rezensiert von Thomas Harbach
Mit “Der grüne Tod” aus dem Jahre 1995 legt der Bastei- Verlag den insgesamt sechsten Band der Chroniken von Flinx und seinem Minidrachen Pip vor. Die anderen Abenteuer sind im Heyne- Verlag erschienen. Nach seiner Flucht vor dem aggressiven Käuferverhalten eines neureichen Geschäftsmanns fliehen Flinx und Pip von der paradiesischen Welt zum nächsten bewohnbaren Planeten. Sie landen auf „Midworld“, dem Dschungelplaneten aus Foster sehr frühen, sehr populären und vor allem sehr guten Roman „Die denkenden Wälder“, ebenfalls im Heyne- Verlag erschienen. Im Gegensatz zu Flinx weiß der Leser und Fosterfan sehr schnell, was ihn auf diesem scheinbar so friedlichen idyllischen Planeten erwartet: eine Dschungelwelt mit einer wunderschönen, aber auch tödlichen Flora und Fauna sowie den Umweltbedingungen angepassten Bewohnern. Natürlich folgt Flinx und Pip der skrupellose Geschäftsmann und versucht mit einer Handvoll von Söldnern sein Ego zu befriedigen. Doch ihr Feind ist kein junger Mann mit seinem Minidrachen, sondern eine ganze Welt.
Auf den ersten Blick erscheint die Kombination der Flinx/Pip Romane mit Fosters ökologischem Meisterwerk „Midworld“ verführerisch. In den letzten Jahren hat der Autor sehr viel Zeit und Romane aufgewandt, um insbesondere die Soloromane in seinen „Homanx Commonwealth“ Zyklus zu integrieren. Bei der Lektüre des vorliegenden Romans sollte sich der Leser vor Augen halten, das das Buch immerhin dreizehn Jahre alt ist und normalerweise aus einer Periode stammen sollte, in welcher der gerne reisende Foster noch deutlich stärkere Arbeiten als zuletzt abgeliefert hat. Der Hintergrund des Buches ist seinen Fans bestens vertraut, darum sollte sein Augenmerk als Schriftsteller darauf liegen, insbesondere Flinx Charakter kontinuierlich weiterzuentwickeln. In diesem Fall verzichtet er auf die Prämisse und lässt die eindimensional und klischeehaft gezeichneten Antagonisten in erster Linie an ihrer eigenen Arroganz und vor allem ihrem mangelnden Respekt vor der komplexen Ökologie dieser fremden Welt scheitern. Damit untermauert Foster auf den ersten Blick seine politisch grüne Position, hinterfragt man allerdings das System seiner Welt, so wirkt sie wie ein direktes Abziehbild des ersten Romans und hat sich nach der fatalen Begegnung mit der Zivilisation nicht verändert oder weiterentwickelt. Diese erste Begegnung ist inzwischen ins Reich der verbalen Saga verbannt worden. Foster lässt offen, wie viel Zeit zwischen den beiden Romanen vergangen ist. So beherrscht die Wiedersehensfreude in erster Linie den Roman, hinterlässt im Leser ein gutes Gefühl, aber darüber hinaus viel zu wenig. In „Die denkenden Wälder“ lernte man ein unbekanntes und faszinierend fremdartiges Ökosystem nach und nach kennen, fürchten und schließlich schätzen. Da Foster diese Karte nur begrenzt noch einmal ziehen kann, wirkt insbesondere der Mittelteil des Buches zu langatmig und zu wenig spannend. So berührt einen auch nicht das Schicksal der Schurken, die nach dem Prinzip der Zehn- Negerlein nach und nach von dem gefährlichen Ökosystem teilweise auf brutalste Weise assimiliert werden. Hier rächt sich die mangelnde Charakterentwicklung und da Flinx über ganze Kapitel aus der Handlung verschwindet, schleppt sich das Buchschwerfällig dem obligatorischen Showdown entgegen. In dieser Hinsicht ist „Der grüne Tod“ eine durchschnittliche und wenig ambitionierte Leistung Fosters.
In Bezug auf die Weiterentwicklung von Flinx Charakter tritt der Roman ebenfalls deutlich auf der Stelle. In den ersten Bänden der Flinxserie konnte der Leser die Entwicklung eines Jugendlichen zu einem ungefähr zwanzig Jahre alten jungen Mannes verfolgen. Der Waise Flinx hat sich auf die Suche nach seinen Wurzeln und seinen Eltern gemacht. Dabei stellte sich heraus, das anscheinend umfangreiche genetische Manipulationen für seine latenten, aber unzuverlässigen PSI- Fähigkeiten verantwortlich sind. Diese werden von seinem weiblichen Minidrachen Pip in wichtigen Momenten verstärkt. Nach dieser Erkenntnis ist Flinx als Nomade von einer Welt zur Anderen geflüchtet und musste diverse Attentatsversuche abwehren Dabei hat er nicht selten als eine Art nonmonetärer Robin Hood Bedürftigen auch unter Gefahr für Leib, Leben und Gut geholfen. Gleich zu Beginn des Buches zeigt der misstrauische und inzwischen vom Reisen müde gewordene Flinx seine einzigartigen Fähigkeiten, um Pip und sich selbst vor dem arroganten selbstverliebten Möchtegernerben zu schützen. Danach landet er auf dem Dschungelplaneten und muss sich weniger mit seinen Fähigkeiten, als mit mehr Glück als Verstand durchschlagen. Anscheinend spielt die Geschichte vor „Bloodhype“, einem Roman, in welchem Flinx nur gegen Ende in einer absoluten Nebenrolle aufgetreten ist. Inzwischen hat Foster ein weiteres Flinx/ Pip Abenteuer geschrieben, das letztes Jahr erschienen, „Bloodhype“ fester in den „Hommanx/ Commonwealth“ und damit Flinx Zyklus einbindet. Das Problem bei „Der grüne Tod“ und den unmittelbaren Vorgängern besteht darin, das Foster die Kontinuität seiner Serie ignoriert und Flinx Fähigkeiten im Grunde um mehr als eine Stufe zurücksetzt. Damit umgeht er das Risiko, einen Protagonisten mit übernatürlichen Fähigkeiten auszustatten und immer mächtigere Feinde zu erschaffen. Aber die charakterliche Entwicklung, die Suche nach dem eigenen Ich hat den Reiz seiner frühen, aber später geschriebenen Flinx- Romane ausgemacht. Diesen Selbstfindungsprozess unterbricht Foster, ihm fehlt aber der Mut, seinen Charakter in eine zumindest kurzzeitig neue Richtung zu extrapolieren. Insbesondere die Selbstzweifel, die Müdigkeit und Einsamkeit – alles Elemente, welche der Autor zu Beginn des Buches anreißt, aber dann auf der Dschungelwelt fallen lässt – hätten ein schier unerschöpfliches Potential geboten. Mit den ersten fünfzig oder sechzig Seiten gelingt Foster ein sehr guter Auftakt, sie gehören zu den stärksten Passagen, die er in den neunziger Jahren geschrieben hat. Unwillkürlich wird man an Jack Vance erinnert, welcher seinen fremdartigen Welten immer den notwendigen Schuss Humanität beigemischt hat. Im vorliegenden Band wird der Leser nach diesem soliden Auftakt mit einem nicht nur bei Foster bekannten Stoff – die Handlung ist alles andere als originell oder komplex – auf einer ihm bekannten Welt – Midworld – und einem im Grunde unveränderten Protagonisten – Flinx - konfrontiert.
Trotz dieser schlechten Voraussetzungen liest sich „Der grüne Tod“ unterhaltsam. Im Vergleich zu seinen bemüht lustigen Romanen – siehe die Walkter Trilogie – präsentiert er hier einen sehr geradlinigen, abenteuerlichen Stoff. Er verzichtet auf jeglichen unnötigen Humor, Ausnahmen stellen die einzelnen Dialoge zwischen Flinx und seinen Antagonisten, sowie Flinx und seinem Bordcomputer dar. Diese kurzen Passagen lockern die kompakte Handlung insbesondere zu Beginn des Buches wohltuend auf. Auch wenn der Mittelteil des Buches deutlich gestrafft hätte werden können, gelingt es Foster, den für sein Werk so elementaren Sense of Wonder zu erschaffen. Insbesondere das liebevolle Verhältnis zwischen Flinx und seiner Minidrachin ist entschädigt für die fehlende Originalität. Insgesamt ist „Der grüne Tod“ ein durchschnittlicher Flinx Roman, der seine Potentiale nur in Ansätzen ausschöpft. Positiv zu erwähnen bleibt, das endlich die Serie um die beliebten Charaktere auch in Deutschland fortgesetzt wird. Es wäre schön, wenn der Bastei- Verlag für eine neue Lesergeneration einige ältere Romane aus dem Homanx/ Commonwealth Universum wie „Die denkenden Wälder“ neu auflegt.
Alan Dean Foster: "Der grüne Tod"
Roman, Softcover, 450 Seiten
Bastei- Verlag 2008
ISBN 3-4042-4367-6
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