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Jugend heute:Jetzt ist wer dran? Die Neokons, wer sonst?

Die 68er sind angeblich am Ende, und wir müssen uns mit den neuen Konservativen anfreunden. Sie sind da, sie sind reich, sie sind die Zukunft. Auch wenn's verdammt schwer fällt. Ein Annäherungsversuch.

Mariam Lau

Wie hat man sich die jungen deutschen Konservativen heute vorzustellen? Junge Menschen, die in großen, blühenden Villengärten auf Decken sitzen, Spargel essen und Weißwein trinken, dabei Furtwänglers Einspielung von Beethovens Egmont-Ouvertüre lauschend, wie ein Kollege von mir vermutet? Die Mädchen könnten enge Stüssy-T-Shirts und Evisu-Kleider tragen, dazu Turnschuhe oder Loafer, die Jungs helle Beach Pants, alte Rolex-Uhren und Flip-Flops. Und alle sind sie in den jüngsten Verästelungen der Popkultur ebenso zu Hause wie in den Schinkel-Gemälden der alten Nationalgalerie. Dort sitzen sie dann bei einem Wasser und überlegen sich, eine Gipsstatue für das Arbeitszimmer zu kaufen.

Der Konservatismus ist nicht tot. Er war nur noch nie so konfus.

(Foto: Foto: : Joachim Baldauf)

Vielleicht kommt Deutschlands jungen Konservativen die Zeit für solch idyllischen Müßiggang schneller abhanden als gedacht. Denn mit ihrem Rückzug ins politische Abseits ist es erst einmal vorbei. Die Zeichen stehen auf Sturm, seitdem die rot-grüne Regierung sich und der Welt ihr Scheitern eingestanden hat. Mit einem Schlag steht die Union im Rampenlicht. Es wird einen Wahlkampf geben, der auch ein Krieg der Ideen ist - nicht nur Wachstumszahlen und Steuern stehen zur Debatte, sondern Weltanschauungen. Wie gut ist der Konservatismus in Deutschland für diese Auseinandersetzung gewappnet? Lebt er überhaupt noch?

"Der Konservatismus ist nicht tot. Er war nur noch nie so konfus", stellt der Kolumnist Andrew Sullivan fest. Sullivan sieht ein tödliches Ringen am Werk zwischen den "Konservativen des Glaubens", die mit Hilfe des Staates moralische Werte durchsetzen wollen, und den "Konservativen des Zweifels", die so wenig Staat wie möglich wollen, schon gar keinen, der den Leuten in ihr Privatleben hineinregiert. Der deutsche Konservatismus muss noch ganz andere Zerreißproben aushalten: Marktliberale und Sozialstaatsbewahrer, Transatlantiker und Europa-Fixierte, untergehende Nationalkonservative versus Kosmopoliten, Lebensschützer und Forschungsbegeisterte, kleines c gegen großes C, Dorfschänken gegen Internetcafés. Sogar eine stattliche Anzahl Neocons, Anhänger amerikanischer konservativer Strömungen also, haben wir inzwischen, allerdings meist ohne Parteibindung. Die alle verbindende Klammer des Antikommunismus fiel mit 1989 weg. Ist nun der Kampf gegen 1968 der Kitt? Oder verleiht das Diffuse gerade die Geschmeidigkeit, die es braucht, um in einer weit gehend sozialdemokratisierten Gesellschaft am Ball zu bleiben?

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