„With music of machines, trains, planes”
Rose Ausländer ist eine Dichterin, die unter- und überschätzt wird: einerseits unterschätzt von der Germanistik, die aus manchem, dem man tatsächlich „poetics of banality” (L. Morris) attestieren kann, schließt, man könne das Gesamtwerk – intentio auctoris hin, intentio operis her – ad acta legen; überschätzt andererseits von insbesondere Lesern religiösen Hintergrundes, die gerade die Gedichte, angesichts derer Germanisten ein Unbehagen haben, für sich entdecken: als vereinnahmbar, was in diesen Kreisen „religiös” bedeute, gefällig, kurzum: postkartenkompatibel. Was darunter litt, war die Arbeit am Text, die einen widmen sich der Dichterin unzureichend, die anderen nehmen sie als aparten Anstoß oder nette Illustration für religiöse Feiern.
Zu begrüßen sind darum Publikationen wie die Englischsprachigen Gedichte Ausländers, die Gerhard Weidmann neu edierte und übersetzte. Die Ausgabe versammelt 26 Gedichte, also noch nicht alle, aber man kann auf die Zukunft und Weidmanns anhaltende Schaffensfreude und -kraft hoffen. Die vorliegenden Texte zeigen die „Periode der endgültigen Formfindung” im Werk Rose Ausländers, die wenig beachtete Phase der englischen Gedichte, die die Dichterin aus autobiographischen Gründen unterschlug, ist zum Verständnis dessen, warum man auch und gerade als Germanist (bzw. Anglist) mit den Texten Freude haben kann, wertvoll.
Erfreulich dabei: zwei Fehler aus The Forbidden Tree sind ausgemerzt worden – als Herausgeber war Weidmann gründlich, bloß ein Tippfehler in einer Übersetzung fällt auf, aber nicht ins Gewicht. Ebenso erfreulich: Weidmann trifft den Ton zumeist, klar, unpathetisch; und wo Anspielungen einer Erläuterung bedürfen, liefert er sie, etwa, wenn Rose Ausländer von „Rainbows” schreibt, Barbituraten in „rotblaue(n) Kapsel(n)”, „red-and-blue”. Was Weidmann mitunter verfehlt, sind expressive Rhythmen und Binnenreime, die zu treffen freilich auch keine Kleinigkeit ist:
… „music of machines, trains, planes,
and other iron organs in your brain”…… „Rhythmen von Maschinen, Zügen, Fluggerät
und was ehern sonst in deinem Kopf sich dreht”..?
New York summt und brummt in der Übertragung nicht mehr, die aus der Bukowina über Wien in die Metropole Geratene darf bei Weidemann nicht bis in den Wortklang erschüttert und enthusmiasmiert sein…
Dennoch, wie gesagt ist der Band verdienstvoller, erfreulicher Mosaikstein im Bild Rose Ausländers – der deutlich sagt: Dies ist eine Stimme des 20. Jahrhunderts, die unvergessen bleiben muß.
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