NEUES VON FREUNDEN

||| KOLIK : DIE X GEBOTE – EINE RELEKTÜRE | BUCHPREMIÈRE 1 : RICHARD OBERMAYR | BUCHPREMIÈRE 2 : BETTINA BALÀKA | ZEICHENSETZUNG : ZEILENSPRÜNGE . JUNGE LITERATUR | MONIKA RINCK : BEGRIFFSLIEFERUNG | KLANGAPPARAT

Frühjahrskleidung-Kaufhaus-Schocken-Johan-Niegeman-1926

Frühjahrskleidung , Kaufhaus Schocken , Nürnberg
Johan Niegeman , 1926

Nachdem wir den Wochenüberblick gestern zu Gunsten einer kleinen Hommage an Ulrich Schlotmann sistiert haben , folgt nun die Restwoche mit zwei weiteren Buchpremièren .

Für einmal halten wir in|ad|ae|qu|at den Veranstaltugns- Digest eher kurz : Die meisten Protagonisten sind unseren Leserinnen und Lesern hinreichennd bekannt , als dass mäanderne Explikationen angebracht wären .

Auf dass wir im Zuge des jeweiligen Frühlingserwachens nicht etwa viom Pfade der Tugend abweichen , verabreicht uns die Zeitschrift “kolik ” einen literarischen Dekalog .

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KOLIK : DIE X GEBOTE – EINE RELEKTÜRE

czz-neuesvonfreundenNicht eben von schlechten Eltern ist “kolik” Sondernummer ( kolik 48 ) , welche die szenischen Reaktionen von zehn Autoren ( m | f ) auf den in Stein gemeisselten Text des Dekalogs enthält . In Kooperation mit dem Schauspiehaus , welches dezidiert nur Stücke zeitgenössischer Autoren ( m | f ) aufführt , erkundet das als Serie konzipierte Projekt die Möglichkeiten einer genuin theatralen Konfrontation mit einem , wenn nicht DEM Grundtext der christtlich- abendländischen Kultur .

In Zeiten des angeblichen “Clash of Cultures” und der real existierenden Margianlsierung von Menschen aus “fremden” Konfessionen und Kulturen kann ein kritischer Blick auf die Basistexte der christlichen Kultur gewiss nicht schaden . Dies geschieht allerdings nicht nur auf dem stillen Papier , sonndern gibt im Schauspielhaus den höchst unterschiedlichen Stimmungen Laut :

Mit dem Herausgeber der “kolik” , Gustav Ernst , dem Kurator der Reihe Ewald Palmetshofer ( sowie Verfasser von : “VIII . herzwurst . immer alles eine tochter” ) , dem Philosophen und Theologen Peter Zeillinger , dem künstlerischen Leiters des Schauspielhauses Andreas Beck sowie den Autoren ( m | f ) Gerhild Steinbuch ( “VI . Vier Wörter für ein besseres Leben” ) , Thiemo Strutzenberger ( “X . The Zofen Suicides“) .

Eine Konstellation , die Theoretisches mit Konkretem verwebt , die Stücke gleichzeitig aber auch einer theologischen Reflexion unterzieht . Schliesslich steht mit dem Dekalog kat´ exochen der Sinn von kanonischen Regelwerken zur Debatte .

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BUCHPREMIÈRE 1 : RICHARD OBERMAYR

czz-neuesvonfreundenEs kann kein Leichtes sein , zwölf Jahre nach dem akklamierten Erstling “Der gefälschte Himmel” ( 1998 ) mit einem Nachfolgewerk an die kurzlebige Öffentlichkeit zu treten . Indes hat Richard Obermayr nicht nur die Treue des Verlags – damals Residenz , heute Jung und Jung – auf jener Seite , die vom Gelingen eines mit hohen Ansprüchen beladenen Werkes überzeugt gewesen sind . Nun liegt es vor , dieses Werk , “Das Fenster” , knappe 300 Seiten umfassend .

Einen ersten Einblick in die “nature morte” des neuen Romans vermochte Obermayrs Autoren- Produktion “stillgestellt” für die ORF- Reihe “Literatur als Radiokunst” vermitteln , wo eine wie eingefrorene Familie vorgestellt wird , die von ihrer fundamentalen Erstarrung allerdings ( noch ) nichts ahnt . Ein Alltag zwischen dem Nochnicht und dem Nichtmehr , dessen geläufige Szenen sich in “Pittura Metafisica” verwandeln :

Ist die Kugel, die durch diesen Roman fliegt, je abgefeuert worden? Und wenn ja, wird sie ihr Ziel erreichen, oder wird die Verlangsamungstaktik des Erzählers diesen Schuss aufhalten können? Dies ist die Geschichte einer Familie, die unter den Folgen eines Ereignisses leidet, für das es zwar viele Vorzeichen und Hinweise gab, das aber womöglich nie stattgefunden hat.

Richard Obermayr hat einen Roman über das flüchtigste und zugleich unwiederrufbarste Element geschrieben: die Zeit. Tag für Tag geht sie durch uns hindurch und häuft sich als eine Vergangenheit auf, von der wir nicht wissen, was mit ihr geschieht. Ist es möglich, dass diese gelebte Zeit hinter uns weiterreift, ja dass jene Teile unserer Persönlichkeit, die wir zurücklassen mussten, um die zu werden, die wir heute sind, sich hinter unserem Rücken, hinterrücks, gegen uns verbünden? Was ist, wenn eines Tages die Vergangenheit uns nicht mehr braucht und ohne uns weiterlebt??

In Lesung und Gespräch mit Paul Jandl wird man gewiss mehr über den eben ausgelieferten Roman erfahren .

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BUCHPREMIÈRE 2 : BETTINA BALÀKA

czz-neuesvonfreundenBuchpremière Numero zwei findet unglücklicherweise fast gleichzeitig statt und wird manchen Literaturfreund ( m | f ) um die Gnade der Bilokation seufzen lassen . In der Hauptbücherei stellt nämlich Bettina Balàka ihren Erzählband “Auf offenem Meer” ( Haymon ) im Gespräch mit Klaus Zeyringer vor .

Simone verachtet ihre Schwieger-Großmutter – eine Frau, die davon träumt, Adolf Hitler im Jenseits endlich einmal die Hand zu schütteln, und die Simone, der Enkelin eines Widerstandskämpfers, ihre nicht-arische Physiognomie vorwirft. Aber was tun, wenn diese verhasste Ewiggestrige einem am Totenbett ihre Villa vermacht, ein prächtiges Haus mit großem Garten, ideal für eine junge Familie – mit dem einzigen Haken, dass es sich dabei um “arisierten” Besitz handelt? In der Theorie ist es ja leicht, das Richtige zu tun und die korrekten Einstellungen zu vertreten – aber wenn die Wirklichkeit ihre Fallstricke auslegt, sehen die Dinge schon ganz anders aus … Bettina Balàka erzählt von kleinen Helden und großen Feiglingen, von scheinbarer Freiheit und vermeintlichen Fesseln – und von der absurden Logik der Geschichte. ( Verlagstext )

In einer Reihe von – teils historischen – Erzählungen berichtet Balàka “brillant von Gefangenen – auf hoher See oder hinter ­dicken Mauern, öfter aber in den eigenen Unzulänglichkeiten” ( Georg Renöckl , Falter Buchbeilage , 10. 3. 2010 ) .

Buchpräsentation Bettina Balàka , Auf offenem MeerHauptbücherei am GürtelDonnerstag , 25. 3. 2010 , 19 H

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ZEICHENSETZUNG : ZEILENSPRÜNGE . JUNGE LITERATUR

czz-neuesvonfreundenAls wären mit Richard Obermayr ( Jahrgang 1970 ) und Bettina Balàka ( 1966 ) nicht ohnehin Protagonisten ( m | f ) der jüngeren Generation des donnerstags am literarischen Wort , fällt auf diesen Termin just auch die verdienstvolle Reihe “Zeichensetzung . Zeilensprünge – junge Literatur in Österreich” .

Obwohl bereits mit einer ansehnlichen Anthologie ( bei Luftschacht )vertreten , lassen Regina Hilber und Thomas Ballhausen mitnichten vom jungen Zeilenspringen und dies – wie das Donnerstags- Lineup bestätigt – auf hohem Niveau : Anna Kim ( eben aus Grönland zurück ) , Händl Klaus und Bernadette Schiefer entfalten ein passables Panorama zeitgenösischen Erzählens .

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MONIKA RINCK : BEGRIFFSLIEFERUNG

czz-neuesvonfreundenWer sich Donnerstag gar nicht entscheiden mag , dem sei in bestem Sinne die Lektüre von Monika RincksBegriffsstudio” angeraten ; ein – so herbert j. wimmer kürzlich – “virtuelles schatzkästlein des absurden” .

Trägt man sich in die dort angegebene Mailingliste ein, darf etwa jeden zweiten Monat eine “Begriffslieferung” gewärtigen , welche die Hirnregionen für Sprach- und Sachwitz nicht gering ins Schwingen bringen .

Im Folgenden ein Auszug aus der jüngsten Ausgabe :

2919 das haupt der wendung
2921 walzentraining in der mopskotze
2922 anstandswauwau zwischen lichtgestalt und deppenjungfer
2924 sein gehetztes extempürieren
2925 die pflanzschule der melodie
2926 edelstahl im senkgarten
2928 spaltungsirresein
2929 schachtelgesellschaft
2930 waltungsgebirge
2931 oh mein brain
2932 polpot in bottrop
2933 dämonische botmäßigkeit
2936 durchächtet mit scheltworten
2938 la belette, das schönchen
2939 elektrourlaub auf dem bauernhof
2943 ein gläschen paraschütt
2944 nebensonnenstriptease
2946 vier-fratzen-turnier
2949 restschiefstand
2950 procedere: schneuzverbot

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KLANGAPPARAT

Keinen “chor exaltierter fuzzis” ( Rinck 2951 ) , sondern im Gegenteil den musikalisch wählerischen Alleingang SK29 | aka Sebastian Kökow bringt der heutige Klangapparat .

Aus Deep House , Minimal Techno und einer Prise trockenen Dubs spinntczz-hoerempfehlung der Thüringer DJ einen vexierenden Soundfaden . Bemerkenswert die kühle Distanz von Auswahl und Performance , welche auf Eigen- Arten beharrt und keinesfalls Chillout- mässig sich anbiedert .

Eine Stunde , 15 Minuten und 20 Sekunden mag man sich in diesem Klangraum wohl aufgehoben wissen . Um dann , wie Exempel lehrt , sofort wieder den Replay- Link anzuklicken . Selbstredend bei deepindub , wo man die feine Nase beim Aufspüren von jungen Talenten regelmässig unter Beweis stellt .

CLICK LINK TO LISTEN TO STREAM ( WMP )

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