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Startseite > Bücher > Mystery-Crime > Oldigor Verlag > Tanja Bern > RUF DER GEISTER > Leseproben > Leseprobe 3: SÉANCE

Leseprobe 3: SÉANCE

RUF DER GEISTER

Tanja Bern
Roman / Mystery-Crime

Oldigor Verlag

Taschenbuch, 270 Seiten
ISBN: 978-3-943697-64

Aug. 2013, 13.90 EUR
auch als eBook erhältlich

Kurze Zeit später hastete Joshua die Treppen zu Inas Wohnung hinauf. Sie erwartete ihn bereits. Heute war sie auf dezente Weise gestylt und trug einen Rock, den er eher an einer irischen Fahrenden vermutet hätte. Zu Ina passte dieses Outfit, wie die Maus zum Käse. Ihre grünbraunen Augen waren mit Kajal betont und an ihrem Blick erkannte er, dass sie wusste, was er von ihr wollte.
Joshua presste die Lippen zusammen. „Ich brauche gar nicht zu fragen, oder?“
Ina schüttelte den Kopf. „Nein, Schätzchen, ich habe es schon vorbereitet. Wen willst du rufen?“
„Ich habe nur zu einem Opfer keinen Kontakt gehabt.“
Ina sah ihn mit blitzenden Augen an. „Zu der Frau aus deinem Traum.“
„Genau.“
„Was ist eigentlich mit deiner Stirn passiert? Hattest du einen Unfall?“
„Eher einen Streit.“
„Du willst mir doch nicht etwa erzählen, du hättest dich geprügelt?“ Ina versuchte vergeblich, sich ein Grinsen zu verkneifen.
„Na ja, mehr oder weniger. Ich hatte Probleme mit dem Vater eines Schützlings.“
Sie musterte ihn mit einem Stirnrunzeln. „Das ist nicht gut“, murmelte sie, wischte jedoch ihre Bedenken beiseite und sagte: „Ich werde den Schutz der Wohnung aufheben und versuchen, den Geist unter Kontrolle zu halten.“
Joshua schüttelte den Kopf. „Nein, keine Kontrolle deinerseits, Ina. Ich werde das allein durchziehen.“
Voller Sorge betrachtete sie ihn. „Du weißt, dass es gefährlich ist“, flüsterte sie.
„Ich kenne Geister lange genug.“
„Gut, ich lasse dir freie Hand. Aber sei vorsichtig!“
Ina führte Joshua in einen besonderen Wohnbereich. Engelfiguren standen auf den Regalen, als sollten sie das Zimmer bewachen. Die Wandfarbe ähnelte einem Sonnenuntergang und tauchte alles in ein warmes Orange. An den Wänden waren kunstvolle Zeichen aufgemalt. In der Mitte stand ein niedriger Tisch, um den Ina Sitzkissen drapiert hatte. Der Geruch, mit dem sie den Raum beräucherte, nahm Joshua fast den Atem.
Ina schloss die Tür, kippte aber das Fenster. „Es ist nur symbolisch, aber nun ja …“, erklärte sie.
Sie setzten sich an den Tisch, auf dem bereits ein Witchboard lag.
„Ich brauche kein Hexenbrett, Ina.“
„Aber ich. Ich will die Geister nicht so nah an mich heranlassen. Und manche kommunizieren lieber über das Brett.“
„Du hast mir nie gesagt, ob du sie siehst.“ Ina war ein starkes Medium, das die Gabe trug, Geister zu kontrollieren. Aber inwieweit man seine und ihre Fähigkeiten vergleichen konnte, wusste er nicht. Dabei kannten sie sich seit Jahren. Er hatte sie damals auf einem spirituellen Treffen kennengelernt, zu dem er sich durchgerungen hatte. Joshua war niemals wieder dort erschienen, aber Ina war ihm eine Vertraute geworden und dafür war er zutiefst dankbar. Sie sah die Dinge oft klarer als er.
Ina blickte auf. „Ich sehe sie, aber nicht so wie du, Josh. Ich kenne niemanden, der sie auf diese extreme Art wahrnimmt.“
Ihre Antwort erschreckte Joshua tief im Innern, trotzdem kommentierte er ihre Worte nicht.
„Beginnen wir.“
„Wo wurde sie ermordet? Brauchst du eine Verbindung?“
„Ich werde sie finden, Ina.“
Joshua nahm ihre dargebotene Hand und schloss die Augen. Er wusste nicht wie, doch er konnte innerlich zur geistigen Welt Kontakt aufnehmen, wenn Ina ihn leitete.
Die Dunkelheit, die er hinter seinen geschlossenen Lidern wahrnahm, wandelte sich rasch in seltsame Muster, die Joshua ignorierte. Er kannte ihren Namen nicht, sondern nur ihr Gesicht. Konzentriert ließ er die Bilder seines Traums vor seinem inneren Auge auferstehen, griff nach ihnen und hielt sie fest. Aus weiter Ferne ertönte ein Schrei, beirren ließ sich Joshua davon nicht.
Ich zwinge dich nicht! Aber wenn du willst, dass wir deinen Mörder finden, dann hilf mir!
Als er die Augen öffnete, erschauerte Joshua. Ina war in leichte Trance verfallen und umklammerte seine Hand, die über dem Witchboard schwebte. Als die Frau erschien, brachte sie so viel Wut mit sich, dass es Auswirkungen auf die reale Welt hatte. Zwei der Figuren fielen zu Boden und zerbrachen. Der Zeiger auf dem Brett zitterte. Die Temperatur sank abrupt und er konnte seinen Atem als weißgrauen Hauch sehen. Luftfeuchtigkeit benetzte die Möbel und an den Tischkanten bildete sich eine feine Eisschicht.
Joshua bezwang seine Furcht und lenkte Inas Hand zu dem Zeiger, denn die Geisterfrau schwieg beharrlich. Ein Windstoß bauschte ihr durchsichtiges Haar auf. Die Augen sahen ihn voller Abscheu an. Selten hatte er einen Geist erlebt, der so voller Zorn war.
„Sag mir, was ich für dich tun kann“, fragte Joshua leise.
Ihre Hände wurden über das Hexenbrett geführt. Ina geriet tiefer in den Bann der Trance.
Der Zeiger bewegte sich plötzlich rasend schnell und Joshua konnte ihm kaum folgen. Er sah das Wort trotzdem: MORD.
„Ich weiß, was geschehen ist. Zeig mir deinen Mörder!“
Du willst ihn sehen? Dann schau hin!, schrie der Geist.
Joshua wurde in einen Strudel gerissen. Sein Blick umwölkte sich und er spürte, wie der Geist die Kontrolle übernahm …

Ein Mann beugte sich über ihn. Das Gesicht verschleierte sich, aber die grausamen Augen schwebten klar vor ihm. Ein Messer blitzte auf. In seinen Leib bohrte sich ein unaussprechlicher Schmerz und er schrie auf. Er fühlte, wie mit jedem Pochen seines Herzens das Blut aus dem Körper floss.
Das ist nicht wirklich, das ist nicht wirklich, das ist nicht …
Warum war der Schmerz so real?
Joshua keuchte auf. „Zeig mir dein verdammtes Gesicht!“
Mit zu Krallen verformten Händen griff der Mann in die offene Bauchverletzung. Dann wurde es schwarz um Joshua.


„Wach auf!!!“
Jemand schlug ihm auf die Wange, doch die Finsternis wollte nicht weichen. Ein Schwall kalten Wassers holte ihn aus der Bewusstlosigkeit. Hustend richtete er sich auf.
„Joshua, ist alles in Ordnung? Gott! Was war das denn?!“
Er verschwieg, dass sein Bauch immer noch auf seltsame Art wehtat. Wie ein Phantomschmerz setzte sich das Gefühl fest. Als er aufstehen wollte, zwang er ihn stöhnend in die Knie. Er krümmte sich.
„Schau mich an!“, befahl Ina.
Joshua gehorchte.
Sie legte ihre Hand auf seinen Leib. „Ich war als eine Art Zuschauer dabei und weiß, was er getan hat. Entspann dich.“
„Machst du jetzt dieses Reiki?“, presste er hervor.
„Halt den Mund, ich muss erst sehen, was ich tun kann.“
Inas Berührung kribbelte auf der Haut wie kleine Ameisen. Aus ihren Händen flutete Wärme, von der Joshua nicht sicher war, ob sie Einbildung war oder nicht. Als sie von ihm abrückte, war der Schmerz verschwunden. Er wunderte sich, hinterfragte dies trotzdem nicht, denn er kannte Ina schon viel zu lange. Sie würde ihm diese Heilung nicht erklären. Benommen strich sich Joshua das feuchte Haar nach hinten.
„Du hast den ganzen Boden nass gemacht“, versuchte er zu scherzen.
„Vergiss den Teppich, Josh! Ich musste dich aus ihrem Bann holen. Aber sie hat das Board zerstört!“
„Was?!“
Joshua sah auf das Hexenbrett. Mitten durch das Holz lief ein tiefer Riss.
„Was für eine Wut“, flüsterte Joshua erschrocken. „Es tut mir leid, ich ersetze es dir.“
Ina umfasste mit beiden Händen sein Gesicht. „Josh, das Board ist mir scheißegal. Sie hätte dir etwas antun können!“
„Wie konnte sie so sehr in die reale Welt eingreifen?“ Joshua starrte auf die zerbrochenen Figuren, die umgestoßene Schale mit dem Duftwasser, auf das zerstörte Ouijabrett.
„Ihr ist Furchtbares widerfahren! Ich glaube, dass ihre Gefühle so stark waren, dass sie Einfluss auf unsere Sphäre hatten.“
Mit diesem Esoterik-Kram konnte Joshua nicht besonders viel anfangen und ließ ihre Erklärung daher unkommentiert.
„Dieses Mal habe ich es aus ihrer Sicht gesehen.“
Ina murmelte einen Fluch. „Du hast sie zu nah an dich herangelassen.“
„Ich weiß. Wo mag sie jetzt sein?“, überlegte Joshua.
„Sie ist gegangen. Wohin weiß ich nicht. Sicher noch nicht ins Licht.“
„Vielleicht sollte ich Melinda Gordon holen, die schafft das im Fernsehen immer.“
„Ha ha ha, sehr witzig. Komm, ich mach uns einen Kaffee. Das beruhigt.“
„Was ist mit dem Teppich?“
„Der trocknet wieder.“
„Und die Figuren?“
„Ich stell neue hin.“
„Das Board?“
„Das … ist ein Verlust“, sagte Ina zögerlich. „Es war ein Geschenk meines Mentors und auf besondere Weise geschützt. Aber es ist zu ersetzen.“
„Dein Schutz?“
„Ist längst wiederhergestellt.“
Joshua fasste sie an den Oberarmen und drehte sie zu sich herum. „Ina, es tut mir leid!“
Sie lächelte. „Immer noch besser, als wenn du es allein zu Hause getan hättest. Aber ich habe etwas gut bei dir!“
„Alles!“
Sie neigte den Kopf. „Ich denke nicht, dass ich noch einmal so eine Nacht ergattern kann wie letztes Jahr, als du betrunken warst?“
Er lachte leise auf. „Wenn ich solo wäre …“
„Aber das bist du nicht, ich weiß.“
„Woher …?“
„Ich habe meine Quellen.“ Sie wandte sich ab und hantierte an der Kaffeemaschine, dann reichte sie ihm eine Tasse und Joshua schaute verdutzt auf die Sahne, die sie aufgesprüht hatte. Fragend schaute er sie an.
„Das, mein Lieber, ist ein Irish Coffee. Ich glaube, wir können den Whiskey jetzt gut vertragen.“
„Aber ich hab mein Auto hier stehen!“
„Dann verrate es deiner Polizistin nicht oder lass den Wagen hier stehen. Du hast doch nur einen Fußweg von vielleicht fünf Minuten!“
Joshua schnaubte und löffelte die Sahne von dem Getränk. Als der gesüßte, alkoholisierte Kaffee in seinen Magen rann, breitete sich eine wohlige Wärme in ihm aus.
„Ich muss mindestens zehn Minuten laufen“, grummelte Joshua und Ina lachte herzhaft.

Crossvalley Smith
Crossvalley Smith
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Leseprobe 1: EINGEFRORENE LEICHE
Leseprobe 2: GESICHT UNTER EIS
Leseprobe 4: MÖRDER AUF PAPIER
Leseprobe 5: COFFEE-TO-GO
Leseprobe 6: DUNKLE TRÄUME

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