Raimund Groß und Victor Kümel

Man sieht, wer seine Seele verkauft

Das Multitalent Hans Platzgumer im Gespräch über Massenkompatibilität, Innovationszwang und Popliteratur


lit: In diesem Sinne würden Sie sich also eher als unverlässlich beschreiben?

Platzgumer: Ich wehre mich dagegen, mich auf ein System einzulassen, in dem ich standardisierte Leistungen erbringen und Erwartungshaltungen erfüllen muss. Denn darf ich mich gleich den Technologiemärkten bloß in die eine Richtung bewegen und muss in regelmäßigen Abständen Produkte abwerfen, egal wie sinnvoll die sind. Bin ich frei, bin ich „Underground“, unabhängig, wie immer man es nennen will, dann kann ich mich in meiner Parallelwelt frei bewegen, in der auch der Zeitpfeil nicht ein stur nach vorne gerichteter sein muss. Deshalb kann ich auch meiner Zeit voraus sein oder auch mal 20 Jahre hinterher (was wiederum oft dasselbe ist), wenn ich will, retrospektiv arbeiten, oder mich im Kreis drehen und die Zeit anhalten.

lit: Wenn man sich aber so konsequent gegen alles stellt, was, sagen wir „akzeptiert“ ist - stellt man sich dann nicht in gewisser Weise auch ins Abseits? Leben zumindest wird man davon dann wohl nicht können?

Platzgumer: Ich persönlich kann heute schon über zwei Jahrzehnte von meiner Kunst gut leben. Man kann künstlerisch von mir halten was man will, aber zumindest bin ich ein lebender Beweis dafür, dass ein Gegenmodell zu den üblichen Kommerzialisierungsprinzipien der Musikindustrie auch auf Dauer funktionieren kann. Obwohl ich oft bereits die Grenze zur so genannten Hochkultur überschreite, sehe ich mich immer noch als „Underground“ Künstler, denn ich mache was ich will und entscheide rein aus künstlerischen Motiven, was ich produziere und was nicht.

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Copyright © Raimund Groß und Victor Kümel – Aug 15, 2008