt des Bühnenstücks steht. "Kabale und Liebe" ist nicht in Reimen, sondern in Prosa formuliert.
Kabale und Liebe - Regie: Martin Hellberg - Drehbuch: Martin Hellberg, nach dem Bühnenstück "Kabale und Liebe" von Friedrich Schiller - Kamera: Karl Plintzner (Günter Haubold) - Schnitt: Ursula Rudzki - Musik: Wilhelm Neef - Darsteller: Karola Ebeling, Otto Mellies, Wolf Kaiser, Marion Van de Kamp, Willi Schwabe, Martin Hellberg, Marianne Wünscher, Uwe-Jens Pape, Hans Finohr, Christine Schwarze u.a. - 1959; 110 Minuten Leander Haußmann verfilmte das Theaterstück von Friedrich Schiller 2005 fürs Fernsehen: "Kabale und Liebe". |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2004
Leander Haußmann: Kabale und Liebe |