Montag,
5. August (Maria Schnee)
6°C,
Morgenhimmel blank, gebe dem verletzten fünften Brandl-Kalb zum
letztenmal Wasser, es hat sich den rechten hinteren Fuß gebrochen
und liegt in einer Grube unterm Groipnwandl, es kommt noch auf, kann
auf den drei gesunden Beinen stehen und etwas grasen, würde bis
zum Herbst (Abtrieb) durchkommen, wenn auch abmagern, man müßte
den Naturheiler Brandenberger verständigen, er geht gern auf die
Almen, würde das Bein mit Kartonstreifen schienen, ein Pflaster
mit seinen Salben auflegen und fest verbinden, wenn ein Hinterbein gebrochen
ist, kann das Kalb gut aufstehen und sich niederlegen, vorne wäre
es ungünstiger, Kälber unter einem Jahr sind nicht versichert
(Absturz/Blitzschlag), Gerhard, Karl, Rössing Hias und Peter kommen
mit Kraxen und großen Rucksäcken herauf, Hias holt mit der
Axt aus und schlägt dem Kalb auf die Stirnplatte, sticht es in
den Hals und läßt das Blut ausrinnen, der Kadaver wird aus
der Sonne in den Schatten gezogen, die Fliegen stürzen sich auf
die Blutlache, fachmännisches Aus-der-Decke-Schlagen und Zerlegen,
erster Schnitt ins Fell beim hinteren Bein, dann Kopf ab, der Schlund
wird mit einer Schnur abgebunden, damit der Dreck nicht austritt, dann
Hals aufgeschnitten, zum Hintern durch, Lunge, Herz, Leber, Magen, Därme
heraus, abgelöste Decke an den Rändern eingeschlagen und auf
einen kleinen Polster zusammengelegt, der feinsäuberlich und farbenfroh
(Fleckenkaiberl) im Wiesengrün liegt, Kopf, Innereien und abgeschlagene
Haxen werden auf einem schrägen Schotterfeld eingesteint (dort
wo das Vieh nicht grast), wenn die Körperhöhlung leer ist,
wird der Schlachtkörper mit der Hacke in zwei Teile zerlegt, das
Rückrat entlang, Kalbsfell hat jetzt wieder besseren Preis, aber
nur Totgeburten sind haarfest, Handtücher zum Blutabtrocknen und
Fliegenabwehren, die vier Viertel werden in saubere Plastiksäcke
verpackt und mit den Kraxen abtransportiert, Karl, dem Akademiker, wird
die schwerste Last zugeteilt
die Hauskreuzotter ist wieder da, Adi und Willi kommen nachmittags,
angeblich ist eine Kalbin über den untersten Zaun beim Feldl
hinunter, ich finde die Gruppe vollzählig bei den Hütten vor,
gebe Salz, das alte Gsölln-Ehepaar ist da, der Bauer pflückt
kleinblütiges Weidenröslein, das zwischen dem Fois herauswächst
(Tee gegen Männerleiden), eine Föhnwalze steht über den
Schladminger Tauern, auf dem Stoderzinken ist ein Startgerüst für
Drachenflieger errichtet worden, der Bundesheerhubschrauber hätte
das Kalb nicht als lebendes ausgeflogen, sondern nur als Kadaver (Gefahr
für Trinkwasser), die jungen Häher zirpen aus den Zirben,
üben das Melden, Kopf an der Tür angeschlagen
Dienstag,
6. August
6°C,
Regen, Gewitter im Dauerregen, bei jedem neuen Guß wird es auch
untertags sehr dunkel, 7. bis 10. August ist die beste Sprengzeit für
Rehböcke, also auch für die Jagd auf sie, 6+3 Rössinger
zum Weiß Wandl getrieben, die 3 Landl-Kaiberl sind ins Klammel
hinaufgegangen, das Peternkalb mit dem rechten Augenfleck ist stierig,
Adi und Wili gehen bei stömendem Regen ab, das Vieh, das einen
weniger oft sieht (z. B. die 8 Blasbichler weit hinten in den Suin),
führt ein geheimes Leben, kaum heizt man ein, sind die Stubenfliegen
wieder aufgewacht, die Geißen sausen schnell einmal durch den
strömenden Regen vom Stall zur Hüttentür, meckern erbärmlich
und ziehen wieder ab, die beiden Hühner girren und picken mit dem
Schnabel an die Türschwelle, Treiben von schweren Kalbinnen bei
Regenwetter gefährlich (Gelände weich, Gras rutschig), Gwahen
= Regenfahnen, Zaschen = Zirren, Zirruswolken, Robert hat
mit Recht ein großes Gestänge vor der Hütte zum Trocknen
der klatschnassen Wetterflecke errichtet, früher sind die Kälber
zum Großfrauentag (15. August) ins Tal gebracht worden, der Wettlauf
der Jäger um die Böcke hat eingesetzt, es hat nur mehr 4 °,
um 6 Uhr abends ist es den Geißen zu dumm und sie gehen trotz
strömenden Regens grasen, Wespennest unterm Dach, nachts Summen,
die Geißen schlüpfen immer an derselben Stelle unterm Zaun
durch: wo sie sich am wenigsten bücken müssen, nasser Lodenmantel
riecht nach Schaf, Körperpflege vernachlässigt
Mittwoch,
7. August
2°C,
Schneefall, weiß, aber nur bodenbedeckt, es schneit untertags
weiter, 6 Friener kommen vom Scharschtl aufs Hüttfeld, ziehen unruhig
herum, auch die anderen Kälber, sie suchen um die Hütten nach
Foisblättern, die aus dem Schnee hervor schauen, im Innenraum ist
es heller als sonst, Schnee rutscht platschend vom Dach, man hört
bei Schnee die Viehglocken schlecht, Seidl-Kalbin 086 stierig, Kielhäusl
Schafe (die Glocke hat zwei rote Ohrmarken) kommen aufs Hüttfeld,
ein Möslehn-Widder ist dabei, die Hydroloin sitzt unten im Hartweger-Hütterl
und entnimmt aus 6 Quellen 3x täglich Wasserproben, sie werden
ins Labor nach Wien geschickt, es schneit und regnet den ganzen Tag,
wilde Wasserbäche den Seegraben hinunter, am Grieshüttl hat
sich eine große Lacke in der Wiese gebildet, die Kälber stehen
unter Bäumen auf schneefreien Stellen, bucklig, frierend, wiederkäuend;
die drei kleinen Forcher und die Pferde unauffindbar, in den Tälern
Überschwemmungen, bei Taxenbach ist die Westbahn unterbrochen,
sagt Robert, der Teekessel singt seinen melismatisch-meditativen Gesang,
man muß ihn nach einiger Zeit vom Herd nehmen, damit wieder Ruhe
eintritt, Else Wulff sagt mir ein Rezept für Schlehenschnaps an,
er heißt Schlehenfeuer