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Fenster der Seele

FENSTER DER SEELE

Alisha Bionda, Frank W. Haubold (Hrsg.)
Anthologie / Phantastik

Lerato-Verlag

Taschenbuch, 200 Seiten
ISBN: 978-393888260-3

Nov. 2007, 1. Auflage, 9.95 EUR
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In ihrer neuen Anthologie bieten die Herausgeber Alisha Bionda und Frank W. Haubold phantastische Katzengeschichten nicht nur für Freunde der anschmiegsamen, wählerischen Vierbeiner an. Bei Direktbestellern des Leraot- Verlages geht ein Euro an die Stiftung „Katzen in Not“, über den Buchhandel immer noch 50 Cents. Insgesamt neunzehn Geschichten bietet die Sammlung, optisch hervorragend von den schönen Zeichnungen des Wolfsburger Künstlers Pattrick Hachfeld begleitet.

Alexander Amberg eröffnet mit „Der Fluch“ die Sammlung. Die Katze als stiller einziger Beobachter ist aber kein plottechnisch notwendiges Element. Ansonsten handelt es sich um eine geradlinige Gruselgeschichte, deren Auflösung und das daraus folgende Ende zu einfach ist. Der Weg dahin ist unterhaltsam geschrieben und aus der Perspektive des Katers sind die menschlichen Verschrobenheiten humorvoll karikiert. Eddie M. Angerhubers Stillleben „Les choses eternelles“ ist – wie die meisten ihrer Geschichten – atmosphärisch dicht und beeindruckend, die Handlung selbst bis auf die Schlusspointe eher vorhersehbar. Der Autorin gelingt es allerdings deutlich besser als Alexander Amberg, die Geschmeidigkeit und Ahnmut, den Dickkopf und die Treue der Katzen in Worte zu fassen. Die Titelgeschichte „Fenster der Seele“ der Herausgeberin Alisha Bionda ist einer dieser Texte, der sich gut lesen, aber rückblickend zu viele Fragen lässt. Ohne zu viel vom Plot zu verraten, wirkt das Ambiente in einem modernen von Genmanipulation und dem Klonen geprägten modernen Umfeld nostalgisch. Für den Plot wäre es sinnvoller gewesen, die Mad Scientist Komponente in die Vergangenheit – durchaus die Frankensteinära des 19. Jahrhunderts – zu verlegen, die Charaktere deutlicher herauszuarbeiten und den Text zu erweitern. Im Kern der Geschichte steckt mehr eine gotische Schauermär, die sich in dem modernen Gewand und vor allem in der zu geradlinigen und auf die Pointe zu direkt steuernden Handlung wohl fühlt. Nina Blazons „Eine Nacht mit Nivenar“ als Hommage auf die Schauergeschichten insbesondere eines Bierces oder Poes funktioniert besser. Das Ambiente ist zeitloser, die Atmosphäre insbesondere zu Beginn dunkler und überzeugender. Wie bei einigen Kurzgeschichten dieser Sammlung hört der Plot allerdings auf, als es interessant zu werden beginnt. So stellt sich der Leser unwillkürlich die Frage, ob der Protagonist wirklich losgelassen hat oder durch einen grotesken Unfall in diese Situation gekommen ist. Weiterhin möchte man gerne seinen weiteren Weg in diese andere Welt verfolgen.

„Der Katzenstrauch“ von Corina Bomann ist ein schönes Märchen. Stilistisch ansprechend gelingt es ihr eine Szenerie aus „1001“ Nacht zu erwecken und vor dieser überzeugenden Kulisse eine originelle Liebesgeschichte zumindest anzudeuten. Impliziert erinnert der Text stimmungstechnisch an Paul Schraders Auftaktsequenz in „Katzenmenschen“. Michael Borlik setzt sich in „Die Gemeinschaft“ mit der Frage auseinander, wie die sieben Leben einer Katze zustande gekommen. Auch wenn das Ende schließlich ein wenig vorhersehbar ist und sich die einzelnen Zusammenhänge für den Leser vor einem der ermittelnden Beamten erschließen – da hilft auch nicht die Ablenkung, dass die Gemeinschaft aus mehr als einem Täter besteht – eine unterhaltsame Kriminalgeschichte mit einem dunklen Ende. Barbara Büchners „Die Katze im Wald“ ist eine schön geschriebene Story, deren Plot allerdings weit im Vorwege signalisiert wird. Darum kann sich der Leser alleine auf die suggestive Atmosphäre konzentrieren, welche die Autorin überzeugend entwickelt. Es ist allerdings enttäuschend, dass vor allem eine so erfahrene Autorin nicht etwas Originelleres zum Thema Katzen beisteuern konnte. Deutlich besser macht es Wolfgang G. Fienhold mit „Schach“, sagt Gustav“, einer Satire auf die Vermenschlichung der Katzen und die überspannten Erwartungen der spießigen Durchschnittsbürger. Pointiert geschrieben mit der richtigen Mischung aus Provokation und Ironie liest sich der Text sehr gut und gehört ohne Zweifel zu den Höhepunkten der vorliegenden Anthologie. Insbesondere die Vermenschlichung Gustavs zu einem opportunistischen, eitlen Spießer ist ein hervorragender Kontrast zu den vielen anderen Geschichten dieser Sammlung, in denen Menschen mehr oder minder überzeugend zu Katzen werden oder zumindest deren Verhalten annehmen. Eine märchenhafte Fantasy ist Heide Solveig Göttners „Die Goldkatze“. Frei nach dem Motto, wer gutes tut, dem wird auch gutes widerfahren beim Umgang mit Katzen. Andreas Grubers „Philipp“ ist eine der längsten Geschichten der Sammlung. Gruber hat sich insbesondere als Autor dunkler stimmungsvoller Gruselstorys einen Namen gemacht. Aus dieser Perspektive überrascht „Philipp“. Aus der Sicht einer jungen Katze wird das alltägliche auf und ab einer geschiedenen Mutter mit ihrem Sohn zwischen Ex- Ehemann und Freund beschrieben. Philipps gibt sein Bestes, die Menschen zu verstehen und sie zumindest teilweise zu erziehen. Diese ungewöhnliche Perspektive führt zu einigen sehr unterhaltsam geschriebenen Szenen. Die Geschichte ist allerdings mit einem ernsten Hintergrund unterlegt und weniger als Parodie, sondern als Auseinandersetzung mit der zerrütteten Familie und dem Kampf an allen Alltagsfronten zu verstehen. Auch wenn es dem Herausgeber und Schriftsteller Frank W. Haubold nicht gefallen wird, seine Geschichte „Sieben“ ist wieder stilistisch ansprechend geschrieben worden, aber der Plot aus verschiedenen Teilen zusammengesetzt. Der Leser darf sich seine Gedanken machen. Der bei einem Unfall ums Leben gekommene Ehemann rettet seine Frau vor einem psychopathischen Massenmörder, hinterlässt in zuckersüßer Manier einen Aufpasser und beseitigt schließlich das Problem. Haubold liefert keine Erläuterungen für dieses Phänomen – oder schützen plötzlich Millionen von ums Leben gekommene Menschen vor Schaden? – und gibt auch keinen Anhaltspunkt, ob seine Protagonisten etwas Besonderes sind. Eine innige Liebe, ein Zusammenhalt über den Tod hinaus, eine schicksalhafte Begegnung? Der Plot ist nicht sonderlich originell, die Ausführung geradlinig und stringent. Haubold scheint ein emotionaler Autor zu sein, der sich mit dem Thema identifizieren muss, um seine Qualitäten zeigen zu können. Sobald ihm eine literarische Spielart nicht unbedingt liegt, ist die Kluft zwischen stilistischer Ausführung und den zugrundeliegenden Ideen zu groß. S. Ch. Hirsch „3+4“ zeigt die Katzen von ihrer lieben Seite. Allerdings ist die Story zu kurz, um wirklich überzeugen zu können. „Ein Kinderspielzeug“ von Stefani Hübbner- Raddatz berichtet von einer Frau auf Geschäftsreise, die in einer schmuddeligen Absteige übernachten muss. In ihrem Zimmer befindet sich ein überdimensionales Puppenhaus. Insbesondere zu Beginn des Plots dank Stefani Hübber- Raddatz ironischen Stil interessant aufgebaut beginnt der Leser die Pointe zu erahnen. Mit einer Hommage an William Hodgson und seine unheimlichen Seegeschichten folgt Christoph Marzis „Die Seekatze“. Eine kurzes, aber intensiv geschriebenes Abenteuergarn, welche es seinen Lesern überlässt, die richtigen Schlüsse zu ziehen. Das Katzen sieben Leben haben sollen, ist weidlich bekannt. Weniger bekannt oder offensichtlich ist, woher diese sieben Leben kommen. Um dieses Thema kümmert Stefanie Pappon in „Sieben Leben“. Gute solide Unterhaltung mit einem Schuss Grusel und einer interessanten Pointe. „Nachtratten“ von Judith Rau ist eine Abrechnung mit einer besonderen Spezi. Im Vergleich zu einer Reihe anderer Geschichten dieser Sammlung beschreibt sie das einzigartige/eigenartige Verhalten mancher Katze sehr genau und arbeitet auf dieser Grundlage ihre Prämisse aus. Vielleicht hätte sie am Ende den Eindringling einfach weglassen sollen, die Pointe wäre zynischer, aber auch treffender gewesen. Denn schließlich kann ein Kater im Haus nie Welt vor streunendem Getier aller Art schützen. Eine unterhaltsame Geschichte voller Seitenhiebe auf den harten Alltag der Ehefrau per se und in diesem speziellen Fall. Mark F. Samuels „Der Ailuromorph“ ist einer der Texte dunkler, mystischer Phantastik, wie sie insbesondere im 19. Jahrhundert entstanden ist. Stilistisch sehr ansprechend geschrieben präsentiert Samuels eine Mischung aus längst vergangener Eleganz und dem Wahnsinn, der aus dem Nichts heraus beeinflussbare Charaktere befällt. Der langsame, aber stetige geistige Verfall wird gut beschrieben und Samuels offeriert sehr viele interessante fiktive Hintergrundinformationen, um den Leser während der ganzen Story bei der Stange zu halten. Das Ende selbst ist vorhersehbar, schließlich enden fast alle phantastischen Geschichten in der Tradition Lovecrafts oder Poe mit Wahnsinn und Tod. Der Weg dahin ist allerdings gut geschrieben.
„Neun Leben“ von Dirk Taeger ist eine sehr kurze Story, in welcher er den Abstieg eines Menschen in den Wahnsinn beschreibt. Die Durchnummerierung der einzelnen Kapitel ist auf den ersten Blick atypisch, führt aber direkt zur Pointe. Die letzte Geschichte der Sammlung „Die neongrüne Katze“ von Arthur Gordon Wolf ist die einzige Science Fiction Story. Wie in „Blade Runner“ gibt es in der Zukunft auch Replikanten von Tieren, insbesondere die Katzen suchen sich auf eine einschmeichelnde Art und Weise sprechend neue Herren oder Frauchen oder elementare Grundelemente ihrer künstlichen Existenz. Im Vergleich zu einigen anderen Geschichten der Sammlung ist Arthur Gordon Wolfs Stil teilweise noch zu bemüht, zu wenig fließend, aber er malt ein dunkles Bild unserer Zukunft und verbindet am Ende den lovecraft´schen Horror mit einer klassischen Science Fiction Idee. Mit seinem Text schließt auch der Metamorphosenzyklus dieser Sammlung - ein Themenstrang, der sich durch sehr unterschiedliche Geschichten auf differenzierte Weise zieht - ab.

Unabhängig vom guten Zweck ist „Fenster der Seele“ eine gut zusammengestellte Themenanthologie. Wer eine Katze oder einen Kater sein Eigen nennt, wird an dem hier oft beschriebenen Verhalten der eigenwilligen Tiere seine wahre Freude haben. Für die Nichtkatzenliebhaber sind eine Reihe von sehr lesenswerten Geschichten vorhanden, deren Themenspektrum von der eben angesprochenen utopischen Geschichte bis zum Mystizismus reicht. Stilistisch sind die Texte auf einem hohen Niveau, nur mancher Plot kommt dem eingefleischten Leser bekannt vor. Nicht genug zu loben ist die schöne Ausstattung des Buches mit den Zeichnungen Patrick Hachfelds, dessen graphische Einleitungen Freunde auf die entsprechenden Geschichten machen.

08. Mar. 2008 - Thomas Harbach

Der Rezensent

Thomas Harbach
Deutschland

Total: 732 Rezensionen
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