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Science Fiction (diverse)



Charles Sheffield

Gezeitensturm

rezensiert von Thomas Harbach

Mit „Gezeitensturm“ legt der Bastei- Verlag den ersten Band seiner kurz vor seinem Tod im Jahr 2002 angefangenen „Heritage Universe“ Serie vor. Charles Sheffields Gesamtwerk ist ambitioniert durchwachsen, auf der einen Seite ein Widerspruch, zeigt diese Charakterisierung seiner Stärken als Ideengeber – insbesondere auch was die technischen Voraussetzungen in einer Reihe von Romanen seiner Frau Nancy Kress betrifft – und seine Schwächen als Plotnehmer auf. Das vorliegende Buch ist fast archaisch zu nennen, ohne damit eine negative Wertung zu implizieren. Es verfügt über den Sense of Wonder der Space Opera – die Handlung spielt auf einem von zwei Zwillingsplaneten, die gravitationstechnisch von einander abhängen – und klassische Bezüge zur Abenteuerliteratur in der Indiana Jones Tradition – es geht um die Rätsel einer längst untergegangenen Kultur und ihre Archefakte. Der Klappentext spricht Leser von Peter Hamilton – eher weniger – und Jack McDevitt an. Mit diesem teilt Charles Sheffield die Fähigkeit, aus den Hinterlassenschaften einer außerirdischen Kultur eine spannende und solide Grundlage für einen auf fremden spielenden, manchmal bis an die James Bond Kultur heranreichenden Roman zu erschaffen. „Gezeitensturm“ beginnt sehr langsam, für einige Leser zu langsam. Im Gegensatz zu McDevitt, der seine Bücher mit einem gewaltigen Paukenschlag beginnen lässt, um danach seine einzelnen Protagonisten, deren Hintergrund und die Grundzüge der Geschichte zu etablieren, nimmt sich Sheffield Zeit, die einzelnen Handlungsstränge nach gut einem Drittel des Buches zusammengeführt zu haben. Diese Geduld muss der Leser aufbringen, um in Sheffields zumindest astronomisch faszinierende Welt eindringen zu können.

Die Geschichte spielt auf der stabileren der beiden Zwillingswelten Opal. Sie verfügen über eine sehr kurze Eigenrotation und haben deswegen auf starke seismische Eruptionen. Auf diesem Planeten hat man ein weiteres Artefakt der „Builder“ gefunden vor vielen Millionen Rassen von einer längst ausgestorbenen und verschwundenen Rasse hinterlassen. Im Gegensatz zu vielen anderen Fundstücken, die man auf den unterschiedlichsten Planeten gefunden hat, können die Menschen dessen Funktionen zumindest erahnen. Es diente zum Transport zwischen den beiden Zwillingsplaneten. Auf dieser Welt ganz mit der Erforschung des Artefaktes beschäftigt hat sich Max Perry förmlich eingegraben. Hans Rebka wird von der Erde ausgeschickt, um ihn in den Bereich der Alliance Administration – das fast klassische Motiv des Western, einen Außenseiter mit einer auf den ersten Blick unlogischen oder verrückten Mission zu einem exotischen Platz auszuschicken, alleine und vor allem nicht komplett über die herrschenden Zustände informiert - zurückzuholen. Eine Sternenkonstellation entwickelt sich, die es nur alle 350 Jahre gibt. Dieses Phänomen lockt natürlich andere Besucher – Wissenschaftler und ein weiterer Beamter des Planetenkonzils, der unter den verschiedenen einreisenden Gruppen Kriminelle und Flüchtlinge vermutet. Während er seine Mission zu erfüllen sucht, gerät er nicht nur in einen direkten Konflikt mit Hans Rebka, sondern immer mehr schiebt sich die Frage in den Vordergrund, welch einen Gezeitensturm durch die Aufreihung der einzelnen Planeten ausgelöst werden könnte?

Obwohl „Gezeitensturm“ über eine abgeschlossene Geschichte verfügt, ist das Buch im Grunde nur der Auftakt der vierteiligen Serie und hat vor allem zwei Aufgaben. Zum einen etabliert Sheffield sehr ausführlich sein Universum, das von Überresten dieser seit langem untergegangenen außerirdischen Zivilisation wimmelt und in dem sich Menschen und ihre Opponenten - die insektoiden Cecropianer – ein Wettrennen um die Artefakte liefern, die beide Seiten nicht verstehen, aber besitzen wollen. Dabei nimmt sich Sheffield weder den Raum noch die Zeit, insbesondere die außerirdischen Antagonisten wirklich vielschichtig und interessant einzuführen. Er greift hier ohne Grund und vor allem handlungstechnisch ohne Not auf Klischees aus den Urzeiten der Pulp Science Fiction zurück. Wenn in einer Szene eine natürlich hübsche, aber extrem zweidimensionale beschriebene Frau von den Insekten bedroht wird, kommt die Rettung in Form des männlichen Helden, der sie später zu seinem Weibchen macht. Es wäre natürlich sinnvoller gewesen, entweder auf diese klischeeartigen Szenen zu verzichten oder mutig den Schritt zur Parodie zu machen und aus dieser Konstellation heraus für den Leser etwas Überraschendes oder Unterhaltsames zu machen. Die große Schwachstelle des vorliegenden Buches und in vielen Sheffield Romanen vorherrschend ist die eindimensionale, selten wirklich überzeugende Charakterisierung der einzelnen Protagonisten. In dieser Geschichte um geheimnisvolle Funde und natürlich später Naturgewalten ist es wichtig, in der Tradition des klassischen Katastrophenromans oder Films eine Handvoll von Protagonisten sehr ausführlich – am besten mit einer authentischen Eigengeschichte versehen – zu etablieren und zu charakterisieren, damit der Leser sich vor dem exotischen Hintergrund mit ihnen identifizieren und ihnen auf ihren abenteuerlichen Wegen auch folgen kann. Wie auch in den Folgeromanen konzentriert sich Sheffield auf stereotype Charaktere, die in einem scharfen Kontrast zu den sie umgebenden Ereignissen von galaktischen Dimensionen stehen. Sie können weiterhin nur egoistisch, sie reagieren auf die unmittelbaren Gefahren, beginnen aber keine Reflektion des ablaufenden Geschehens und vor allem kümmern sich egoistisch selbst in aussichtslos erscheinenden Gefahrensituationen nur um sich selbst. Im Gegensatz z Jack McDevitt, dem es mit wenigen Federstrichen gelungen ist, unterschiedliche Charaktere - auch nicht alle dreidimensional und frei von Klischees – zu positionieren, folgt der Ablauf in diesem Buch stereotypen Mustern. Außerdem klammert – obwohl diese Planetenkonstellation von allen Wissenschaftlern als wichtig eingestuft worden ist, um die Geheimnisse der Artefakte zu lösen – Sheffield die gesamte Außenwelt stoisch aus. Der Leser erhält keinen Eindruck von politischen Ränkespielen oder gar militärischen Manövern, Sheffield bleibt seinem Planeten treu. Für einen guten Autoren stellt diese Vorgehensweise eine Herausforderung dar, in diesem Fall scheitert er zumindest auf der menschlichen Handlungsebene. Zu den Stärken des Wissenschaftlers Sheffield gehört es allerdings, einen faszinierenden Hintergrund für seine Figuren zu erschaffen und diesen zusammen mit dem Leser zu erkunden. Der Autor konzentriert sich ausschließlich auf die eingeschränkte Perspektive der einzelnen Protagonisten und der Leser kann ihren einzelnen Theorien sehr gut folgen. Dazu kommt der zeitliche Druck, unter welchem die Protagonisten beider Rasse arbeiten müssen, denn das planetare Ereignis steht unmittelbar bevor und die Folgen sind nicht absehbar. Sheffield hinterlässt auch ausreichend Hinweise auf die folgenden Bücher und ihre potentiellen Entdeckungen. Insbesondere im letzten Drittel des Buches kann sich der Autor auf die planetaren Ereignisse konzentrieren und losgelöst von den einzelnen Figuren blüht das Buch zu einem sehr spannenden, sehr exotischen Abenteuergarn auf. Es werden sehr viele Ideen mit überraschend fester Stimme präsentiert und im Zuge dieser anziehenden Handlung gewinnen die einzelnen Protagonisten zumindest phasenweise an Format. In dem der Autor sie zum Handeln zwingt, geraten die störenden Charaktereigenschaften in den Hintergrund. Natürlich offenbart – wie im Genre inzwischen leider üblich – nur einen kurzen Blick hinter die Kulissen der fremdartigen Technik und nimmt dem Roman damit auch einen Teil seines Reizes – die aufgebaute Spannung ist größer als die aufgezeigte Lösung. Trotzdem ist der Weg bis zu dieser Lösung mit fortschreitender Handlung immer sicherer aufgezeichnet und gehört zum Unterhaltsamsten in Sheffields nicht kleinem Werk.

„Gezeitensturm“ ist ein ambivalentes Buch, schwach in Bezug auf die einzelnen Protagonisten, sehr gut in Hinblick auf den exotischen Hintergrund und nach einigen sehr langweiligen und schwachen Passagen insbesondere zu Beginn des Romans gewinnt die Handlung nicht nur rasant an Fahrt, sondern der Plot vor allem an Tiefe. Da Sheffield sehr viele Grundzüge seines in den nächsten drei Romanen weiter auszubauenden Universums etablieren musste, wird sich erst in den ebenfalls im Bastei Verlag erscheinenden Folgeromanen zeigen, ob Sheffield eine große archäologisch beeinflusste Space Opera geschrieben hat oder mehr klischeehaft inszeniert heiße Luft präsentiert. Der erste Band lässt das Pendel zu ersterem ausschlagen, wenn auch nur ganz leicht.

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Charles Sheffield: "Gezeitensturm"
Roman, Softcover, 530 Seiten
Bastei Verlag 2006

ISBN 3-4042-4355-2

Weitere Bücher von Charles Sheffield:
 - Das Artefakt der Meister
 - Das Nimrod- Rätsel
 - Der Ganymed- Club
 - Der kalte Tod
 - Der schwarze Schlund
 - Der wundersame Dr. Darwin
 - Die Reliktjäger
 - Die Sphären des Himmels
 - Kalt wie Eis
 - Schwarz wie der Tag

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