veröffentlicht am 14.03.2011 16:00 Uhr in
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Von: Franziska Mozart
Japan: Quote statt Qualität
Bei vielen Radio- und Fernsehsendern dominierte am Wochenende das Thema Japan, allerdings fehlte es häufig an Substanz. Die Sorge um eine atomare Katastrophe brachte gute Quoten, allein die "Tagesschau" verfolgten am Sonntagabend rund neun Millionen Zuschauer.
Klar ist: die Sender wollen - und müssen auch - über das Erdbeeben und das Reaktor-Unglück berichten. Die Nachrichtenlage war und ist allerdings teilweise sehr dürftig. Was genau ist in den Reaktoren in Fukushima passiert – gab es die Kernschmelze oder nicht, dringt Radioaktivität nach draußen oder nicht, was kommunizieren die japanischen Behörden und was halten sie zurück? Auf sichere Informationen konnten sich die Berichterstatter nicht immer berufen. Also füllten sie ihre Sendungen zum Teil mit Beiträgen, die nur entfernt das Thema streiften oder verstiegen sich in Spekulationen. Wissenschaftler, die tausende Kilometer entfernt von Japan an ihrem Schreibtisch saßen, wurden gebeten, ihre fachkundliche Einschätzung preiszugeben. Rückblicke auf die Unglücke in Tschernobyl oder Harrisburg, USA, teilweise angereichert mit den Erinnerungen von damaligen Augenzeugen, sollten offenbar die Zeit überbrücken, bis es wirkliche Nachrichten aus Japan gab. Bei "N24" wiederholten sich die Bilder schon im selben Beitrag. Insgesamt konnte man bei der Berichterstattung den Eindruck gewinnen, es ginge einfach nur darum, das Stichwort Atomunfall zu senden.
Und das in einigen Fällen auch noch mit einer pietätlosen Art und Weise. Fernsehbilder wurden mit Musik unterlegt, um die Emotionen der Zuschauer zu entfachen oder einzufangen. Beim "ZDF heute journal" kam Musik der britischen Band Massive Attac zum Einsatz. Kombiniert mit den dramatischen Katastrophen-Bildern weckte dies den Eindruck, als handle es sich um ein Musik-Video. Man muss nicht vielleicht so emotional wie Social-Media-Experte Martin Oetting reagieren, der sich praktisch noch während der laufenden Sendung beim ZDF beschwert hat. Aber im Kern hat er Recht.
Und es war nicht die einzige Entgleisung an diesem Wochenende: Wenn etwa das Bayerische Fernsehen ebenso hilflos wie sensationsheischend fragt: "Ist es der GAU oder schon der Super-GAU?", dann muss man sich über die öffentlich-rechtliche Nachrichtenqualität vielleicht bald ebenso wundern wie über Informationspolitik der japanischen Regierung.
Schlagworte: Quote Japan Fukushima Oetting Bayerisches Fernsehen ZDF
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