„also log ich, und sagte: Ich schreibe”
Friedrich Hahns neuer Roman ist ein facebook-Roman. Das gestattet ihm einiges: Vor allem wird Schreiben hier als Aktivität eines Gescheiterten geschildert, der eher, um sein Scheitern zu tarnen, die Behauptung aufstellt und verbreitet, er schreibe jetzt.
„Wie soll ich sagen …, ich konnte ja schlecht sagen, dass ich Rentner bin, also log ich, und sagte: Ich schreibe.”
Gelogen ist das natürlich nur, wo man an die Institution des Autors glaubt. Damit aber kann Schreiben unpathetisch als Praxis des und der Marginalisierten beschrieben werden, wobei dies sich beim Protagonisten stockend entfaltet, seine Anfänge klingen wie Waggerl, also etwas unzeitgemäß, vorsichtig formuliert:
„Den eigenen Tod stirbt man nur. Mit dem Tod der anderen aber muss man leben.”
Schreiben ist dabei beides: eine soziale und eine asoziale Praxis, Rückzug in die Innerlichkeit, wohin dem Protagonisten quasi nur Mark Zuckerberg folgt. Oder eben jene, die Zuckerberg auch noch verfolgt, wenn man so will: der „Tapirmann” samt „Sonntagstapir” zum Beispiel, den man rasch als Peter Hodina identifiziert, jedenfalls korrespondieren die Figur und die Realie Hodina deutlich.
Nun gibt es in diesem Raum natürlich solche, die ihre missglückte Ich-AG ohne Mehrwert fortführen:
„Eine, die stellt fast jede Woche ein neues Profilbild ins Netz. Kommt sich mit ihren großen Augen wohl besonders attraktiv vor. […] Erschwerend kommt hinzu, dass sie dichtet.”
Aber das Schreiben hat eine Eigendynamik, wie es Bücher haben, wie es das Lesen hat, wie schließlich das Kaufen von Büchern:
„Er kommt an keiner Bücherwühlkiste vorbei, ohne etwas zu kaufen. Oft aus Mitleid, wie er mir sagt. So hat er schon sieben oder acht Exemplare von Arno Schmidts »Steinernem Herz«. Nur, weil es ihm für das Buch und den Autor leid täte, wenn es in falsche Hände käme.”
So wird umrissen, wie gefährdet das ist, was man sei, wie es sich finden, erfinden, destabilisieren und verlieren lässt, gerade schreibend. Inklusive Stilbetrachtung, geschmäcklerisch, aber in der Komik doch fast „urteilslose Vollstreckung” (Benjamin), wenn der Stil Streeruwitz der einer „Asthmatikerin” sei, die „sich in einem fort an Satzanfängen (zu) verschlucken” scheint…
Ein spannender Text zu inkohärenten Zeiten in inkohärenten Medien, wobei dies denn doch eine Schwäche des Romans ist: Ob sich so, quasi dialektisch, falsche Konjunktionen – weil „weil” nun einmal keine Parataxe einleitet – entschuldigen lassen..? Und die „Komperatistik” [sic!] lässt auch nicht auf ein gutes Lektorat schließen.
Dennoch ist die Lektüre meist vergnüglich.
Fixpoetry 2017
Alle Rechte vorbehalten
Vervielfältigung nur mit Genehmigung von Fixpoetry.com und der Urheber
Dieser Artikel ist ausschließlich für den privaten Gebrauch bestimmt. Sie dürfen den Artikel jedoch gerne verlinken. Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion wieder.
Neuen Kommentar schreiben