FC Wacker Innsbruck: Die 5 großen Fehlentscheidungen

FC Wacker Innsbruck: Die 5 großen Fehlentscheidungen

Als ehemaliger Pressesprecher meines Herzensvereins, wollte ich mich öffentlich eigentlich nicht zu den Entwicklungen nach meiner Zeit beim Verein äußern. Fast ein Jahr lang habe ich meinen eigenen Vorsatz durchgehalten. Heute breche ich damit. Ich schreibe diesen Text in meiner Funktion als freier Journalist und als bekennender Anhänger des schwarz-grünen Traditionsvereins. Im ersten Teil liegt der Fokus noch auf unterschiedlichen Fehlentscheidungen aus der Vergangenheit. In einem nächsten Teil folgen Lösungsvorschläge.

Ein Fußballverein ist ein äußerst komplexes Konstrukt. Erfolg und Misserfolg liegen oft nur wenige Zentimeter auseinander und sind meist völlig unerklärbar. Ob sich Tausende vor Freude oder Leid gegenseitig in den Armen liegen, entscheiden oft Sekunden, oder nur ein Tor. Ich war dabei, als der FC Wacker Innsbruck, damals unter Trainer Roland Kirchler, das Wunder von Wolfsberg schaffte. Am 26.05.2013, am letzten Spieltag geschah das Unfassbare. In Minute 66, beim Spielstand von 0:2, wechselt Roland Kirchler den Stürmer Julius Perstaller, dessen Abschied nach Ried zu diesem Zeitpunkt bereits feststand, ein. Dieser trifft nur sechs Minuten später in das gegnerische Tor – 1:2. Drei Minuten darauf senkt sich ein Rechtsschuss von Linksverteidiger Schilling in das gegnerische Tor – 2:2. Weitere drei Minuten später ist es wieder Julius Perstaller der trifft. Das erlösende 3:2 ist geschafft. Der einst so große FC Wacker Innsbruck ist gerettet. 5.000 Kärntner gratulieren zum Klassenerhalt. 500 Innsbrucker feiern gemeinsam mit der Mannschaft. Kollektiver Freudentaumel. Die Hoffnung auf eine positive, eine bessere Zukunft liegt in der Luft. Doch es kommt anders. Der Jubel täuscht über die fehlenden Strukturen, über den nahen Absturz hinweg. Eine Leidensgeschichte nimmt Fahrt auf und schreibt ihr nächstes Kapitel.

Unwissenheit schützt vor Strafe nicht

Als ich 2012 zum FC Wacker Innsbruck stieß, war der Innsbrucker Unternehmer Kaspar Plattner Präsident, der ehemalige Tirol-Profi Oliver Prudlo Sportdirektor und dessen Innenverteidigerpartner Walter Kogler (mittlerweile Trainer von Erfurt und im Aufstiegsrennen in die zweite deutsche Liga) Trainer. Oli Prudlo und Walter Kogler waren somit das sportliche Führungsduo. Die beiden vereinten nicht nur die Erfahrung von mehreren Jahrzehnten Profi-Fußball und mehreren hundert Profi-Spielen, sie ergänzten sich auch ideal. Der eine, ein akribischer Arbeiter auf dem Platz, ein Taktikfuchs. Der andere, ein redegewandter Mann mit großem Netzwerk und gutem Auge für Spieler. Doch selbst der verklärte Blick in die Vergangenheit täuscht nicht darüber hinweg, dass auch damals nicht alles perfekt war. Walter Kogler war als knorrig auftretender Trainer ein Schreck für so manchen Journalisten und Spieler mit eigenem Kopf. Oliver Prudlo war zwar ein geschickter Verhandlungspartner, aber oftmals zu gutmütig für das eiskalte Fußball-Geschäft. Doch trotz aller Macken bleibt in Summe eines stehen – beide hatten Ahnung von ihrer Arbeit, eine Ahnung vom Profi Fußball. Dies ist ein entscheidender Erfolgsfaktor, den man in der Zeit danach, vor allem im strategischen Sport-Management-Bereich, beim FC Wacker Innsbruck, lange vermisste.

Auf Präsident Kaspar Plattner folge Josef Gunsch. Auf Oliver Prudlo folge lange niemand und dann der damalige Co-Trainer Florian Klausner. Auf Walter Kogler folgten erst Roland Kirchler, dann Michael Streiter und zu guter Letzt Klaus Schmidt. Nach dem Wunder von Wolfsberg herrschte allgemeine Aufbruchsstimmung. Doch genau in dieser Phase wurden entscheidende Fehler gemacht. Mit Josef Gunsch übernahm zwar ein erfolgreicher Unternehmer das Zepter, doch als bekennender und begeisterter Fußballfan fiel der Milser Sparfuchs vorher nicht auf. Dass man auch als ehrenamtlicher Präsident eine Ahnung vom Fußball-Business haben sollte, beweisen die folgenden Entwicklungen. Eine Reihe an Fehlentscheidungen verhinderte die positive Zukunft nach dem Wunder von Wolfsberg:

Fehler Nummer 1: Kein Nachfolger für Oliver Prudlo

Auf Grund der prekären budgetären Lage verzichtete der neu formierte Vorstand, rund um Präsident Josef Gunsch, auf eine Nachbesetzung des ehemaligen Sportdirektors Oliver Prudlo. (dieser wurde noch vor dem Wunder von Wolfsberg, vom ehemaligen Präsidenten Plattner entlassen) Stattdessen wurde Trainer Roland Kirchler zum Doppelfunktionär. Nicht nur einmal äußerste dieser via Medien seinen Unmut darüber und beklagte sowohl die Unvereinbarkeit der beiden Aufgaben, als auch fehlende Zeit. Ein Sportdirektor hat im Normalfall die Verantwortung für den gesamten sportlichen Bereich, vom Nachwuchs, bis hin zu den Profis. Da die Aufgaben eines Sportdirektors hauptsächlich strategischer Natur sind, haben seine Entscheidungen langfristige Wirkungen.

Eine Kaderplanung funktioniert nicht nur von Transferphase zu Transferphase, sondern über Jahre hinweg. Schon heute muss ein Sportdirektor erkennen, wo zukünftige Engpässe entstehen, wissen ob diese durch die eigene Jugend ausgeglichen werden können, oder ob externe Spieler verpflichtet werden müssen. Dafür braucht es ein dichtes und umfassendes Netzwerk und Wissen über Spieler. Neben der positionstechnischen Balance im Kader, muss auch das Altersgefüge stimmen. Die oft zitierten Säulen, also routinierten Spieler, sollen junge, hungrige Talente führen und so weiterentwickeln. Eine schlaue Kaderplanung hat somit nicht nur Auswirkungen auf den sportlichen Bereich, sondern auch auf den finanziellen. Talente früh zu erkennen, gut auszubilden und teuer zu verkaufen, ist für nicht wenige kleine Vereine eine wichtige Ertragssäule im eigenen Budget. Doch auch hier gilt: bevor man ernten kann, muss man säen. Dafür braucht es Geld für Samen und einen Mann mit grünem Daumen und Fachwissen. Dieser fehlte fast ein halbes Jahr lang.