rezensiert von Thomas Harbach
Mit der Regelmäßigkeit einer Maschine veröffentlicht Alan Dean Foster seine Romane und inzwischen seltener Filmadaptionen. Im Mittelpunkt seiner abenteuerlichen Space Operas steht der von ihm geschaffene Commonwealth Zyklus. Ein loser politischer Bund von Menschen besiedelter Welten. Im Laufe der fast dreißig Jahre, die er an diesem Werk arbeitet, hat er seine bekanntesten Schöpfungen – Pip und den weiblichen Drachen Flynx – genauso integriert wie ursprüngliche Einzelromane – siehe „Die denkenden Wälder“. Viele dieser Bücher beinhalten einen Apel an menschliche Grundtugenden: Toleranz anderen – in diesem Fall Aliens – gegenüber und einen Verzicht auf vorschnelle Urteile, die zu Vorurteilen führen könnten. Neben exotischen Hintergründen überzeugt in diesem stetig wachsenden Universum Fosters Fähigkeit, eine nicht immer überraschende Geschichte originell und erstaunlich flüssig zu erzählen.
Mit „Lost and Found“ – dem Originaltitel von „Safari“ – startet er eine neue Trilogie von Science Fiction Geschichten, die bislang keine Bezüge zu seinem vorherrschenden Universum aufweisen. Wie in kaum einem anderen seiner Bücher ist er allerdings auf die erzählerische Komponente angewiesen, da eine weitere Entführungsgeschichte von Menschen durch Außerirdische von der gegenwärtigen Erde niemanden mehr vom Hocker reißt. Das solche Themen auch anders und erfrischend originell angesprochen werden können, hat nicht zuletzt die Fernsehserie „4400“ bewiesen. Bei Foster ist der Auftakt allerdings Klischee. Der Commodity- Broker Marcus Walker hat mit Freunden gewettet, dass er eine Woche in den Bergen der Sierra Nevada aushalten kann. Nur auf sich gestellt und mit einer entsprechenden modernen Ausrüstung. Nach einem abrupt von typischen amerikanischen Red Necks abgebrochenen Flirt mit einer jungen Dame zieht er sich wieder in seinen Rucksack und damit aus der dörflichen Zivilisation zurück, nur um kurze Zeit später an Bord eines Raumschiffes und in der Gefangenschaft von Außerirdischen aufzuwachen. Zuerst bekommt er diese Veränderung nicht mit, da die Fremden seine Umgebung inklusiv See und Zelt bis ins kleinste Detail reproduziert haben. Erst einige Unstimmigkeiten machen ihn auf sein neues Schicksal aufmerksam. ER befindet sich an Bord eines Raumschiffes der Vilenjjj. Diese haben seine Umgebung kopiert, um ihm den Transport so angenehm wie möglich zu machen. Erst ist der einzige Mensch an Bord des Schiffes, aber nicht das einzige Wesen von der Erde. Die Fremden haben auch einen Hund entführt und mittels ihrer überlegenen Technik so modifiziert, dass er sprechen kann.
Auch wenn Foster hier tief in die Klischeekiste greift, ist es der vorerst namenlose Hund – Walker wird ihm später den Namen George geben – mit seiner melancholisch- zynischen Weltanschauung, die die erste Hälfte des Buches erträglich macht. Mit der Charakterisierung Walkers greift Foster alle Klischees der Finanzwelt Brokern gegenüber auf. Arrogant, selbst verliebt, finanziell auf dem Weg zur Unabhängigkeit mit mangelnden Beziehungen und einem Haufen vorgeblicher Freunde. Alle jagen in erster Linie hinter dem Geld her und sind dem Alkohol zugetan sind. Foster überzieht insbesondere seine Charakterisierung derartig, dass er weder sympathisch noch besonders interessant wirkt. Da er aber die einzige Brücke zum Leser darstellen soll und wird, fehlt es schwer, in das sehr langsam, fast schwerfällig anlaufende Szenario wirklich emotional überzeugend einzusteigen. Die grundlegende Idee – Außerirdische entführen Menschen und machen aus ihnen Sklaven zu ihrem Vergnügen – bezieht sich historisch sicherlich auf die endlosen Sklavenströme in erster Linie nach Europa und Amerika. Dieses traurige Kapitel in einem unterhaltsamen Roman noch einmal aufzunehmen, verbietet sich von selbst. Interessanterweise gibt es eine Science Fiction Geschichte aus den dreißiger Jahren – nachgedruckt in Isaac Asimovs empfehlenswerter Anthologie „Beyond the Golden Age“ – von Leslie Stone. „The Human Pets of Mars“. Obwohl mit rassistischen Untertönen – der Protagonist ist ein Farbiger – versehen, grausam geschrieben und wie viele Science Fantasy Geschichten weder mit einem wissenschaftlichen Untergrund noch literarischer Logik versehen könnte diese Story als Grundlage und Expose für den vorliegenden Roman dienen. Damit soll auf keinen Fall ausgedrückt werden, dass Foster ein Plagiat geschrieben hat. Nur die eigentliche Idee entkernt und erweitert.
Nicht zuletzt aufgrund dieser Verbindung erscheint Fosters Roman wie ein Buch, das durch eine Zeitspalte aus den dreißiger oder vielleicht vierziger Jahren in unsere Gegenwart gefallen ist. Stilistisch ansprechend mit einigen sehr guten verbalen Witzen, aber über weite Strecken erstaunlich konservativ und unoriginell. Im fehlt der ausufernde Humor eines “Peter Anhalter durch die Galaxis“ oder auf der anderen Seite der düstere Realismus einer Octavia Butler, die aus diesem Thema eine interessante Aufarbeitung der amerikanischen Sklavengeschichte hätte machen können. Zu seicht, oft zu oberflächlich plätschert alles gut unterstützt durch Fosters unauffälligen, aber angenehm zu lesenden Stil dahin.
Dabei bemüht er sich wirklich, Originalität in die Geschichte zu integrieren. Die Fremden erinnern nicht an die Gummigesichter vieler B- Filme – oder in diesem Fall Joe Dantes Kinderfantasy „Explorers“. Obwohl ihre Dialoge in Englisch wiedergegeben werden – mit einem kleinen Trick durchbricht gleich zu Beginn die Sprachbarriere – wirken die Wesen weiterhin in Art und Handlung fremdartig. Hier spielt der Autor seine ganze Routine von fast einhundert oft vor exotischen Hintergründen spielenden Romanen aus. Walker und George bilden eine brüchige Allianz, die in erster Linie von den amüsanten Zwiegesprächen lebt. Im Grunde hat keiner der beiden einen Nutzen für den unfreiwilligen Partner, aber irgendwie halten sie dann doch zusammen und versuchen aus ihrer verzweifelten Situation – selbst wenn sie jemand aus der Sklaverei freikaufen und nach Hause bringen wollte, weder George noch Walker könnten ihm die Koordinaten geben – das Beste zu machen. Es sind in erster Linie diese Dialoge, die dem Buch einen Hauch von Würze geben und es nahtlos in eine Reihe von Romanen wie unterwegs einreihen. Handlungstechnisch ist Foster an einigen Stellen auf seinen Status als literarischer Übervater dieses Universums angewiesen. So können Walker und George nur entfliehen, als eine Art Deus ex machina Retter auftaucht. Auf den ersten Blick stört diese literarische Freizügigkeit den kaum vorhandenen Plotverlauf. Erst später negiert Foster ein wenig den negativen Einfluss, in dem er zwar die Umgebung seiner beiden ungleichen Helden verändert, ihnen aber über deutlich verständlich macht, dass sich an ihrem eigentlichen Schicksal – Fremde in/ auf vielen fremden Welten zu sein – nichts geändert hat. Diese leicht melancholische Note bildet einen interessanten und vor allem notwendigen Kontrast zu den immer sanfter und nach dem amerikanischen Vorbild „süßer“ werdenden
Beschreibungen des Buches.
„Safari“ als Auftakt einer Trilogie ist Science Fiction Fastfood. Wenige, wirklich originelle Elemente, oberflächliche Charaktere und eine über weite Strecken bekannte und sich in Klischees windende Handlung auf der negativen Seite. Positiv sind Alan Dean Fosters routinierter Stil, seine Fähigkeit, einen fremdartigen Hintergrund zu entwickeln und mit Wesen zu beleben und seine unterhaltsam geschriebenen, manchmal wirklich witzigen Dialoge.
Alan Dean Foster: "Safari"
Roman, Softcover, 332 Seiten
Bastei 2006
ISBN 3-4042-4350-1
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