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Essay
Von der Präsenz der Poesie – ein Portrait des Verlags APHAIA
Der Tod seiner Frau läßt Friedrich Nolte in eine persönliche Krise stürzen, er verläßt 1981 Berlin und beendet die Verlagsarbeit. 1986 entschließen sich Svea Haske und ihre Tochter Sonja Wendeler den APHAIA-Verlag zu gründen und dabei den Altbestand des Friedrich Nolte Verlages zu übernehmen. PAIAN wird nicht wiederbelebt, dennoch finden viele Autoren des einstigen Paian-Kreises einen Platz im neugegründeten APHAIA-Verlag, dem Svea Haske einen vollkommen neuartiges Konzept gibt und der drei Ausdruckskanäle der Poesie zusammenführt: Musik, Bildende Kunst, Lyrik. Es gibt Korrespondenzen. Es gibt Beziehungen zwischen Koordinaten. Aphaia steht für die beiden Verlagsgründerinnen nicht nur für die kretische Göttin Britomaris, sondern auch für das gleichschenklige Dreieck, das man von ihrem Tempel auf Aigina (eine Insel selber in Form eines Dreiecks) nach dem Parthenon- und dem Poseidon-Tempel ziehen kann – Positionen, die in der Gesamtschau eine eigene Form bestimmen und erhellen („Aphaia“ heißt auch die „Nicht-Dunkle“).
Mittlerweile beleben Svea Haske & Sonja Wendeler seit 23 Jahren die Verlagslandschaft mit erstaunlich unkommerziellen Absichten und unkonventionellen Ideen und haben nicht nur das einstige Umfeld des Paian assimiliert sondern auch neues Terrain hinzugewonnen. Texte schicken sie nicht isoliert auf die Reise in die Welt, sondern stellen ihnen Grafik zur Seite, Komponisten/innen erarbeiten dazu Musikstücke, die aus einer Lesung ein Konzert machen umrahmt von der Ausstellung der dazugehörigen Bilder. Eine mehrdimensionale appearance, in der das Poetische nicht als Einzelfall, sondern als orchestraler Grundzug im menschlichen Äußern sich verwirklicht. Es erscheinen wertvolle Künstlerbücher in kleinen Auflagen mit Originalgrafik, aber auch wundervolle Normalausgaben, wie beispielsweise Michael Speiers „welt/raum/reisen“
Was Svea Haske und Sonja Wendeler beschließen, wird gemacht. Ideen gibt es täglich und Müdigkeit will sich nicht einstellen. So hat die günstig erreichbare, als fadengeheftete Broschür erscheinende Reihe „Mitlesebuch“, die als Begleitheft zu den Lesungen verausgabt wird, bereits die Zahl von 100 Ausgaben überschritten und ein paar Namen aus den letzten Jahren können verdeutlichen, daß hier Lyrik vom Allerfeinsten vorgestellt wird: Tobias Burghardt, Björn Kuhligk, Annemarie Zornack, Lutz Seiler, Richard Pietraß, Johann P. Tammen, Sylvia Geist u.v.a.m.
Und es gibt Schätze zu heben. Man besorge sich beispielsweise das frühe Mitlesebuch 03 (von 1995 – es sind noch Exemplare einer zweiten Auflage am Lager), Texte von Peter M. Stephan, Grafik von Christoph Meckel. Kaum jemand in der heutigen Lyrikszene kennt den 1939 geborenen Berliner Peter Martin Stephan und seine wundervollen Gedichte, die schon seit Ende der siebziger Jahre einzeln und leise weit verstreut erscheinen und die, weil sie eben Poesie abseits jeder Mode transportieren, jahrelang kaum vom Literaturbetrieb wahrgenommen wurden. Peter M. Stephan hat im Netz für das berlinerzimmer einen „Literaturführer Berlin“ erarbeitet und war dafür in locations unterwegs, die nicht unbedingt zu seinem Alter passen. Als er die Surfpoeten aufsucht, konstatiert er trocken: „Das ist Oberflächenliteratur“ und erinnert sich: Karl Dall habe, lange vor seiner Fernsehzeit, Gedichte vorgelesen und sie anschließend an einer Kerze verbrannt – das komme doch stilistisch den heutigen Gebärden nahe.
Peter M. Stephans Lyrik ist ganz gewiß nicht Oberfläche, sie ist aber auch nicht abgrundtief.
Sie ist schlank, leicht und beweglich, märchenhaft bisweilen, geht wie der Wind durch die Worte, bewegt alles ohne es zu knicken und erfrischt, spielt mit den Typen und typisiert das Spiel, das unverbraucht alt ist.
DAS BORDELLSCHIFF schwimmt
schweißdampfende Kirche
Ohio! Mississippi! Goldsucher!
Ahoi! Kirche der Wollust
der fleischgewordenen Leidenschaften
der lustvoll befleckten Empfängnis!
Weihrauchdampfende Leiber
moschusduftende Mösen und Votzen
Aerobier Hydrobier Gymnasten Peepshower
strech und workout unhörbares Feeling!
Glückselig immer die im Geschäft
erschöpften Trinker unzüchtige Süchtige
Heilige träumen von ihrem Geschlecht
Mittlerweile beleben Svea Haske & Sonja Wendeler seit 23 Jahren die Verlagslandschaft mit erstaunlich unkommerziellen Absichten und unkonventionellen Ideen und haben nicht nur das einstige Umfeld des Paian assimiliert sondern auch neues Terrain hinzugewonnen. Texte schicken sie nicht isoliert auf die Reise in die Welt, sondern stellen ihnen Grafik zur Seite, Komponisten/innen erarbeiten dazu Musikstücke, die aus einer Lesung ein Konzert machen umrahmt von der Ausstellung der dazugehörigen Bilder. Eine mehrdimensionale appearance, in der das Poetische nicht als Einzelfall, sondern als orchestraler Grundzug im menschlichen Äußern sich verwirklicht. Es erscheinen wertvolle Künstlerbücher in kleinen Auflagen mit Originalgrafik, aber auch wundervolle Normalausgaben, wie beispielsweise Michael Speiers „welt/raum/reisen“
Was Svea Haske und Sonja Wendeler beschließen, wird gemacht. Ideen gibt es täglich und Müdigkeit will sich nicht einstellen. So hat die günstig erreichbare, als fadengeheftete Broschür erscheinende Reihe „Mitlesebuch“, die als Begleitheft zu den Lesungen verausgabt wird, bereits die Zahl von 100 Ausgaben überschritten und ein paar Namen aus den letzten Jahren können verdeutlichen, daß hier Lyrik vom Allerfeinsten vorgestellt wird: Tobias Burghardt, Björn Kuhligk, Annemarie Zornack, Lutz Seiler, Richard Pietraß, Johann P. Tammen, Sylvia Geist u.v.a.m.
Und es gibt Schätze zu heben. Man besorge sich beispielsweise das frühe Mitlesebuch 03 (von 1995 – es sind noch Exemplare einer zweiten Auflage am Lager), Texte von Peter M. Stephan, Grafik von Christoph Meckel. Kaum jemand in der heutigen Lyrikszene kennt den 1939 geborenen Berliner Peter Martin Stephan und seine wundervollen Gedichte, die schon seit Ende der siebziger Jahre einzeln und leise weit verstreut erscheinen und die, weil sie eben Poesie abseits jeder Mode transportieren, jahrelang kaum vom Literaturbetrieb wahrgenommen wurden. Peter M. Stephan hat im Netz für das berlinerzimmer einen „Literaturführer Berlin“ erarbeitet und war dafür in locations unterwegs, die nicht unbedingt zu seinem Alter passen. Als er die Surfpoeten aufsucht, konstatiert er trocken: „Das ist Oberflächenliteratur“ und erinnert sich: Karl Dall habe, lange vor seiner Fernsehzeit, Gedichte vorgelesen und sie anschließend an einer Kerze verbrannt – das komme doch stilistisch den heutigen Gebärden nahe.
Peter M. Stephans Lyrik ist ganz gewiß nicht Oberfläche, sie ist aber auch nicht abgrundtief.
Sie ist schlank, leicht und beweglich, märchenhaft bisweilen, geht wie der Wind durch die Worte, bewegt alles ohne es zu knicken und erfrischt, spielt mit den Typen und typisiert das Spiel, das unverbraucht alt ist.
DAS BORDELLSCHIFF schwimmt
schweißdampfende Kirche
Ohio! Mississippi! Goldsucher!
Ahoi! Kirche der Wollust
der fleischgewordenen Leidenschaften
der lustvoll befleckten Empfängnis!
Weihrauchdampfende Leiber
moschusduftende Mösen und Votzen
Aerobier Hydrobier Gymnasten Peepshower
strech und workout unhörbares Feeling!
Glückselig immer die im Geschäft
erschöpften Trinker unzüchtige Süchtige
Heilige träumen von ihrem Geschlecht