Glanz@Elend |
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Wir
arbeiten mit allen Gliedern, warum denn nicht auch damit; ihre Mutter hat damit
geschafft, wie sie zur Welt kam, und es hat ihr weh getan; kann sie für ihre
Mutter nicht auch damit schaffen, he? und tut's ihr auch weh dabei, he?
Der
Atemzug eines Aristokraten ist das Röcheln der Freiheit.
Die Waffe
der Republik ist der Schrecken, die Kraft der Republik ist die Tugend - die
Tugend, weil ohne sie der Schrecken verderblich, der Schrecken, weil ohne ihn
die Tugend ohnmächtig ist. Der Schrecken ist ein Ausfluß der Tugend, er ist
nichts anders als die schnelle, strenge und unbeugsame Gerechtigkeit. Sie sagen,
der Schrecken sei die Waffe einer despotischen Regierung, die unsrige gliche
also dem Despotismus. Freilich! aber so, wie das Schwert in den Händen eines
Freiheitshelden dem Säbel gleicht, womit der Satellit des Tyrannen bewaffnet
ist. Regiere der Despot seine tierähnlichen Untertanen durch den Schrecken, er
hat recht als Despot; zerschmettert durch den Schrecken die Feinde der Freiheit,
und ihr habt als Stifter der Republik nicht minder recht. Die
Revolutionsregierung ist der Despotismus der Freiheit gegen die Tyrannei.
Das Laster
ist das Kainszeichen des Aristokratismus. In einer Republik ist es nicht nur ein
moralisches, sondern auch ein politisches Verbrechen; der Lasterhafte ist der
politische Feind der Freiheit, er ist ihr um so gefährlicher, je größer die
Dienste sind, die er ihr scheinbar erwiesen. Der gefährlichste Bürger ist
derjenige, welcher leichter ein Dutzend rote Mützen verbraucht als eine gute
Handlung vollbringt.
Keinen
Vertrag, keinen Waffenstillstand mit den Menschen, welche nur auf Ausplünderung
des Volkes bedacht waren, welche diese Ausplünderung ungestraft zu vollbringen
hofften, für welche die Republik eine Spekulation und die Revolution ein
Handwerk war!
Narren,
Kinder und - nun? - Betrunkne sagen die Wahrheit.
Warum kann
ich deine Schönheit nicht ganz in mich fassen, sie nicht ganz umschließen?
Ein
moderner Adonis wird nicht von einem Eber, sondern von Säuen zerrissen; er
bekommt seine Wunde nicht am Schenkel, sondern in den Leisten, und aus seinem
Blut sprießen nicht Rosen hervor, sondern schießen Quecksilberblüten an.
Ich weiß
wohl - die Revolution ist wie Saturn, sie frißt ihre eignen Kinder.
. . . die
Revolution kennt keine Reliquien, sie hat die Gebeine aller Könige auf die
Gasse und alle Bildsäulen von den Kirchen geworfen.
. . .
das Volk ist wie ein Kind, es muß alles zerbrechen, um zu sehen.
Wo die
Notwehr aufhört, fängt der Mord an; ich sehe keinen Grund, der uns länger zum
Töten zwänge.
Die
soziale Revolution ist noch nicht fertig; wer eine Revolution zur Hälfte
vollendet, gräbt sich selbst sein Grab. Die gute Gesellschaft ist noch nicht
tot, die gesunde Volkskraft muß sich an die Stelle dieser nach allen Richtungen
abgekitzelten Klasse setzen. Das Laster muß bestraft werden, die Tugend muß
durch den Schrecken herrschen.
Ist denn
nichts in dir, was dir nicht manchmal ganz leise, heimlich sagte: du lügst, du
lügst!?
Das
Gewissen ist ein Spiegel, vor dem ein Affe sich quält; jeder putzt sich, wie er
kann, und geht auf seine eigne Art auf seinen Spaß dabei aus. Das ist der Mühe
wert, sich darüber in den Haaren zu liegen! Jeder mag sich wehren, wenn ein
andrer ihm den Spaß verdirbt.
Weg mit
einer Gesellschaft, die der toten Aristokratie die Kleider ausgezogen und ihren
Aussatz geerbt hat!
Ich weiß
nicht, was in mir das andere belügt.
Und ist
nicht unser Wachen ein hellerer Traum? sind wir nicht Nachtwandler? ist nicht
unser Handeln wie das im Traum, nur deutlicher, bestimmter, durchgeführter? Wer
will uns darum schelten? In einer Stunde verrichtet der Geist mehr Taten des
Gedankens, als der träge Organismus unsres Leibes in Jahren nachzutun vermag.
Die Sünde ist im Gedanken. Ob der Gedanke Tat wird, ob ihn der Körper
nachspiele, das ist Zufall.
Wir müssen
die große Leiche mit Anstand begraben, wie Priester, nicht wie Mörder; wir dürfen
sie nicht verstümmeln, alle ihre Glieder müssen mit hinunter.
. . . er
trägt seinen Kopf wie eine Monstranz.«
Was sehen
wir nur immer nach dem Einen? Wahrlich, der Menschensohn wird in uns allen
gekreuzigt, wir ringen alle im Gethsemanegarten im blutigen Schweiß, aber es
erlöst keiner den andern mit seinen Wunden.
. . . die
Zeit verliert uns. Das ist sehr langweilig, immer das Hemd zuerst und dann die
Hosen drüber zu ziehen und des Abends ins Bett und morgens wieder
herauszukriechen und einen Fuß immer so vor den andern zu setzen; da ist gar
kein Absehen, wie es anders werden soll. Das ist sehr traurig, und daß
Millionen es schon so gemacht haben, und daß Millionen es wieder so machen
werden, und daß wir noch obendrein aus zwei Hälften bestehen, die beide das nämliche
tun, so daß alles doppelt geschieht - das ist sehr traurig.
Sterbende
werden oft kindisch.
Wir haben
nicht die Revolution, sondern die Revolution hat uns.
Möchte
man nicht drunter springen, sich die Hosen vom Leibe reißen und sich über den
Hintern begatten wie die Hunde auf der Gasse?
Ich
begreife nicht, warum die Leute nicht auf der Gasse stehenbleiben und einander
ins Gesicht lachen. Ich meine, sie müßten zu den Fenstern und zu den Gräbern
heraus lachen, und der Himmel müsse bersten, und die Erde müsse sich wälzen
vor Lachen.
Die
Menschheit eilt mit Riesenschritten ihrer hohen Bestimmung entgegen.
Setzt die
Leute aus dem Theater auf die Gasse: die erbärmliche Wirklichkeit! - Sie
vergessen ihren Herrgott über seinen schlechten Kopisten. Von der Schöpfung,
die glühend, brausend und leuchtend, um und in ihnen, sich jeden Augenblick neu
gebiert, hören und sehen sie nichts. Sie gehen ins Theater, lesen Gedichte und
Romane, schneiden den Fratzen darin die Gesichter nach und sagen zu Gottes Geschöpfen:
wie gewöhnlich! - Die Griechen wußten, was sie sagten, wenn sie erzählten,
Pygmalions Statue sei wohl lebendig geworden, habe aber keine Kinder bekommen.
Sie wollen
meinen Kopf; meinetwegen. Ich bin der Hudeleien überdrüssig. Mögen sie ihn
nehmen. Was liegt daran? Ich werde mit Mut zu sterben wissen; das ist leichter,
als zu leben.
Man hat
mir von einer Krankheit erzählt, die einem das Gedächtnis verlieren mache. Der
Tod soll etwas davon haben. Dann kommt mir manchmal die Hoffnung, daß er
vielleicht noch kräftiger wirke und einem alles verlieren mache. Wenn
das wäre! - Dann lief ich wie ein Christ, um einen Feind, d. h. mein Gedächtnis,
zu retten.
Eigentlich
muß ich über die ganze Geschichte lachen. Es ist ein Gefühl des Bleibens in
mir, was mir sagt: es wird morgen sein wie heute, und übermorgen und weiter
hinaus ist alles wie eben.
Will denn
das nie aufhören? Wird das Licht nie ausglühn und der Schall nie modern?
Will's denn nie still und dunkel werden, daß wir uns die garstigen Sünden
einander nicht mehr anhören und ansehen?
Es gibt
Gedanken, Julie, für die es keine Ohren geben sollte. Das ist nicht gut, daß
sie bei der Geburt gleich schreien wie Kinder; das ist nicht gut.
Puppen
sind wir, von unbekannten Gewalten am Draht gezogen; nichts, nichts wir selbst!
Die Natur
folgt ruhig und unwiderstehlich ihren Gesetzen; der Mensch wird vernichtet, wo
er mit ihnen in Konflikt kommt. Eine Änderung in den Bestandteilen der Luft,
ein Auflodern des tellurischen Feuers, ein Schwanken in dem Gleichgewicht einer
Wassermasse und eine Seuche, ein vulkanischer Ausbruch, eine Überschwemmung
begraben Tausende. Was ist das Resultat? Eine unbedeutende, im großen Ganzen
kaum bemerkbare Veränderung der physischen Natur, die fast spurlos vorübergegangen
sein würde, wenn nicht Leichen auf ihrem Wege lägen.
Der
Weltgeist bedient sich in der geistigen Sphäre unserer Arme ebenso, wie er in
der physischen Vulkane und Wasserfluten gebraucht. Was liegt daran, ob sie an
einer Seuche oder an der Revolution sterben?
Die
Schritte der Menschheit sind langsam, man kann sie nur nach Jahrhunderten zählen;
hinter jedem erheben sich die Gräber von Generationen. Das Gelangen zu den
einfachsten Erfindungen und Grundsätzen hat Millionen das Leben gekostet, die
auf dem Wege starben. Ist es denn nicht einfach, daß zu einer Zeit, wo der Gang
der Geschichte rascher ist, auch mehr Menschen außer Atem kommen?
Da alle
unter gleichen Verhältnissen geschaffen werden, so sind alle gleich, die
Unterschiede abgerechnet, welche die Natur selbst gemacht hat; es darf daher
jeder Vorzüge und darf daher keiner Vorrechte haben, weder ein einzelner noch
eine geringere oder größere Klasse von Individuen.
Es gibt
keinen Gott, denn: Entweder hat Gott die Welt geschaffen oder nicht. Hat er sie
nicht geschaffen, so hat die Welt ihren Grund in sich, und es gibt keinen Gott,
da Gott nur dadurch Gott wird, daß er den Grund alles Seins enthält. Nun kann
aber Gott die Welt nicht geschaffen haben; denn entweder ist die Schöpfung ewig
wie Gott, oder sie hat einen Anfang. Ist letzteres der Fall, so muß Gott sie zu
einem bestimmten Zeitpunkt geschaffen haben, Gott muß also, nachdem er eine
Ewigkeit geruht, einmal tätig geworden sein, muß also einmal eine Veränderung
in sich erlitten haben, die den Begriff Zeit auf ihn anwenden läßt, was
beides gegen das Wesen Gottes streitet. Gott kann also die Welt nicht geschaffen
haben. Da wir nun aber sehr deutlich wissen, daß die Welt oder daß unser Ich
wenigstens vorhanden ist und daß sie dem Vorhergehenden nach also auch ihren
Grund in sich oder in etwas haben muß, das nicht Gott ist, so kann es keinen
Gott geben.
Quod erat
demonstrandum.
Wer einmal
nichts hat als Verstand und ihn nicht einmal konsequent zu gebrauchen weiß oder
wagt, ist ein Stümper.
Ist's
nicht sehr menschlich, uns Gott nur als schaffend denken zu können? Weil wir
uns immer regen und schütteln müssen, um uns nur immer sagen zu können: wir
sind! müssen wir Gott auch dies elende Bedürfnis andichten? - Müssen wir,
wenn sich unser Geist in das Wesen einer harmonisch in sich ruhenden, ewigen
Seligkeit versenkt, gleich annehmen, sie müsse die Finger ausstrecken und über
Tisch Brotmännchen kneten? aus überschwenglichem Liebesbedürfnis, wie wir uns
ganz geheimnisvoll in die Ohren sagen. Müssen wir das alles, bloß um uns zu Göttersöhnen
zu machen? Ich nehme mit einem geringern Vater vorlieb; wenigstens werd ich ihm
nicht nachsagen können, daß er mich unter seinem Stande in Schweineställen
oder auf den Galeeren habe erziehen lassen.
Erst
beweist ihr Gott aus der Moral und dann die Moral aus Gott! - Was wollt ihr denn
mit eurer Moral? Ich weiß nicht, ob es an und für sich was Böses oder was
Gutes gibt, und habe deswegen doch nicht nötig, meine Handlungsweise zu ändern.
Ich handle meiner Natur gemäß; was ihr angemessen, ist für mich gut und ich
tue es, und was ihr zuwider, ist für mich bös und ich tue es nicht und
verteidige mich dagegen, wenn es mir in den Weg kommt. Sie können, wie man so
sagt, tugendhaft bleiben und sich gegen das sogenannte Laster wehren, ohne
deswegen ihre Gegner verachten zu müssen, was ein gar trauriges Gefühl ist.
. . .
die Kühnheit ist dem Verbrecher, die Ruhe der Unschuld eigen.
Es ist
endlich Zeit, daß die rechtschaffnen Leute das Haupt erheben.
Das Volk
hat einen Instinkt, sich treten zu lassen, und wäre es nur mit Blicken;
dergleichen insolente Physiognomien gefallen ihm. Solche Stirnen sind ärger als
ein adliges Wappen, der feine Aristokratismus der Menschenverachtung sitzt auf
ihnen. Es sollte sie jeder einschlagen helfen, den es verdrießt, einen Blick
von oben herunter zu erhalten.
Seid
ruhig, meine Freunde! Wir sind wie die Herbstzeitlose, welche erst nach dem
Winter Samen trägt. Von Blumen, die versetzt werden, unterscheiden wir uns nur
dadurch, daß wir über dem Versuch ein wenig stinken. Ist das so arg?
Etwas kann
nicht zu nichts werden! Und ich bin etwas, das ist der Jammer! - Die Schöpfung
hat sich so breit gemacht, da ist nichts leer, alles voll Gewimmels. Das Nichts
hat sich ermordet, die Schöpfung ist seine Wunde, wir sind seine Blutstropfen,
die Welt ist das Grab, worin es fault.
Wir sind
alle lebendig begraben und wie Könige in drei- oder vierfachen Särgen
beigesetzt, unter dem Himmel, in unsern Häusern, in unsern Röcken und Hemden.
Morgen
bist du eine zerbrochene Fiedel; die Melodie darauf ist ausgespielt. Morgen bist
du eine leere Bouteille; der Wein ist ausgetrunken, aber ich habe keinen Rausch
davon und gehe nüchtern zu Bett - das sind glückliche Leute, die sich noch
besaufen können. Morgen bist du eine durchgerutschte Hose; du wirst in die
Garderobe geworfen, und die Motten werden dich fressen, ...
Keiner
versteht das Regieren.
Wir hätten
die Freiheit zur Hure gemacht!
Die
Freiheit und eine Hure sind die kosmopolitischsten Dinge unter der Sonne.
Die
allgemeinen fixen Ideen, welche man die gesunde Vernunft tauft, sind unerträglich
langweilig.
Wenn
einmal die Geschichte ihre Grüfte öffnet, kann der Despotismus noch immer an
dem Duft unsrer Leichen ersticken.
Die
Unterschiede sind so groß nicht, wir alle sind Schurken und Engel, Dummköpfe
und Genies, und zwar das alles in einem: die vier Dinge finden Platz genug in
dem nämlichen Körper, sie sind nicht so breit, als man sich einbildet.
Schlafen, Verdauen, Kinder machen - das treiben alle; die übrigen Dinge sind
nur Variationen aus verschiedenen Tonarten über das nämliche Thema. Da braucht
man sich auf die Zehen zu stellen und Gesichter zu schneiden, da braucht man
sich voreinander zu genieren! Wir haben uns alle am nämlichen Tische krank
gegessen und haben Leibgrimmen; was haltet ihr euch die Servietten vor das
Gesicht? Schreit nur und greint, wie es euch ankommt! Schneidet nur keine so
tugendhafte und so witzige und so heroische und so geniale Grimassen, wir kennen
uns ja einander, spart euch die Mühe!
Es ist
nicht so übel, seine Toga zu drapieren und sich umzusehen, ob man einen langen
Schatten wirft. Was sollen wir uns zerren? Ob wir uns nun Lorbeerblätter,
Rosenkränze oder Weinlaub vor die Scham binden oder das häßliche Ding offen
tragen und es uns von den Hunden lecken lassen?
Die Welt
ist das Chaos. Das Nichts ist der zu gebärende Weltgott.
Die
Tyrannen werden über unsern Gräbern den Hals brechen.
Er hält
seine Leiche für ein Mistbeet der Freiheit.
Die
Guillotine ist der beste Arzt.
Willst du
grausamer sein als der Tod? Kannst du verhindern, daß unsere Köpfe sich auf
dem Boden des Korbes küssen?
Ja, man muß
die Leute in allen Verhältnissen sehen; es ist recht gut, daß das Sterben so
öffentlich wird.« |
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