Derek Walcott: Der Traum auf dem Affenberg (Bühnenstück) |
Derek Walcott: Der Traum auf dem Affenberg |
Inhaltsangabe:
Ihr Herren, sechzig Jahre bin ich alt. Mein ganzes Leben Am Morgen kam sein Freund Moustique zu ihm in die Köhlerhütte. Die beiden hatten sich vor vier Jahren kennen gelernt und mit der von Makak hergestellten Holzkohle das Geld für eine Eselin verdient. Nun brachte der gehbehinderte Moustique einen Jutesack voll Krokuszwiebeln mit und wollte mit Makak zum Markt, um die Blumenzwiebeln und drei Säcke Holzkohle zu verkaufen. Aber Makak war am Vorabend eine wunderschöne weiße Frau erschienen, die ihn bei seinem richtigen Namen angesprochen hatte. Und, Moustique, sie sagte etwas, was ich nie vergessen werde. Sie sagte, ich sollte so nicht länger leben, hier im Wald, und die Leute erschrecken, weil sie mich für hässlich halten. Sie sagte, ich käme aus der Familie der Löwen und der Könige. Moustique tat Makaks Erlebnis als Traum ab und fand unter einer Bank eine weiße Maske mit langem groben Haar. Welche weiße Frau? Du bist nichts. Du bist schwarz, hässlich, arm, bist also weniger als nichts. Bist wie ich. Klein, hässlich, mit 'nem Fuß wie'n "S".
Doch Makak ließ sich nicht beirren. Er wollte nicht zum Markt, sondern nach Afrika reiten. Schließlich fügte Moustique sich und folgte ihm. Hör mal, ich bin's müde dir immer wieder sagen zu müssen, dass es nichts umsonst gibt. Dass du eines Tages, Makak, mal oben, mal unten, deinen Traum verkaufen musst, deine Seele, deine Macht, einfach nur für Brot und Unterkunft. Dass die Liebe der Menschen nicht genug ist, nicht genug, um für deine Geburt zu zahlen, für deine Beerdigung.
Schnell verbreitet sich das Gerücht über die Wunderheilung. Auch auf dem Markt, wo der Markt- und Gesundheitsinspektor Kaiphas J. Pamphilion den Verkäufern die Lizenzen ausstellt, wird darüber geredet.
Ich weiß. Aber nach Auffassung der Pistole und wegen der Aufrechterhaltung der Ordnung und um nicht in Diskussionen zu geraten, waren wir beide ganz sicher, dass es eine Papaya war. Als Makak verkleidet, erscheint Moustique unter dem Jubel der Menge auf dem Marktplatz. Während ihm die Menschen Opfergaben zu Füßen legen, bespritzt er sie mit Wasser aus einer Schale: Und jetzt ... jetzt ... wird Makak euch mit Wasser benetzen, denn die Heilung ist in euch selbst, und dann, dann muss er gehen, wohin ihn seine Füße rufen. Der Tischler Basil entlarvt Moustique. Der schreit: Wisst ihr, wer ich bin? Wollt ihr wissen, wer ich bin? Makak! Makak! Oder Moustique, ist's nicht immer derselbe Nigger?
Die Menge reagiert wütend. Ein Arbeiter wirft ihn um. Die Menschen schlagen auf ihn ein, bis der Korporal sie nach geraumer Zeit auseinandertreibt. Ich nahm, was du hattest. Ich nahm deinen Traum, und ich bin gegangen und hab ihn zu verkaufen versucht. Ich versuchte, sie zu täuschen, und sie sind mit Stöcken über mich hergefallen, und sie haben mich getötet.
Bevor er stirbt, rät er Makak, auf den Affenberg zurückzukehren, der aber glaubt an seine Bestimmung. Wie anders kannst du beweisen, dass dein Name Löwe ist, es sei denn, du tust eine wirklich blutige, goldene, staunenswerte Tat, hm? Und wer steht dir im Wege als dein lieber Freund, Korporal Lestrade, der Lauwarme, weder dies noch das, weder Milch noch Kohle, weder Tag noch Nacht, weder Löwe noch Affe, sondern ein Mulatte, ein Diener, der dem marmornen Gesetz die Füße leckt. Plötzlich greift Makak durchs Gitter, sticht mit einem Messer auf Korporal Lestrade ein und schleudert ihn zu Boden. Dann nimmt er ihm die Schlüssel ab, öffnet die Zellen und flieht mit den beiden anderen Häftlingen. Tigre schlägt den Weg zum Affenberg ein, aber er gaukelt Makak vor, sie seien auf dem Weg nach Afrika, und der Köhler predigt: Welche Macht kann auf dem Grunde des Meeres kriechen oder im Luftozean über uns schwimmen? Der Geist, unser Geist. Kommt jetzt mit mir, der Geist kann die Toten zum Leben erwecken, er kann weit, weit, weit und tief in die Zeit zurückgehen. Er kann einen Mann zum König machen und zum Tier.
Makak bildet sich ein, über eine Armee zu verfügen und ernennt Tigre zum General. Korporal Lestrade, der nicht ernsthaft verletzt ist, verfolgt die Geflohenen. Er ist nicht unglücklich über die Entwicklung, denn jetzt ist er berechtigt, sie niederzuschießen. Sie ist das Weib des Teufels, die weiße Hexe. ... Sie ist ... die Mutter der Zivilisation, und die Zerstörung der Schwärze. Auch ich hab mich nach ihr gesehnt. Sie ist die Farbe des Gesetzes, von Religion, Papier, Kunst, und wenn du Frieden willst, wenn du die wunderbare Tiefe deiner Schwärze entdecken willst, Nigger, hau ihr den Kopf ab! Wenn du das tust, wirst du Venus töten, die Jungfrau, Schneewittchen. Sie ist das weiße Licht, das deinen Geist lähmte, das dich in Verwirrung stürzte. Du bist es, der sie geschaffen hat, also töte sie! Töte sie!
Makak zögert. Dann folgt er dem Rat. "Jetzt bin ich frei." Hast den Laden von Félicien Alcindor in Klump gehauen, gestern, Samstag, am Markttag. Ich hab dich auf dem Markt schimpfen und predigen sehen. Er öffnet die Zelle und lässt Makak heraus: Geh, geh nach Haus. Dort, der Affenberg. Geh durch das stille Dorf. Ich werde Alcindor alles erklären. Manchmal, da ist einfach zuviel Druck ... Geh nur. Du bist frei. Es war ja dein erster Gesetzesverstoß.
Da kommt Moustique mit Säcken voller Krokuszwiebeln herein und fragt nach Felix Hobain. Gestern habe er den ganzen Tag über nach ihm gesucht. |
Besprechung: |
Inhaltsangabe und Rezension: © Dieter Wunderlich 2002 Textauszüge: © Carl Hanser Verlag Seitenanfang |