Who ya gonna call?
Geister sind, was uns heimsucht. Manchmal ist das und allgemein ihr Tun nicht unangenehm, gar schützend, man denke an den Kobold, der, wiewohl neckisch, doch etymologisch der kobe (der Hütte, übertragen wohl ebenso dem Haus) hold ist. Ray Parker Jr. dichtete in seinem Song Ghostbusters zum gleichnamigen Film: „When it comes through your door / Unless you just want some more", dann, aber eben nur dann, wenn man nicht mehr wolle (!), könne man die Geisterjäger rufen.
Also sind Geister doch auch eine Pein; und zugleich peinlich. Damit spielt besagter Film denn auch, so peinlich den Klienten ist, daß sie meinen, es spuke bei ihnen, so affirmativ peinlich ist die Werbung der Ghostbusters im Film.
Was aber ist es, was uns (?) da heimsucht? Eine Phänomenologie, aber auch erkenntnistheoretische Reflexionen bietet Roger Clarke nun auf.
Das Gespenst ist zunächst einmal ortstreu und objekttreu: „Der Geist folgt seinem Objekt.” Objekt meint dabei offenbar auch Anliegen, etwas, das dem Gespenst als exterior doch fast innerlich scheint: „Geister, die sich um Begräbnisrituale oder testamentarische Verfügungen kümmern”, sind dessen fast schon stereotype Variante. Irgendwie ist es aber vermutlich nicht zwingend des Geistes Anliegen, schlechtes Gewissen oder Sehnsucht, die sich (subjektiv) materialisiert: „Ein wesentlicher Bestandteil von Geistererscheinungen ist die Antizipation.” Das kann zwar heißen, daß Gespenster ihren Auftritt vorbereiten, aber muß es nicht.
So ganz intakt ist, was das Gespenst einmal war, jedenfalls nicht mehr: So sind „Geister […] keine Seelen mehr”, sehen auch dubios aus, etwa die „Orbs” … und sie reden auch unklar, was im Falle des „Sozialwohnungsgeist(s)” vielleicht der Milieuschädigung wegen der Fall ist, aber auch ansonsten gilt. Wird die Stimme des psychotischen Gespensts überhaupt ge- und erhört, so auch oft vom falschen Rezipienten: Was es wolle? – „Nichts von Euch.” Geisterjäger Hans Holzer schreibt, es seien Geister Psychotikern ähnlich, sie seien „völlig unfähig, ihre fatale Situation zu verstehen.” Das Fehlen nicht ganz unwichtiger Teile des Körpers, gerne des Kopfes, so beim Headless Hessian Horseman, sind da schon fast Bagatelle.
Wer sieht diese Heimsuchungen oder doch Projektionen, die, weil die „meisten Geister […] einmal gesehen (werden), und dann nie wieder”, sich dem Kriterium der Intersubjektivität böswillig entziehen? „Das unvoreingenommene Bewusstsein scheint ein geistersehendes Bewusstsein zu sein”, schreibt Clarke, bei ihm findet sich auch die pittoreske Schilderung einer Katze, die plötzlich in Unruhe gerät. Schallwellen von 19 Hertz sind andererseits Geistererscheinungen auch förderlich, da sozusagen halluzinogen… Ein Anliegen aber könnte sich auch dann manifestieren: Das Gespenst ist zumindest psychologisch wohl als eine Halluzination mit „Wirklichkeitsgehalt” beschreibbar.
All dem spürt dieses Buch nach, das die Balance bietet, weder das Erscheinen zu denunzieren, noch ihm einfach zu trauen; oder den Astralleib wiegen zu wollen, wie Adorno spöttisch über die Parapsychologie schrieb. Die Lektüre ist spannend, die Exkurse sind amüsant wie kenntnisreich, zudem ist das Buch ausgesprochen schön gestaltet. Who ya gonna call? – Den Buchhändler, denn dieses Buch sollte man sich durchaus anschaffen..!
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