Leseprobe:
Präludium (Protokoll)
Es war noch nicht Tag, als es losging, hast du das gehört, fragte A., und dann kam lange nichts, na, sickert es schon, flüsterte A., man hört praktisch nichts mehr, die ganze Stadtwar verschluckt worden von einem geräuschlosen Rauschen, von dem wir nicht wussten, wie wir es protokollieren sollten, stattdessen gaben wir unseren Posten aus, um das Ganze aus nächste Nähe zu betrachten, obwohl uns so enterisch zumute war, und ich folgte A. wie ferngesteuert zum Jeep, wir ließen die Fenster hinunter und rauchten dem Rauschen entgegen, das sich, wie wir bald bemerkten, über alles gelegt hatte, auch über unseren "fahrenden Käfig", wie A. den Jeep stets nannte, aber jetzt sagte er gar nichts mehr, sondern folgte nur noch dem Straßenverlauf, der sich vor uns auftat wie ein weicher Schlund, so dass bald das Enterische von uns wich und einem Zustand der leeren Erwartung Platz machte, der uns verschmelzen ließ mit allem, was auf uns zukam, und uns sanft wieder ausspuckte, während sich der Weg einer Ohrmuschel gleich formte, Eroberer ohne Beute und Ziel, so kamen wir uns vor, während wir weiter versuchten, dem Rauschen eine Botschaft abzulauschen, es schleppte uns hinter sich her mit sanfter Abstoßung, es schwappte über uns zusammen, es gaukelte uns einen Weg vor, der jeden Augenblick seine Richtung ändern konnte, während wir an Straßenecken vorbei kurvten, die uns bis vor kurzem noch geläufig waren wie unsere Westentaschen und nun konnten wir uns einfach keinen Reim machen auf die Proportionen, aber da war es auch schon zu spät, da hatte der Weg sich in eine Vertikale nach unten verwandelt und uns mitgenommen in
Ich?
Auftakt
Wenn der Himmel
in seinen eigenen Farben versinkt,
gegen die Dämmerung aufschlägt und
sich noch ein letztes Glanzlicht aufsetzt,
erhält die Dauer
einen unbestimmten Geschmack.
Verschwinden breitet sich aus
in mir und um mich.
Wünsche buchstabieren sich
halblaut, vorlaut, vorwitzig,
holpernd auf Schirme.
Nachrichten von mir
kommen zu mir zurück.
Circulus ad infinitium
Ich erreiche mich
schließlich
unter der Adresse
meiner alten Neigungen
und Gewohnheiten.
In mir ein Irrlichtern,
das mich
vibrieren lässt.
und meinem Herz befiehlt,
schneller zu schlagen.
Die Tage verlaufen sich
ohne Schwelle.
Ich brauche die Tür nicht zu öffnen,
um einzusteigen,
der Augenaufschlag genügt.
(Seiten 4-7)
© 2020 Müry Salzmann Verlag, Salzburg